Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Berechnung des Vergleichsvolumens bei einer zum 1. Januar 1980 durchgeführten Betriebsaufspaltung

 

Leitsatz (NV)

Bei einer zum 1. Januar 1980 durchgeführten Betriebsaufspaltung sind Wirtschaftsgüter, die vom bisherigen Einzelunternehmen und späteren Besitzunternehmen im Jahr 1979 angeschafft oder hergestellt und am 1. Januar 1980 der Betriebsgesellschaft zu Eigentum oder Nutzung überlassen worden sind, gemäß § 4b Abs. 5 InvZulG 1982 in das Vergleichsvolumen mit einzubeziehen.

 

Normenkette

InvZulG 1982 § 4b

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 22. November 1979 gegründet und am 14. Januar 1980 in das Handelsregister eingetragen. Sie hat durch Betriebsüberlassungs- und Pachtvertrag mit Wirkung vom 1. Januar 1980 den Betrieb des bisherigen Einzelunternehmens B übernommen. Zu diesem Zweck hat B das Anlagevermögen des Einzelunternehmens der GmbH zur Nutzung überlassen und sonstiges Betriebsvermögen (im wesentlichen Umlaufvermögen) auf die GmbH zu Eigentum übertragen. B ist an der GmbH zu 99,5 v.H. beteiligt; er ist auch ihr Geschäftsführer. Das Verhältnis zwischen dem bisherigen Einzelunternehmen und der GmbH wird steuerlich als Betriebsaufspaltung behandelt.

Am 21. September 1983 und am 13. Januar 1984 beantragte die Klägerin für in den Streitjahren 1982 und 1983 durchgeführte Investitionen je eine Investitionszulage nach § 4b des Investitionszulagengesetzes 1982 (InvZulG 1982). Während die Beteiligten über die betragsmäßige Höhe des Begünstigungsvolumens in den Streitjahren im wesentlichen einig sind, streiten sie um den Umfang des anzurechnenden Vergleichsvolumens. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob vom Einzelunternehmen im Wirtschaftsjahr 1979 im Wert von . . . DM angeschaffte und hergestellte Wirtschaftsgüter, welche am 1. Januar 1980 anläßlich der Betriebsaufspaltung der GmbH zur Nutzung überlassen oder zu Eigentum übertragen worden sind, in das Vergleichsvolumen einzubeziehen sind. Die Klägerin bestreitet dies mit dem Hinweis, daß die GmbH im Wirtschaftsjahr 1979 noch nicht bestanden habe, so daß eine Zurechnung dieser Wirtschaftsgüter auf sie nach § 4b Abs. 6 InvZulG 1982 nicht in Betracht komme. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ist demgegenüber der Meinung, daß sich die Klägerin die vom Einzelunternehmen im Jahre 1979 getätigten Investitionen nach § 4b Abs. 5 InvZulG 1982 zurechnen lassen müsse; denn danach sei in Fällen eines Inhaberwechsels das Vergleichsvolumen ,,betriebsbezogen" zu ermitteln.

Zwischen den Beteiligten besteht wiederum Einigkeit, daß der Klägerin Zulagen von 23 166 DM für 1982 und 74 752 DM für 1983 zustehen, falls das Wirtschaftsjahr 1979 nicht in den Vergleichszeitraum einzubeziehen ist und daß die Festsetzungen der Zulagen auf je null DM rechtmäßig sind, wenn die Investitionen des Jahres 1979 in dem Vergleichsvolumen zu berücksichtigen sind.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es hat das Jahr 1979 in die Vergleichsberechnung miteinbezogen. Es hat sich dabei auf § 4b Abs. 5 InvZulG 1982 gestützt und dazu die Auffassung vertreten, daß diese Vorschrift ,,betriebsbezogen" zu verstehen sei, daß also die vom Einzelunternehmen vor Gründung der GmbH angeschafften und hergestellten Wirtschaftsgüter, die am 1. Januar 1980 auf die GmbH im Wege der Nutzung oder des Eigentums übergegangen sind, in das Vergleichsvolumen einzubeziehen seien.

Mit der Revision beantragt die Klägerin, die Vorentscheidung aufzuheben sowie die ablehnenden Bescheide vom 8. Juni 1984 zu ändern und Investitionszulagen von 23 166 DM und 74 752 DM festzusetzen.

Weitere Bescheide vom 7. November 1988, mit denen das FA während des Revisionsverfahrens den Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) aufgehoben hat, hat die Klägerin gemäß §§ 68, 121 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Die Bemessungsgrundlage, von der bei der Beschäftigungszulage auszugehen ist, ist nach § 4b Abs. 3 InvZulG 1982 der (positive) Unterschiedsbetrag zwischen dem (hier unstreitigen) Begünstigungsvolumen und dem Vergleichsvolumen. Das Vergleichsvolumen wird in Abs. 5 sinngemäß als die durchschnittliche Summe der Investitionen der drei letzten vor dem 1. Januar 1982 abgelaufenen Wirtschaftsjahre beschrieben; dabei kommt es auf die ,,in dem Betrieb oder der Betriebstätte im Inland" durchgeführten Investitionen an. Mit der Kürzung des Begünstigungsvolumens durch das Vergleichsvolumen ist bezweckt, nur Mehrinvestitionen gegenüber dem Vergleichszeitraum zu fördern. Nur von solchen zusätzlichen Investitionen versprach sich der Gesetzgeber eine durchgreifende Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Lage. Bloße Mitnahmeeffekte sollten vermieden werden (vgl. zur Gesetzesbegründung BTDrucks 9/1400 S. 10).

Die Regelung des Vergleichsvolumens in § 4b Abs. 5 InvZulG 1982 wurde durch die sog. Konzernklausel in § 4b Abs. 6 InvZulG 1982 ergänzt. Danach sind Wirtschaftsgüter, die ein Unternehmen einem anderen Unternehmen zur Nutzung überläßt, bei der Ermittlung des Begünstigungsvolumens und des Vergleichsvolumens dem nutzenden Unternehmen zuzurechnen, vorausgesetzt, daß die in Abs. 6 im einzelnen geregelten Beteiligungsverhältnisse gegeben sind. Im vorliegenden Fall sind die Klägerin und das Einzelunternehmen aufgrund der beherrschenden Stellung des B in beiden Unternehmen unstreitig solche verbundenen Unternehmen i.S. des Abs. 6.

2. Soweit das Einzelunternehmen in den Jahren 1980 und 1981 Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt und der GmbH zur Nutzung überlassen hat, besteht zwischen den Verfahrensbeteiligten zu Recht kein Streit darüber, daß diese Wirtschaftsgüter in das Vergleichsvolumen einzubeziehen sind. Denn insoweit liegen die Voraussetzungen des § 4b Abs. 6 InvZulG 1982 vor.

3. Aber auch die Investitionen des Jahres 1979 sind in das Vergleichsvolumen einzubeziehen. Dies geschieht allerdings nicht, wie das FG richtig erkannt hat, nach § 4b Abs. 6 InvZulG 1982, sondern nach Abs. 5 dieser Vorschrift. Abs. 6 ist nicht anwendbar, weil die GmbH zum Jahresende 1979 erst im Entstehen begriffen war und der Betriebsüberlassungs- und Pachtvertrag erst mit Wirkung zum 1. Januar 1980 abgeschlossen worden ist. Dagegen sind bezüglich des Jahres 1979 die Voraussetzungen des § 4b Abs. 5 InvZulG 1982 erfüllt. Der Senat hat diese Bestimmung in seinem Grundsatzurteil vom 9. Dezember 1988 III R 160/85 (BFHE 155, 435, BStBl II 1989, 239) ,,betriebsbezogen" ausgelegt. Er hat entschieden, daß im Fall einer Betriebsveräußerung die Investitionen des Veräußerers während des Vergleichszeitraums in das Vergleichsvolumen des Erwerbers einzubeziehen sind (betriebsbezogene Betrachtungsweise). Diese Auslegung liegt im Rahmen des möglichen Wortsinns des Abs. 5 und sie entspricht im besonderen Maße dem mit der Einführung des Vergleichsvolumens verfolgten Gesetzeszweck, nämlich in dem konkreten Betrieb die Arbeitsplätze zu sichern oder zu mehren. Diese Frage ist vom jeweiligen Betriebsinhaber losgelöst zu beurteilen und allein aus dem Betrieb selbst heraus zu beantworten. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin würde dazu führen, daß sich ein Unternehmen durch eine während des Vergleichszeitraums oder Begünstigungszeitraums durchgeführte Betriebsaufspaltung von früheren Investitionen lossagen könnte.

Diese Grundsätze gelten, wie sich bereits aus dem Urteil III R 160/85 ergibt, auch bei der Betriebsaufspaltung, auch wenn es sich dabei nicht um eine Betriebsveräußerung und in aller Regel nicht um eine Betriebsverpachtung handelt. Es genügt, daß der Betrieb als Organisationseinheit mit den dazugehörigen Arbeitsplätzen vom Besitzunternehmen auf die Betriebsgesellschaft übergeht.

4. Geht man von diesen Rechtsgrundsätzen im vorliegenden Fall aus, so erweisen sich die auf jeweils null DM lautenden Festsetzungsbescheide des FA als rechtmäßig.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416334

BFH/NV 1989, 804

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