Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Feststellung von Verlusten im Entstehungsjahr bei einer Kapitalgesellschaft

 

Leitsatz (NV)

Bei unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaften i. S. der §§ 27, 43 KStG 1977 wird in dem Körperschaftsteuerbescheid für das Entstehungsjahr nicht über einen Verlust mit Bindungswirkung für das Verlustabzugsjahr entschieden.

 

Normenkette

KStG 1977 § 8 Abs. 1, §§ 27, 43, 47; EStG § 10d; AO 1977 § 179 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die für das Streitjahr 1981 lt. Erklärung und Veranlagung einen Steuerbilanzgewinn in Höhe von 142 564 DM erzielte.

Ursprünglich gab die Klägerin keine Körperschaftsteuererklärung 1981 ab. Deshalb schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Besteuerungsgrundlagen und setzte durch Bescheid vom 28. März 1984 die Körperschaftsteuer 1981 auf 0 DM fest. Den zunächst verspätet eingelegten Einspruch nahm die Klägerin zurück. Nach Abgabe der Körperschaftsteuererklärung 1981 erließ das FA am 9. Oktober 1985 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Bescheid und setzte die Körperschaftsteuer 1981 auf 30 531 DM fest. Dabei berücksichtigte es einen Verlustvortrag aus dem Jahre 1980 in Höhe von 31 274 DM und einen Verlustrücktrag aus dem Jahre 1983 in Höhe von 42 069 DM. Den Ansatz eines Verlustrücktrags aus dem Jahre 1982 in Höhe von 111 553 DM lehnte es dagegen ab. Der Ablehnung liegt folgendes zugrunde:

Die Klägerin hatte ursprünglich auch für den Veranlagungszeitraum 1982 keine Körperschaftsteuererklärung abgegeben. Deshalb hatte das FA die Besteuerungsgrundlagen auch insoweit geschätzt und die Körperschaftsteuer 1982 durch Bescheid vom 28. März 1984 ebenfalls mit 0 DM festgesetzt. Gegen den Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein, den das FA als unzulässig - weil verspätet eingelegt - verwarf. Die Einspruchsentscheidung wurde mit keiner Klage angefochten. Das FA stellte sich deshalb auf den Standpunkt, der bestandskräftige Körperschaftsteuerbescheid 1982 sei hinsichtlich der Höhe des Einkommens auch für Zwecke eines Verlustrücktrags bindend.

Gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1981 legte die Klägerin am 5. November 1985 Einspruch ein, der ohne Erfolg blieb. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Das FG- Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1988, 323 veröffentlicht.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 47 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 i. V. m. § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) und §§ 179 bis 182 AO 1977.

 

Entscheidungsgründe

A. Die Revision ist zulässig. Die von der Klägerin fristgerecht eingereichte Revisionsbegründung genügt noch den Anforderungen des § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO muß die Revision oder die Revisionsbegründung, soweit sie auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt wird, die verletzte Rechtsnorm angeben. Dem wird der Schriftsatz vom 9. Dezember 1987 dadurch gerecht, daß in ihm ausdrücklich die Verletzung des § 47 KStG 1977 i. V. m. § 10d EStG und §§ 179 bis 182 AO 1977 gerügt wird.

Zwar reicht die Angabe der verletzten Rechtsnorm in der Regel als Revisionsbegründung allein nicht aus. Die Begründungspflicht dient nämlich der Zusammenfassung und der Beschleunigung des Rechtsstreits in der Revisionsinstanz. Deshalb muß der Revisionskläger neben der verletzten Norm die Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art angeben, die nach seiner Auffassung das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen. Diese Angaben sind jedoch nur unter dem Gesichtspunkt der Konkretisierung der geltend gemachten Revisionsrügen zu fordern. Deshalb kann keine eingehende Erörterung von Rechtsfragen verlangt werden. Mit Hilfe des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO soll Formalbegründungen entgegengetreten werden. Die Vorschrift stellt jedoch keine sachlich nicht gebotenen Formalerfordernisse auf (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. Mai 1985 I R 108/81, BFHE 144, 40, BStBl II 1985, 523). So gesehen genügt der Schriftsatz der Klägerin vom 9. Dezember 1987 den Anforderungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO. Aus ihm ergibt sich, daß die Klägerin die Verletzung des § 182 AO 1977 aus dem Fehlen der Feststellung des Einkommens 1982 im Körperschaftsteuerbescheid 1982 ableitet. Sie führt aus, daß der Körperschaftsteuerbescheid 1982 nach § 47 KStG 1977 kein Grundlagenbescheid ist. Damit war die erhobene Revisionsrüge sowohl für den BFH als auch für das FA ihrem Inhalt und Umfang nach klar erkennbar. Eine darüber hinausgehende Auseinandersetzung mit Rechtsfragen verlangt § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht.

B. Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Das FG ist für den Bereich des Verlustabzugs gemäß § 8 Abs. 1 KStG 1977 i. V. m. § 10d EStG zu Unrecht von einer Bindung bei der Einkommensermittlung für das Verlustabzugsjahr an die Verlustfeststellung im Verlustentstehungsjahr ausgegangen. Der Körperschaftsteuerbescheid 1982 enthält keine fingierte Feststellung des Verlustes 1982. Dies hat das FG zwar in tatsächlicher Hinsicht nicht festgestellt. Es hat jedoch auf den Bescheid vom 28. März 1984 Bezug genommen. Damit gilt der Inhalt des Bescheides als festgestellt (vgl. BFH-Beschluß des Großen Senats vom 17. Juli 1967 GrS 3/66, BFHE 91, 213, BStBl II 1968, 285). Schon daran scheitert die Annahme einer Bindungswirkung. Es kommt hinzu, daß die nach § 47 Abs. 2 Satz 2 KStG 1977 an sich gebotene fingierte Feststellung des Einkommens nur für Zwecke der gesonderten Feststellung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals gilt. Dazu verweist der erkennende Senat auf sein Urteil vom 9. Dezember 1987 I R 1/85 (BFHE 151, 554, BStBl II 1988, 463). Auch aus diesem Grunde besteht keine Bindung für die Einkommensermittlung im Rahmen der Körperschaftsteuerfestsetzung anderer Veranlagungszeiträume.

2. Ist eine Bindung des FG bei der Einkommensermittlung 1981 an den Ansatz des Einkommens im Körperschaftsteuerbescheid 1982 zu verneinen, so mußte das FG für Zwecke des Verlustabzugs das Einkommen 1982 unabhängig von dessen Ansatz im Schätzungsbescheid ermitteln. Dieser Verpflichtung ist das FG - von seinem Standpunkt aus: zu Recht - nicht nachgekommen. Die entsprechende tatsächliche Feststellung ist jedoch nachzuholen. Dies ist die Aufgabe des FG. Deshalb war die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416702

BFH/NV 1990, 327

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