Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Stellungnahme eines Finanzamts zu änderungen der DM-Eröffnungsbilanz durch den Kaufmann, die von dem Verfahren zur Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerveranlagung losgelöst ist, bildet lediglich eine Auskunft, die im gerichtlichen Verfahren nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht angegriffen werden kann.

 

Normenkette

DMBG § 5; DMBG § 74/1; EStG § 4 Abs. 2 S. 2; GG Art. 19 Abs. 4

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin - Bfin. - (GmbH) ist Eigentümerin von zwei Grundstücken. Sie hat mit Schreiben vom 16. Dezember 1953 die Zustimmung des Finanzamts zur änderung ihrer DM-Eröffnungsbilanz begehrt. Das Finanzamt hat den Antrag durch Schreiben vom 23. Februar 1954 abgelehnt, da sich die Grundlagen für die Ausübung des Bewertungswahlrechtes seit dem 1. April 1949 nicht geändert hätten. Die Tatsachen, auf die die GmbH die Bilanzänderung stütze, seien bereits damals bekannt gewesen. Das Schreiben des Finanzamts erging ohne eine Rechtsmittelbelehrung.

Gegen das Schreiben des Finanzamts legte die GmbH Beschwerde an die OFD ein. Sie stützte sich hierbei auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 147/52 U vom 23. März 1953, Slg. Bd. 57 S. 354, Bundessteuerblatt (BStBl) 1953 III S. 140. Hiernach könnten die Ansätze der DM-Eröffnungsbilanz geändert werden, sofern es sich nicht um Willkür handle. Die OFD wies das Rechtsmittel durch förmliche Beschwerdeentscheidung vom 12. April 1954 als unbegründet zurück. Die Beschwerdeentscheidung war mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen. Der Bfin. stehe die Klage beim FG zu. Die Steuerpflichtige wandte sich mit Schreiben vom 11. Mai 1954 an das FG mit dem Antrag, den Bescheid des Finanzamts vom 23. Februar 1954 und die Beschwerdeentscheidung der OFD aufzuheben und die Zustimmung zur änderung der DM-Eröffnungsbilanz zu erteilen. Das FG sah seine Zuständigkeit als gegeben an, trat aber in der sachlichen Würdigung den Verwaltungsbehörden bei. Es handle sich um eine Ermessensentscheidung. Ein Ermessensmißbrauch sei nicht festzustellen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde der GmbH führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Das FG hat die Voraussetzungen eines Verfahrens nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) im Rahmen des Gutachtens des Bundesfinanzhofs Gr. S. D 1/51 S vom 17. April 1951, Slg. Bd. 55 S. 277, BStBl 1951 III S. 107, für gegeben gehalten. Diese Würdigung ist rechtsirrig.

Die Frage der Zulässigkeit von änderungen in der DM-Eröffnungsbilanz muß im Verfahren der Körperschaftsteuerveranlagung für die einzelnen Veranlagungsabschnitte entschieden werden. Da somit ein ausreichender Rechtsschutz gegeben ist, scheidet ein zusätzliches Verfahren vor den Gerichten, das sich auf Art. 19 Abs. 4 GG stützt, aus. Daß die Auffassung des FG den gegebenen rechtlichen Verhältnissen nicht entspricht, ergibt sich auch daraus, daß nach der Rechtsprechung des Senats zu Bilanzänderungen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes 1939 die Finanzgerichte auch das Ermessen ausüben können (Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 58/51 U vom 17. Juli 1951, Slg. Bd. 55 S. 403, BStBl 1951 III S. 160), wobei davon abgesehen wird, ob diese Vorschrift für die änderung der DM-Eröffnungsbilanz einschlägig ist. Nach der Rechtsprechung kann einer änderung der DM-Eröffnungsbilanz die Anerkennung nur dann versagt werden, wenn die änderung Willkür bedeutet. Siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 204/53 U vom 28. Juni 1955, Slg. Bd. 61 S. 162, BStBl 1955 III S. 262. Die Frage, ob Willkür vorliegt, ist aber keine Ermessensentscheidung, sondern ist eine Tatsachenwürdigung in Verbindung mit der Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffes.

Das Schreiben des Finanzamts stellt lediglich eine Auskunft dar, für die kein Rechtsschutzbedürfnis und kein gerichtlicher Rechtsschutz gegeben sind. Siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 188/55 U vom 11. September 1956, BStBl 1956 III S. 309. Ob der Antrag der GmbH als Rechtsmittel gegen einen noch nicht rechtskräftigen Steuerbescheid angesehen werden kann, braucht im gegenwärtigen Verfahren nicht entschieden zu werden.

Die Vorentscheidung sowie die Beschwerdeentscheidung der OFD werden ersatzlos aufgehoben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408588

BStBl III 1956, 352

BFHE 1957, 404

BFHE 63, 404

BB 1956, 1098

DB 1956, 1123

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