Entscheidungsstichwort (Thema)

Antragsberechtigung für Verzicht auf Erhebung von Währungsausgleichsbeträgen aus Billigkeitsgründen

 

Leitsatz (NV)

Den Antrag, nach der VO (EWG) Nr. 1608/74 aus Billigkeitsgründen auf die Erhebung von Währungsausgleichsbeträgen zu verzichten, kann nur der Zollbeteiligte stellen.

 

Normenkette

EWGV 1608/74 Art. 2 Abs. 2

 

Tatbestand

Von Juli bis Dezember 1973 belieferte die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) verschiedene Käufer in der Bundesrepublik mit geschlachtetem Geflügel und Geflügelteilen. Die Abfertigung der Ware zum freien Verkehr erfolgte auf Antrag der inländischen Abnehmer. Aufgrund der Änderung des Leitkurses der DM am 29. Juni 1973 wurden für die Einfuhren ab 3. Juli 1973 erhöhte Währungsausgleichsbeträge erhoben.

Mit Schreiben vom 17. Juli 1974 beantragte die Klägerin beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt - HZA -) die Erstattung des erhöhten Teils der Währungsausgleichsbeträge. Dies lehnte das HZA mit Bescheid vom 3. Januar 1977 für die streitigen Einfuhren mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht Zollbeteiligte gewesen.

Mit der nach erfolgloser Beschwerde erhobenen Klage begehrte die Klägerin, unter Aufhebung des Bescheides und der Beschwerdeentscheidung das HZA zu verpflichten, an sie 85 073,13 DM Währungsausgleichsbeträge nebst 6 % Zinsen zu erstatten. Die Klage hatte aus folgenden Gründen keinen Erfolg:

Nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1608/74 (VO Nr. 1608/74) der Kommission vom 26. Juni 1974 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften -ABlEG - L 170/38 vom 27. Juni 1974, Bundeszollblatt - BZBl - 1974, 786) könne von der in Art. 1 dieser Verordnung vorgesehenen Ermächtigung nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn der ,,Betreffende" einen Antrag stelle. Danach sei zur Antragstellung nur derjenige legitimiert, der zuvor auf Zahlung der Währungsausgleichsbeträge von der Zollbehörde belangt worden sei. Der Verzicht sei begrifflich nur dann möglich, wenn ein Anspruch bestehe oder bestanden habe, auf den verzichtet werden könne. Überdies sei nach der grundlegenden Verordnung (EWG) Nr. 974/71 (VO Nr. 974/71) des Rates vom 12. Mai 1971 (ABlEG L 106/1 vom 12. Mai 1971, BZBl 1973, 646) die Erhebung der Währungsausgleichsbeträge den nationalen Zollbehörden überlassen worden. Art. 1 Abs. 1 Buchst. a VO Nr. 974/71 ordne an, daß die Währungsausgleichsbeträge bei der Einfuhr erhoben und bei der Ausfuhr gewährt würden. Hier stünden sich nur zwei Beteiligte einander gegenüber, nämlich auf der einen Seite die Zollbehörde, auf der anderen derjenige, der die Anträge stelle, also der Zollbeteiligte im Sinne des deutschen Zollrechts.

Die Formulierung ,,Betreffender" in Art. 2 Abs. 2 VO Nr. 1608/74 lasse darauf schließen, daß Auslegung und Bestimmung der Begriffe ,,Einfuhr" und ,,Einführer" den jeweiligen nationalen Zollrechten überlassen bleiben sollten. Auch aus der Verordnung (EWG) Nr. 1463/73 (VO Nr. 1463/73) der Kommission vom 30. Mai 1973 (ABlEG L 146/1 vom 4. Juni 1973, BZBl 1973, 648) ergebe sich das. Ob der EWG-Verordnungsgeber selber den Begriff ,,Zollbeteiligter" als den bei der Einfuhr Auftretenden angewendet wissen wolle oder aber durch die nicht nähere Erläuterung des Begriffs gerade den einzelnen Zollgesetzen der Mitgliedstaaten freie Hand habe lassen wollen, ändere am Ergebnis nichts. Denn im letzteren Falle gelte die Verweisungsvorschrift der §§ 1 und 2 des Abschöpfungserhebungsgesetzes (AbG), demzufolge auf die Währungsausgleichsbeträge als Abschöpfungen die Zollvorschriften anzuwenden seien, also auch § 10 des Zollgesetzes (ZG).

Aber auch wenn man mit der Klägerin die Ansicht vertreten wolle, es liege eine den nationalen Zollrechten vorgehende EWG-Regelung vor, ergäbe sich kein günstigeres Ergebnis für die Klägerin. Wolle man den wirtschaftlich Betroffenen als den ,,Betreffenden" i. S. des Art. 2 Abs. 2 VO Nr. 1608/74 zulassen, so wäre der Rechtsunsicherheit Tür und Tor geöffnet. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergebe sich auch aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 13. Februar 1980 Rs. 74/79 (EuGHE 1980, 239). Dort habe der EuGH festgestellt, daß die Frage, ob der die Zollformalitäten durchführende Unternehmer den ihm gewährten Währungsausgleichsbetrag an seine Vertragspartner abführen müsse, dem Bereich der vertraglichen Beziehungen und nicht dem Gemeinschaftsrecht angehöre. Es gehe also nicht an, daß die zivilrechtliche Übernahme der Währungsausgleichsbetrags-Belastung durch die Klägerin diese zugleich auch zum legitimierten Antragsteller für einen etwaigen Billigkeitsantrag mache.

Aus abgetretenem Recht könne die Klägerin schon deshalb nicht klagen, weil die zwingende Zehntagesfrist des Art. 3 VO Nr. 1608/74 nicht eingehalten worden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Nach Art. 1 VO Nr. 1608/74 waren die Mitgliedstaaten 1973 ermächtigt, aus Billigkeitsgründen unter bestimmten Bedingungen auf die Erhebung von Währungsausgleichsbeträgen ganz oder teilweise zu verzichten. Nach Art. 2 Abs. 2 war die Ermächtigung an die Bedingung geknüpft, daß ,,der Betreffende" einen diesbezüglichen Antrag stellte und bestimmte Nachweise erbrachte. Das FG hat zu Recht die Auffassung des HZA bestätigt, daß die Klägerin nicht als ,,der Betreffende" in diesem Sinne angesehen werden kann, also nicht die Berechtigung zur Antragstellung besaß. Das HZA hat daher ihren Erstattungsantrag durch die angefochtenen Verwaltungsakte zutreffend abgelehnt.

1. Der Ausdruck ,,der Betreffende" enthält keine genaue und abschließende Bezeichnung der berechtigten Person. Er weist vielmehr hin auf jemanden, der genannt, gemeint ist (vgl. Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Bd. 1 S. 654), dessen Aktivlegitimation sich also aus anderen Quellen erschließt. Gleiches gilt von den Worten ,,l`interessé" bzw. ,,the interested party", die in der französischen bzw. englischen Fassung der VO Nr. 1608/74 gebraucht werden. Art. 2 Abs. 2 VO Nr. 1608/74 enthält also keine eigenständige Regelung. Wer ,,der Betreffende" ist, muß vielmehr anderen Vorschriften entnommen werden. Da das Gemeinschaftsrecht solche Vorschriften nicht enthält, ist es nach Art. 5 EWGV Sache der Mitgliedstaaten, entsprechende Regelungen vorzusehen (vgl. EuGH-Urteil vom 21. September 1983 Rs. 205 bis 215/82, EuGHE 1983, 2633, 2665, Absatz 17 der Gründe; Urteil des erkennenden Senats vom 5. Februar 1980 VII R 101/77, BFHE 130, 90).

Diese Auslegung entspricht Sinn und Zweck des Art. 2 Abs. 2 VO Nr. 1608/74. Diese Verordnung ist eine Durchführungsvorschrift zur VO Nr. 974/71 über die Währungsausgleichsbeträge, die - ebenso wie ihre Durchführungsvorschriften - das Verfahren bei der Erhebung und Gewährung von Währungsausgleichsbeträgen weitgehend der Regelung der Mitgliedstaaten überlassen hat (vgl. VO Nr. 1463/73). Das gilt insbesondere für die Frage der Schuldnerschaft. Es gibt keine plausiblen Gründe, warum die Kommission im Rahmen der Billigkeitsregelung der VO Nr. 1608/74 von diesem Grundsatz hätte abweichen und die Frage des Antragsberechtigten für eine Billigkeitsmaßnahme abschließend und verbindlich dahin hätte regeln sollen, daß auch derjenige antragsberechtigt ist, der nicht Schuldner der Währungsausgleichsbeträge ist, dem also ein rechtliches Interesse an der Erstattung fehlt.

Das gilt um so mehr, als der Zusammenhang zwischen der Frage der Schuldnerschaft und der Frage, wem gegenüber auf die Erhebung bestimmter Währungsausgleichsbeträge verzichtet werden soll, auf der Hand liegt. Daher hätte die Kommission, wenn sie in Abweichung von ihrer bisherigen Zurückhaltung bei der Regelung von Verfahrensfragen hier eine verbindliche Gemeinschaftsregelung für die Antragsberechtigung hätte treffen wollen, sicherlich nicht den farblosen Begriff ,,der Betreffende" gewählt, sondern hätte sich zu einer deutlichen Regelung verstanden. Dafür spricht auch ein Vergleich mit der Regelung der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 (VO Nr. 1430/79) vom 2. Juli 1979 (ABlEG L 175/1 vom 12. Juli 1979, Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung Z 0250). Auch diese Verordnung sieht eine Erstattungsregelung vor, die zum Teil auf Billigkeitserwägungen beruht. In ihrem Art. 15 ist die Antragsberechtigung bestimmten Personen vorbehalten worden, nämlich demjenigen, der die Abgaben entrichtet hat, dem Abgabenschuldner oder den Personen, die in deren Rechte eintreten oder deren Verpflichtungen übernehmen.

Die VO Nr. 1608/74 ist durch die Verordnung (EWG) Nr. 926/80 (VO Nr. 926/80) der Kommission vom 15. April 1980 (ABlEG L 99/15 vom 17. April 1980) neu gefaßt worden. Nach Art. 11 VO Nr. 926/80 kann Anträge auf Anwendung der Billigkeitsregelung nur einreichen, ,,wer zur Zahlung des neuen Währungsausgleichsbetrags verpflichtet ist". Zwar galt diese Regelung noch nicht im Zeitpunkt, der im vorliegenden Fall maßgeblich ist. Sie bestätigt aber die Richtigkeit der Auffassung des Senats. Die VO Nr. 926/80 wollte, indem sie die Person des Antragsberechtigten festlegte, nicht die VO Nr. 1608/74 abändern. Aus den Absätzen 1 und 2 ihrer Erwägungsgründe ergibt sich vielmehr, daß die VO Nr. 1608/74 ,,nur einen sehr allgemeinen Rahmen" absteckte für die Regelung der Mitgliedstaaten und daß erst die VO Nr. 926/80 ,,mehr ins Detail gehende Bestimmungen" festlegen wollte.

Bestätigt wird die Auffassung des Senats auch dadurch, daß die Anwendung der Regelung der VO Nr. 1608/74 in das Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt ist. So heißt es in Absatz 6 der Erwägungsgründe dieser Verordnung, es erscheine angezeigt, ,,den Mitgliedstaaten grundsätzlich die Anwendung der auf dieser Grundlage erlassenen Regelung zu übertragen" (vgl. auch EuGH-Urteil vom 2. März 1978 Rs. 12, 18 und 21/77, EuGHE 1978, 553, 568, Sätze 20 bis 23 der Gründe). Es ist nicht einzusehen, warum unter diesen Umständen die Kommission in der Frage des Antragsberechtigten eine eingehende, für die Mitgliedstaaten verbindliche Regelung hätte treffen sollen.

Zu Unrecht verweist die Klägerin für ihre Gegenauffassung auf den Zusammenhang zwischen der Antragstellung und dem nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b VO Nr. 1608/74 zu führenden Nachweis. Der Antragsteller muß danach beweisen, daß die Erhebung der erhöhten Währungsausgleichsbeträge ,,für ihn" zu einer übermäßigen zusätzlichen Belastung führen würde. Aus dieser Regelung ergibt sich nicht zwingend, daß Antragsteller nur derjenige sein könne, der im zivilrechtlichen Innenverhältnis letztlich die Belastung durch die Währungsausgleichsbeträge zu tragen habe. Vielmehr ist auch eine Interpretation dahin möglich, daß eine übermäßige zusätzliche Belastung i. S. des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b VO Nr. 1608/74 auch dann vorliegt, wenn der die Währungsausgleichsbeträge öffentlich-rechtlich schuldende Antragsteller zivilrechtlich von der Tragung dieser Währungsausgleichsbeträge freigestellt ist (vgl. zum entsprechenden Problem bei der Gewährung von Billigkeitserweisen nach § 131 der Reichsabgabenordnung - AO - bzw. § 227 der Abgabenordnung - AO 1977 - das Urteil des Senats vom 25. April 1978 VII R 24/74, BFHE 125, 129, 137; s. auch Art. 8 Abs. 1, Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 926/80). Jedenfalls spricht diese Regelung nicht dafür, daß der Verordnungsgeber die Person des Antragsberechtigten von der jeweiligen Gestaltung den vertraglichen Beziehungen abhängig machen wollte.

2. Nach dem Vorstehenden ist also dem einzelstaatlichen Recht zu entnehmen, wer ,,Betreffender" i. S. des Art. 2 Abs. 2 VO Nr. 1608/74 ist.

Es ist ein allgemeiner Grundsatz des deutschen Abgabenrechts, daß der Anspruch auf Erstattung einer Steuer stets nur dem Steuerpflichtigen zusteht, d. h. dem, für dessen Rechnung die Zahlung geleistet worden ist, nicht aber demjenigen, auf dessen Kosten die Zahlung erfolgt ist (vgl. §§ 150 ff. AO und Tipke/Kruse, Reichsabgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor §§ 150 bis 159 AO Anm. 8; § 37 AO 1977, und Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 37 AO 1977 Anm. 19). Steuerpflichtiger und Beteiligter am Steuerschuldverhältnis war im vorliegenden Fall nur der Zollbeteiligte. Denn nur dieser war nach §§ 1, 2 AbG in Verbindung mit den für Zölle geltenden Vorschriften der Schuldner der Währungsausgleichsbeträge (vgl. auch Urteil des erkennenden Senats vom 13. November 1984 VII R 21/81, BFHE 142, 340, auf dessen Gründe verwiesen wird).

Die Klägerin war nach den Feststellungen des FG nicht Zollbeteiligte. Sie ist daher auch nicht aktiv legitimiert, einen Erstattungsanspruch nach Art. 2 Abs. 2 VO Nr. 1608/74 in Verbindung mit den ergänzenden nationalen Bestimmungen geltend zu machen. Bestätigt wird diese Auffassung durch Art. 1 VO Nr. 1608/74. Danach können die Mitgliedstaaten auf die Währungsausgleichsbeträge ganz oder teilweise ,,verzichten". Ein Verzicht ist nur denkbar gegenüber demjenigen, der die Währungsausgleichsbeträge zu zahlen hatte. Das aber ist der jeweilige Zollbeteiligte.

3. Die Einwendungen der Klägerin gegen diese Auffassung halten einer näheren Prüfung nicht stand.

a) Zu Unrecht rügt die Klägerin, das FG habe seine Ermittlungspflicht verletzt, indem es ihren Vortrag nicht beachtet habe, daß ihr aufgrund der mit ihren Abnehmern getroffenen Absprache über das Währungsrisiko die Rechtsstellung eines ,,Betroffenen" eingeräumt worden sei. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ist Antragsberechtigter nur der am Steuerschuldverhältnis Beteiligte. Das ist nur der Zollbeteiligte, d. h. derjenige, der den Antrag auf Abfertigung zum freien Verkehr im eigenen Namen gestellt hat. Die Klägerin hat das nicht getan. Durch zivilrechtlichen Vertrag konnte ihr aber die Stellung eines Zollbeteiligten bzw. eines Beteiligten am Steuerschuldverhältnis nicht eingeräumt werden. Durch zivilrechtliche Verträge kann über diese Stellung nicht verfügt werden (vgl. auch Urteil vom 25. April 1978 VII R 2/75, BFHE 125, 138, 141, BStBl II 1978, 464, in dem der Senat entschieden hat, daß bei Ausfuhrerstattungen zwar der Zahlungsanspruch abgetreten werden kann, nicht aber die Rechtsposition des Erstattungsberechtigten).

b) Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das FG die von der Klägerin vorgetragene Tatsache außer acht gelassen hat, ihr sei von ihren Abnehmern im Zuge der Abtretung der Erstattungsansprüche eine formelle Ermächtigung zur Antragstellung i. S. der VO Nr. 1608/74 eingeräumt worden. Wie im Vorabsatz ausgeführt, konnten die Abnehmer als Zollbeteiligte der Klägerin allenfalls ihre sich etwa aus der VO Nr. 1608/74 ergebenden Zahlungsansprüche abtreten; dagegen waren sie nicht befugt, ihre öffentlich-rechtliche Rechtsposition als Zollbeteiligte und Antragsberechtigte i. S. des Art. 2 Abs. 2 VO Nr. 1608/74 auf die Klägerin zu übertragen (vgl. BFHE 125, 138, 141, BStBl II 1978, 464, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Überdies hätte die Klägerin selbst dann, wenn die genannte Abtretung rechtlich möglich gewesen wäre, nur die Rechte ihrer Abnehmer geltend machen können. Sie hat aber, wie sich aus den Feststellungen des FG ergibt, die Erstattung im eigenen Namen beantragt.

c) Aus dem gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbot bzw. Gleichheitssatz kann kein gemeinschaftsrechtlicher Grundsatz des Inhalts abgeleitet werden, daß derjenige einen Anspruch auf Erstattung des erhöhten Währungsausgleichsbetrages habe, der ihn tatsächlich und wirtschaftlich getragen hat. Im vorliegenden Fall kann sich unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes bzw. des Diskriminierungsverbots die Frage stellen, ob die Regelung des Art. 2 Abs. 2 VO Nr. 1608/74 wegen Verstoßes gegen den gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitssatz ungültig ist. Ein solcher Verstoß scheidet aber schon deswegen aus, weil, wie ausgeführt, die genannte Vorschrift keine eigenständige Regelung der Antragsberechtigung enthält, sondern diese den Mitgliedstaaten überläßt.

Es kann sich also im vorliegenden Fall allenfalls die Frage stellen, ob die Regelung des deutschen Rechts über die Antragsberechtigung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar ist. Diese behandelt aber nicht etwa Gleiches unterschiedlich; denn es ist gerade ein relevanter Unterschied, ob derjenige, der die Erstattung begehrt, nur zivilrechtlich betroffen oder nach öffentlichem Recht Schuldner der Währungsausgleichsbeträge ist. Auch gibt es einleuchtende Gründe für eine solche Regelung, so daß sie nicht als willkürlich angesehen werden kann. Die Wettbewerbsfähigkeit der Beteiligten wird entgegen der Auffassung der Klägerin nicht berührt. Da als Zollbeteiligter jedermann auftreten kann, ist auch jedermann in der Lage, die Nachteile, die sich aus der mangelnden Berechtigung zur Antragstellung für den nur zivilrechtlich Belasteten ergeben, dadurch zu vermeiden, daß er selbst den Zollantrag auf Abfertigung zum freien Verkehr stellt.

d) Auch Billigkeitsüberlegungen begründen kein Antragsrecht der Klägerin. Zwar liegen der Regelung der VO Nr. 1608/74 solche Überlegungen zugrunde. Diese beziehen sich aber nur auf die materiell-rechtliche Frage, ob im Einzelfall ein Erstattungsbegehren gerechtfertigt ist, haben dagegen mit der Frage der Antragsberechtigung nichts zu tun (ebenso wie etwa bei Billigkeitserweisen nach § 131 AO bzw. § 227 AO 1977; vgl. Urteil des Senats vom 19. Oktober 1982 VII R 45/80, BFHE 136, 449, 452, BStBl II 1983, 51). Überdies ergibt sich aus den obigen Ausführungen, daß es nicht unbillig ist, nur demjenigen ein Antragsrecht auf Gewährung des Billigkeitserweises zu geben, der auch mit der Steuerschuld belastet ist.

4. Der erkennende Senat ist nach § 177 Abs. 3 EWGV in Verbindung mit den Grundsätzen des EuGH zur Auslegung dieser Bestimmung (vgl. Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415) nicht zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH verpflichtet. Die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts ist hier derart offenkundig, daß für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt. Das belegt insbesondere die klarstellende Regelung des Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 926/80.

 

Fundstellen

BFH/NV 1986, 502

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