Entscheidungsstichwort (Thema)

Unmittelbare Verwendung eines Grundstücks für den begünstigten Zweck

 

Leitsatz (NV)

1. Unmittelbarkeit im Sinne des (früheren) § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStStrukturG NW liegt nicht vor, wenn der Erwerber das Grundstück einem Dritten zur Verwendung als Betriebsstätte überläßt.

2. Dritter in diesem Sinne ist auch eine GmbH und Co. KG, an der der Erwerber als einzige natürliche Person mittelbar und unmittelbar beteiligt ist.

 

Normenkette

GrEStStrukturG NW § 1 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Klägerin erwarb durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 6. Juni 1978 ein Grundstück. Der Kaufpreis betrug . . . DM. Die Klägerin errichtete auf dem Grundstück ein Kaufhaus. Dieses verpachtete sie an die A-GmbH und Co. KG. Die Klägerin war die einzige Kommanditistin der KG. Sie war außerdem alleinige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH.

Das beklagte Finanzamt (FA) lehnte die beantragte Steuerbefreiung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung bei Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur des Landes Nordrhein-Westfalen vom 24. November 1969 (GrEStStrukturG) ab und setzte die Steuer mit Bescheid vom 26. Januar 1979 auf . . . DM fest.

Hiergegen richtete sich die Klage. Strittig war, ob der Klägerin trotz Verpachtung des Grundstücks an die KG die beantragte Steuerbefreiung zustand.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Mit der Revision rügt das beklagte FA unrichtige Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStStrukturG durch das FG. Es beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zu Unrecht die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStStrukturG bejaht.

1. Nach dieser Vorschrift ist von der Grunderwerbsteuer u. a. befreit der Erwerb eines Grundstücks, das unmittelbar zur Errichtung einer Betriebsstätte verwendet werden soll, wenn die Betriebsstätte in einem Gebiet liegt oder liegen wird, dessen unzureichende Wirtschaftskraft oder dessen unausgewogene Wirtschaftsstruktur der Verbesserung bedarf. Die vom Gesetz geforderte Unmittelbarkeit ist nur gewahrt, wenn der Erwerber das Grundstück selbst zur Errichtung einer eigenen Betriebsstätte verwenden will. Unmittelbarkeit liegt dagegen nicht vor, wenn der Erwerber das Grundstück - sei es vor oder nach Errichtung entsprechender betrieblich nutzbarer Gebäude - einem Dritten zur Verwendung als Betriebsstätte überläßt.

Den begünstigten Zweck erfüllt derjenige, der selbst das Grundstück eigengewerblich nutzt, nicht aber (auch) derjenige, der die betrieblich nutzbaren Gebäude nur errichtet (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. Juli 1980 II R 15/80, BFHE 131, 406, BStBl II 1980, 755).

Dritter in dem geschilderten Sinn ist auch eine Personengesellschaft, an der der Erwerber beteiligt ist. Dies ergibt sich aus der grunderwerbsteuerlichen (relativen) Selbständigkeit einer Personengesellschaft auch gegenüber ihren Gesellschaftern. Diese Auffassung entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu dem nordrhein-westfälischen GrEStStrukturG (vgl. Urteile vom 22. Januar 1975 II R 62/73, BFHE 115, 67, BStBl II 1975, 391, und in BFHE 131, 406, BStBl II 1980, 755), von der abzuweichen der Senat keinen Anlaß sieht.

Eine unmittelbare Zweckverwendung liegt entgegen der Auffassung des FG auch dann nicht vor, wenn das Grundstück - wie im Streitfall - überlassen wird an eine GmbH § Co. KG, an der der Erwerber unmittelbar und mittelbar als einzige natürliche Person beteiligt ist. Auch in diesem Fall bleibt die GmbH & Co. KG gegenüber dem Erwerber des Grundstücks grunderwerbsteuerrechtlich ein selbständiger Rechtsträger. Diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck der Steuerbefreiung. Diese will das unternehmerische Engagement zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen fördern. Bei der im Streitfall gewählten zivilrechtlichen Konstruktion bleiben jedoch Eigentum am Grundstück und unternehmerische Betätigung - mit beispielsweise den entsprechenden haftungsrechtlichen Konsequenzen - gerade getrennt. Die in das Grundstück getätigte Investition erschöpft sich in der bloßen Kapitalanlage. Diese aber wird vom Förderzweck des Gesetzes nicht erfaßt.

2. Die Entscheidung des FG beruht auf einer anderen Rechtsauffassung. Sie ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Da die Voraussetzungen für die beantragte Steuerbefreiung nicht erfüllt sind, ist der Steuerbescheid rechtmäßig und die Klage abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416575

BFH/NV 1990, 524

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