Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Vergleichsvolumen bei Betriebsaufspaltung

 

Leitsatz (NV)

Wird ein Betrieb zum 1. Januar 1982 in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft aufgespalten, so sind die von dem früheren Unternehmen angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter, soweit sie im Zuge der Betriebsaufspaltung auf die Betriebsgesellschaft zu Eigentum übertragen oder zur Nutzung überlassen worden sind, in das Vergleichsvolumen einzubeziehen.

 

Normenkette

InvZulG 1982 § 4b

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt seit dem 1. Januar 1982 das Speditionsgeschäft. Sie hatte den Betrieb im Wege einer Betriebsaufspaltung von der Spedition A-GmbH & Co. KG (KG) übernommen. Zu diesem Zweck wurden der Fuhrpark und die Verkehrskonzessionen auf sie übertragen. Die bebauten und unbebauten Grundstücke sowie die Betriebs- und Geschäftsausstattung verblieben bei der KG; sie wurden an die Klägerin verpachtet. Gesellschafter der Klägerin ist A zu 100 %. Gesellschafter der KG sind eine GmbH zu 10 % und A als Kommanditist zu 90 %. Gesellschafter an der Komplementär-GmbH sind die Eheleute A zu je 50 %.

Am 14. Juni 1983 hat die Klägerin ausgehend von einem Begünstigungsvolumen von 133 903 DM eine Beschäftigungszulage nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982 von 13 390 DM beantragt. Das Begünstigungsvolumen setzt sich aus Wirtschaftsgütern zusammen, welche die Klägerin selbst im Streitjahr 1982 angeschafft oder hergestellt hat. Das Vergleichsvolumen gab die Klägerin mit 0 DM an. Sie vertrat die Auffassung, daß sie als neu gegründeter Betrieb kein Vergleichsvolumen habe.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) setzte mit Bescheid vom 5. August 1983 die Zulage auf 0 DM fest. Das FA rechnete der Klägerin die im Vergleichszeitraum 1979 bis 1981 getätigten Investitionen der KG zu, deren durchschnittliche Höhe es in der Einspruchsentscheidung vom 11. März 1985 auf 182 250 DM bezifferte. Bei diesen Investitionen handelt es sich um die Wirtschaftsgüter, die der Klägerin am 1. Januar 1982 zur Nutzung überlassen wurden (Gebäude sowie Betriebs- und Geschäftsausstattung).

Im Klageverfahren hat die Klägerin unter Aufrechterhaltung ihres grundsätzlichen Standpunkts, daß ihr die Investitionen der KG nicht zuzurechnen seien, hilfsweise vorgetragen, daß das durchschnittliche Vergleichsvolumen nur mit 181 184 DM anzusetzen sei, da bei den Investitionen der Jahre 1979 bis 1981 gebrauchte Wirtschaftsgüter im Anschaffungswert von 3 199 DM enthalten seien. Außerdem seien ihr allenfalls die Wirtschaftsgüter zuzurechnen, die ihr am 1. Januar 1982 von der KG zu Eigentum übertragen worden seien. Dazu gehörte nicht das von der KG im Jahre 1979 errichtete Gebäude, das an sie nur vermietet worden sei. Wollte man der Rechtsauffassung des FA folgen, so sei schließlich eine von der KG im Streitjahr 1982 hergestellte und ihr zur Nutzung überlassene Hofbefestigung im Wert von 162 782 DM in das Begünstigungsvolumen miteinzubeziehen. Die KG habe bisher dafür eine Investitionszulage mit Rücksicht auf ihr eigenes (höheres) Vergleichsvolumen nicht beantragt.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Die Aufnahme des im Streitjahr 1982 von der KG errichteten Gebäudes in das Begünstigungsvolumen lehnte das Finanzgericht (FG) ab, weil das Gebäude im Investitionszulageantrag nicht, wie in § 5 Abs. 3 letzter Satz InvZulG 1982 vorgeschrieben, aufgeführt worden sei. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei wegen Ablaufs der Jahresfrist gemäß § 110 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) nicht möglich. Auch eine nachträgliche Berücksichtigung der Gebäudeherstellungskosten gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 scheide aus (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Dezember 1986 III R 150/82, BFHE 148, 573, BStBl II 1987, 307).

In der Sache war das FG der Auffassung, daß die früheren Investitionen der KG der Klägerin zuzurechnen seien. Die Rechtsgrundlage dafür ergebe sich aus § 4 b Abs. 6 InvZulG 1982. Entgegen der Auffassung des FA in der Einspruchsentscheidung und abweichend vom Gesetzeswortlaut des § 4 Abs. 6 InvZulG 1982 seien in das Vergleichsvolumen nicht nur die Wirtschaftsgüter einzubeziehen, welche die KG der Klägerin am 1. Januar 1982 zur Nutzung überlassen habe, sondern auch die materiellen Wirtschaftsgüter, die auf sie im Zuge der Betriebsaufspaltung zu Eigentum übertragen worden seien (die Kraftfahrzeuge, ausgenommen die Verkehrskonzessionen). Auf die Kraftfahrzeuge entfalle ein durchschnittliches Vergleichsvolumen von 224 688 DM, so daß sich das zu berücksichtigende Vergleichsvolumen insgesamt auf 405 872 DM (181 184 DM und 224 688 DM) belaufe.

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. Sie hält § 4 b InvZulG 1982 nicht für anwendbar, weil sie erst am 1. Januar 1982 existent geworden sei. Hiervon abgesehen, sei diese Bestimmung nicht auf zu Eigentum übertragene Wirtschaftsgüter anwendbar; denn angesprochen würden darin nur zur Nutzung überlassene Wirtschaftsgüter. Das durchschnittliche Vergleichsvolumen bezüglich der zu Eigentum übertragenen Fahrzeuge betrage auch nicht, wie vom FG angenommen (674 064 DM : 3 =) 224 688 DM, sondern nur (624 264 DM : 3 =) 208 088 DM. Im übrigen habe die KG in 1982 selbst eigene Investitionen in Höhe von 162 782 DM vorgenommen (Errichtung einer Hofbefestigung) und sei insoweit selbst antragsberechtigt. Ausschließlich mit dieser eigenen Investition seien die früheren Investitionen der KG in den Jahren 1979 bis 1981 zu verrechnen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Bescheids vom 5. August 1983 eine Investitionszulage von 13 390 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Die Bemessungsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Zulage ist nach § 4 b Abs. 3 InvZulG 1982 der (positive) Unterschiedsbetrag zwischen dem Begünstigungsvolumen (Abs. 4) und dem Vergleichsvolumen (Abs. 5).

a) Zutreffend ist zunächst die Auffassung des FG, daß die von der KG im Streitjahr 1982 aufgewandten Herstellungskosten für die Hofbefestigung an sich beim Begünstigungsvolumen zu berücksichtigen wären. Denn die KG und die Klägerin sind verbundene Unternehmen i. S. des § 4 b Abs. 6 InvZulG 1982, und die KG hat die Hofbefestigung der Klägerin zur Nutzung überlassen. Die Verbundenheit ergibt sich sowohl aufgrund der Betriebsaufspaltung (§ 4 b Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1982) als auch aufgrund der qualifizierten Beteiligung des A an beiden Unternehmen (§ 4 b Abs. 6 Satz 2 InvZulG 1982). Wenn das FG die der KG selbst erwachsenen Herstellungskosten von 162 782 DM dennoch nicht in das Begünstigungsvolumen einbezogen hat, dann beruht das darauf, daß in dem Investitionszulageantrag der Klägerin vom 30. Mai 1983 die Hofbefestigung nicht mitaufgeführt worden ist (§ 5 Abs. 3 Satz 4 InvZulG 1982). Die in diesem Zusammenhang vom FG vertretene Rechtsauffassung ist frei von Rechtsirrtum; sie wurde von der Klägerin in der Revision auch nicht in Zweifel gezogen.

Die dagegen von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung, für die von der KG erstellte Hofbefestigung habe diese ein eigenes Antragsrecht und allein damit seien auch die früheren Investitionen der KG als Vergleichsvolumen zu verrechnen, entspricht nicht dem Gesetz. Zwar hat der Senat in seinem Urteil vom 9. Dezember 1988 III R 27/86 (BStBl II 1989, 242) ent schieden, daß bei verbundenen Unternehmen, insbesondere in Fällen der Betriebsaufspaltung, die Anspruchsberechtigung und das Antragsrecht sowohl dem nutzenden Unternehmen als auch dem die Nutzung überlassenden Unternehmen zustehen. Das gilt jedoch nur in dem Sinne, daß das einheitliche Antragsrecht entweder von dem einen oder von dem anderen Unternehmen geltend gemacht werden kann. Dagegen hat nicht jedes Unternehmen isoliert für seine eigenen Investitionen ein Antragsrecht. Die früheren und gegenwärtigen Investitionen beider Unternehmen sind vielmehr in dem einheitlichen Antragsverfahren zusammenzufassen.

b) Was das Vergleichsvolumen anbelangt, so folgt der Senat der Vorinstanz nur im Ergebnis. Die Berücksichtigung der früheren Investitionen der KG im gegenwärtigen Antragsverfahren der Klägerin kann nicht auf § 4 b Abs. 6 InvZulG 1982 gestützt werden. Denn die Klägerin bestand erst ab dem 1. Januar 1982. Während des Vergleichszeitraums konnten ihr also Wirtschaftsgüter von der KG noch nicht zur Nutzung überlassen worden sein. Die Rechtsgrundlage ergibt sich jedoch aus § 4 b Abs. 5 InvZulG 1982. Danach wird für das Vergleichsvolumen auf die während des Vergleichszeitraums ,,in dem Betrieb" getätigten Investitionen abgestellt. Der Senat hat in seinem Urteil vom 9. Dezember 1988 III R 160/85 (BStBl II 1989, 239) im einzelnen dargelegt, daß diese Vorschrift, insbesondere das Tatbestandsmerkmal ,,in dem Betrieb", betriebsbezogen zu verstehen sei. Abzustellen ist also auf den Betrieb als solchen, während ein eventueller Inhaberwechsel für die Entscheidung ohne Bedeutung ist. Das bedeutet, daß im Falle einer Betriebsveräußerung dem Betriebserwerber die früheren Investitionen des Betriebsveräußerers zuzurechnen sind. Das gleiche gilt bei der Betriebsaufspaltung (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 1988 III R 40/88, BFHE 156, 309, BStBl II 1989, 379). Anderenfalls könnte sich ein Unternehmer durch die Aufspaltung seines Betriebs zum 1. Januar 1982 von früheren Investitionen lossagen. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle - insoweit folgt der Senat wiederum dem FG -, ob während des Vergleichszeitraums angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter anläßlich der Betriebsaufspaltung auf die Betriebsgesellschaft zu Eigentum übertragen oder ihr nur zur Nutzung überlassen worden sind.

2. Geht man bei der Beurteilung des vorliegenden Falles von diesen Rechtsgrundsätzen aus, so konnte die Klage keinen Erfolg haben, weil das Vergleichsvolumen das Begünstigungsvolumen übersteigt. Das gilt selbst für den Fall, daß man der Klägerin insoweit folgt und das Vergleichsvolumen um gebrauchte Fahrzeuge kürzt, also nur von einem durchschnittlichen Vergleichsvolumen von (181 184 DM + 208 088 DM =) 389 272 DM ausgeht, und das würde selbst für den Fall gelten, daß man die Hofbefestigung der KG in das Begünstigungsvolumen noch miteinbeziehen würde. Denn auch dann ergäbe sich nur ein Begünstigungsvolumen von (133 903 DM + 162 782 DM =) 296 685 DM.

 

Fundstellen

BFH/NV 1989, 737

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