Leitsatz (amtlich)

Nur der Zollbeteiligte ist berechtigt, die Befreiung von den aufgrund einer DM-Aufwertung erhöhten Währungsausgleichsbeträgen unter Hinweis auf sog. Altverträge zu beantragen.

 

Orientierungssatz

Auch ein Speditionsunternehmen kann Zollanträge im eigenen Namen stellen und damit Zollbeteiligter werden. Ein von einem nicht Antragsberechtigten gestellter Billigkeitsantrag kann nicht durch die nachträgliche Genehmigung durch den Zollbeteiligten wirksam werden. Die mangelnde Antragsberechtigung wird auch nicht durch die Abtretung des Erstattungsanspruchs geheilt.

 

Normenkette

EWGV 926/80 Art. 11 Abs. 1; AbG §§ 1-2; ZG § 36 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Hamburg (Entscheidung vom 13.09.1984; Aktenzeichen IV 29/84 S - H)

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1 (Klägerin zu 1), eine in Dänemark ansässige Fleischhandelsfirma, verkaufte an verschiedene Abnehmer in der Bundesrepublik Deutschland Fleisch. Die Kaufpreise schlossen die bei der Einfuhr zu zahlenden Währungsausgleichsbeträge jeweils ein. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) fertigte auf Antrag der Klägerin und Revisionsklägerin zu 2 (Klägerin zu 2), eine Spedition, das Fleisch in der Zeit vom 24. bis 28.März 1983 zum freien Verkehr ab und erhob von dieser die in der Zeit zwischen dem Vertragsschluß und der Einfuhr der Ware infolge von Währungsmaßnahmen erhöhten Währungsausgleichsbeträge.

Die Klägerin zu 1 beantragte mit Schriftsatz vom 28.März 1983 für fünf Verkaufskontrakte die Befreiung von den Währungsausgleichsbeträgen. Mit Schreiben vom 21.Juli 1983 beantragte die Klägerin zu 2 die Befreiung von den Währungsausgleichsbeträgen, und zwar "als Zollbeteiligte ... im Auftrage und in Vollmacht unseres Kunden C". Das HZA lehnte beide Anträge mit Schreiben vom 30.Juni bzw. 3.August 1983 ab. Mit Abtretungserklärung vom 14.Oktober 1983 trat die Klägerin zu 2 den Erstattungsanspruch an die Klägerin zu 1 ab.

Nach erfolgloser Beschwerde erhoben die Klägerinnen Klage mit dem Antrag, den Bescheid vom 30.Juni bzw. 3.August 1983 in Gestalt der Beschwerdeentscheidungen vom 6.Januar 1984 aufzuheben und das HZA zu verpflichten, sie gemäß ihren Anträgen von den Währungsausgleichsbeträgen zu befreien. Die Klage hatte keinen Erfolg (Urteil vom 13.September 1984 IV 29/84 S-H, IV 30/84 S-H, Entscheidungen der Finanzgerichte 1985, 305).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Die Verordnung (EWG) Nr.926/80 (VO Nr.926/80) der Kommission vom 15.April 1980 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- L 99/15 vom 17.April 1980) legt fest, unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedstaaten Ein- und Ausfuhren aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise von der Erhebung neuer Währungsausgleichsbeträge befreien dürfen (vgl. Art.1). Die formellen Voraussetzungen für eine solche Billigkeitsmaßnahme ergeben sich aus Art.11 VO Nr.926/80. Nach dessen Absatz 1 ist antragsberechtigt nur, "wer zur Zahlung des neuen Währungsausgleichsbetrags verpflichtet ist". Das geltende Gemeinschaftsrecht enthält keine Regelung über die Person des Zahlungspflichtigen. Die Frage entscheidet sich daher nach nationalem Recht.

Nach §§ 1, 2 des Abschöpfungserhebungsgesetzes (AbG) i.V.m. § 36 Abs.3 des Zollgesetzes (ZG) ist, wie das Finanzgericht (FG) ohne Rechtsirrtum entschieden hat, der jeweilige Zollbeteiligte Schuldner der Währungsausgleichsbeträge (vgl. auch Urteil des Senats vom 13.November 1984 VII R 21/81, BFHE 142, 340). Zollbeteiligter war, wie sich aus den Feststellungen des FG ergibt, die Klägerin zu 2, die die Zollanträge im eigenen Namen gestellt hat (vgl. § 10 Abs.3 ZG). Die Klägerin zu 2 war daher auch i.S. des Art.11 Abs.1 VO Nr.926/80 zur Zahlung der neuen Währungsausgleichsbeträge verpflichtet und damit allein antragsberechtigt für eine Billigkeitsmaßnahme nach der VO Nr.926/80.

Die Regelung des Art.11 Abs.1 VO Nr.926/80 ist eindeutig. Sie läßt keine Auslegung dahin zu, daß auch oder allein derjenige zur Antragstellung berechtigt sei, der im Innenverhältnis zivilrechtlich die Belastung durch die Währungsausgleichsbeträge zu tragen hat. Die genannte Vorschrift gesteht allein dem Zahlungspflichtigen das Antragsrecht zu. Es ist also ohne Bedeutung, daß --worauf die Revision abhebt-- es sich materiell-rechtlich um Geschäfte der Klägerin zu 1 handelte. Daran vermag auch der Hinweis der Revision nichts zu ändern, daß die Klägerin zu 2 ein Speditionsunternehmen sei. Auch ein Speditionsunternehmen kann Zollanträge im eigenen Namen stellen und damit Zollbeteiligter werden.

Da der Gemeinschaftsgesetzgeber die Regelung der Frage, wer Schuldner der Währungsausgleichsbeträge sein soll, dem nationalen Gesetzgeber überlassen hat, sind beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts unterschiedliche Regelungen in den Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet nicht auszuschließen. Zu Recht hat daher das FG entschieden, daß es auf die Frage nicht ankommt, wer nach französischem Recht Schuldner der Währungsausgleichsbeträge und Antragsberechtigter nach Art.11 Abs.1 VO Nr.926/80 ist.

Die Klägerin zu 1 war danach nicht antragsberechtigt. Ihr Antrag war daher nicht zulässig. Er ist auch nicht durch eine etwaige spätere Genehmigung durch die Klägerin zu 2 wirksam geworden. § 184 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist eine Vorschrift des bürgerlichen Rechts, die die Wirkung einer nachträglichen Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft regelt. Eine sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift bei der Entscheidung der öffentlich-rechtlichen Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Antrag nach Art.11 VO Nr.926/80 als wirksam gestellt angesehen werden kann, ist nicht möglich.

Die Abtretung des sich aus einer etwaigen Maßnahme nach der VO Nr.926/80 ergebenden Anspruchs von der antragsberechtigten Klägerin zu 2 auf die nicht antragsberechtigte Klägerin zu 1 heilt nicht die mangelnde Antragsberechtigung der letzteren. Die Klägerin zu 2 konnte allenfalls einen etwaigen Zahlungsanspruch an die Klägerin zu 1 abtreten, nicht aber ihre sich aus dem öffentlichen Recht ergebende Rechtsstellung als Antragsberechtigte i.S. von Art.11 Abs.1 VO Nr.926/80 (vgl. auch Urteile des Bundesfinanzhofs vom 21.März 1975 VI R 238/71, BFHE 115, 413, BStBl II 1975, 669, und vom 19.April 1977 VII R 44/73, BFHE 123, 225).

Die Klägerin zu 2 ist zwar antragsberechtigt, hat aber ihren Antrag nicht innerhalb der Frist des Art.11 Abs.2 VO Nr.926/80 gestellt. Damit kann dieser Antrag nicht zu der begehrten Billigkeitsmaßnahme führen. Wie das FG richtig entschieden hat, kommt es für die Wirksamkeit des Antrags darauf an, daß ihn der Berechtigte innerhalb der Frist stellt. Die Tatsache, daß die nichtberechtigte Klägerin zu 1 ihren Antrag innerhalb der genannten Frist gestellt hat, vermag also dem verspätet gestellten Antrag der antragsberechtigten Klägerin zu 2 nicht zur Wirksamkeit zu verhelfen. Nachdem die Frist des Art.11 Abs.2 VO Nr.926/80 verstrichen war, ohne daß vom Antragsberechtigten ein Antrag gestellt war, war die Festsetzung der neuen Währungsausgleichsbeträge jedenfalls im Hinblick auf eine evtl. Billigkeitsmaßnahme nach der VO Nr.926/80 bestandskräftig geworden. Diese Bestandskraft konnte nicht durch den verspätet gestellten Antrag der Klägerin zu 2 wieder rückgängig gemacht werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60675

BFHE 144, 104

BFHE 1986, 104

BB 1986, 119-119 (S)

HFR 1985, 526-526 (ST)

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