Leitsatz (amtlich)

Das Damnum rechnet nicht zu den Dauerschuldzinsen im Sinn des § 8 Nr. 1 GewStG. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des I. und des VI. Senats des BFH an (vgl. Urteile VI 209/63 vom 23. Februar 1966, BFH 86, 32, BStBl III 1966, 375; I 172/64 vom 23. August 1966, BFH 86, 739).

 

Normenkette

GewStG 1960 § 8 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Gewerbesteuer-Veranlagung 1960, ob die Abschreibung auf ein Darlehnsabgeld (Damnum) sowie auf Geldbeschaffungs-, Refinanzierungskosten und Provisionen (Geldbeschaffungskosten) zu den Dauerschuldzinsen im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG gehören.

Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) ist eine KG. Zur Finanzierung ihr gehörender Schiffe nahm sie mehrere langfristige Kredite auf, die sie durch Schiffshypotheken sicherte. Die Darlehen wurden jeweils unter Abzug eines Damnums - insgesamt 103 000 DM - gewährt. Darüber hinaus erwuchsen der Steuerpflichtigen Geldbeschaffungskosten in Höhe von insgesamt 156 000 DM.

Der Revisionsbeklagte (FA) rechnete die auf das Streitjahr entfallenden Damnum-Abschreibungsbeträge - 10 072,50 DM - sowie die Abschreibungen auf die Geldbeschaffungskosten - 15 600 DM -, somit insgesamt 25 672,50 DM, als Dauerschuldzinsen dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzu.

Die Sprungberufung, in der die KG vor allem darauf hinwies, daß das Damnum keinen eigentlichen Zinscharakter habe, weil es nicht nach der Laufzeit des Kredits bemessen sei, blieb ohne Erfolg. Das FG führte aus, daß sowohl das Damnum wie auch die Geldbeschaffungskosten Entgelte für die Kapitalnutzung darstellten. Beides diene gewissermaßen der Zinsverschleierung (Hinweis auf Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 160 S. 71, 82). Das Damnum könne nicht in eine Vergütung für die Beschaffung des Kredits (Geldbeschaffungskosten) einerseits und für die Kapitalnutzung (Nutzungsentgelt) andererseits zerlegt werden. Die von der Steuerpflichtigen bezweifelte Verfassungsmäßigkeit des § 8 Nr. 1 GewStG sei zu bejahen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die als Revision zu behandelnde Rechtsbeschwerde der Steuerpflichtigen führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur anderweiten Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrags.

Unzutreffend ist die auch im Revisionsverfahren geltend gemachte Auffassung der Steuerpflichtigen, daß die Vorschrift des § 8 Nr. 1 GewStG vor allem wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig sei. Das BVerfG entschied im Beschluß 1 BvR 25/65 vom 13. Mai 1969 (BStBl II 1969, 424), daß die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG nicht gegen das GG verstößt.

Der Revision ist indes stattzugeben, weil weder die Abschreibung auf das Damnum noch die anteiligen Geldbeschaffungskosten zu den Dauerschuldzinsen im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG rechnen. Der VI. Senat des BFH entschied im Urteil VI 209/63 vom 23. Februar 1966 (BFH 86, 32 BStBl III 1966, 375), daß unter den Zinsbegriff im Sinn des § 8 Nr. 1 GewStG nur Nutzungsvergütungen für die Überlassung des Kapitals fallen, die regelmäßig nach der Höhe und nach der Nutzungsdauer des Kapitals bemessen seien. Das treffe auf das Damnum nicht zu, weil seine Höhe nicht von der Nutzungsdauer des Kapitals, sondern von anderen Faktoren abhänge, vor allem von der jeweiligen Lage auf dem Kapitalmarkt. Dieser Entscheidung trat der I. Senat im Urteil I 172/64 vom 23. August 1966 (BFH 86, 739) bei. Der erkennende Senat folgte dieser Rechtsprechung inzwischen in zwei unveröffentlichten Entscheidungen (IV 306/64 vom 2. Februar 1967 und IV R 190/66 vom 20. März 1969). Er hält an dieser Rechtsprechung fest.

Dem FA ist zuzugeben, daß der Begriff "Zins" im Wirtschafts- und Rechtsleben mannigfache Bedeutung hat. Teils wird darunter das gesamte Entgelt verstanden, das für die Gewährung eines Kredits hingegeben werden muß (Effektivzins), teils wird darunter nur der als Zins ausgewiesene Teil dieses Entgelts ohne alle Nebenkosten verstanden (Nominalzins). Bürgerlich-rechtlich wird weithin nur eine nach Maßgabe der Zeitdauer der Zurverfügungstellung des Kapitals berechnete Vergütung als Zins angesehen (vgl. u. a. Urteil des BGH V ZR 123/51 vom 20. März 1953, BB 1953, 339).

Angesichts dieser Vielfalt des Verständnisses des Zinsbegriffs, die die Abgrenzung des möglichen Wortsinns sehr schwierig gestaltet, erscheint eine extensive Auslegung dieses Begriffs - zumal sie sich zuungunsten der Steuerpflichtigen auswirken würde - nicht gerechtfertigt. Der Senat ist der Auffassung, daß der Gesetzgeber, hätte er jegliche Gegenleistung für die Zurverfügungstellung von Kapital durch § 8 Nr. 1 GewStG erfassen wollen, diese Vorschrift weiter gefaßt, so etwa das Wort "Zinsen" durch "Entgelte" ersetzt hätte.

Bei der sonach gebotenen restriktiven Auslegung des Zinsbegriffs in § 8 Nr. 1 GewStG erscheint dem Senat bedeutsam, daß das Gesetz die Hinzurechnung von "Zinsen für Schulden", d. h. für bereits bestehende Schulden bestimmter Art vorschreibt. Kosten, die anläßlich des Entstehens dieser Schulden anfallen, können aber nicht als Zinsen für Schulden im engeren Sinne verstanden werden. Sie sind vielmehr die Voraussetzung für die Zurverfügungstellung des Kapitals, wogegen der Zins deren Folge ist. Daß beide letztlich Ausgaben sind, die ohne Inanspruchnahme des Kredits nicht entstanden wären, zwingt nicht zu dem Schluß, das Damnum dem Zins im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG zuzurechnen.

Dahinstehen kann, ob in besonders gelagerten Fällen, etwa bei einem ungewöhnlich niedrigen Nominalzins und einem entsprechend hohen Damnum, eine andere Beurteilung geboten sein kann, denn eine solche Gestaltung ist im vorliegenden Falle nicht zu erkennen.

Die für das Damnum dargelegten Erwägungen gelten in noch stärkerem Maße für die Geldbeschaffungskosten. Die Hinzurechnung dieser anteiligen Beträge als Zins im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG kann daher ebenfalls nicht in Betracht kommen.

Da einerseits die Steuerpflichtige ihren ursprünglich beim FG gestellten Antrag, andererseits das FA den ursprünglichen Bescheid geändert hat, waren die Kosten des Klageverfahrens unter Berücksichtigung dieser Änderungen zu verteilen. Die Streitwertberechnung und Kostenentscheidung erfolgten gemäß dem im Urteil des Senats IV 311/62 vom 15. November 1967 (BFH 92, 305, BStBl II 1968, 534) entwickelten Grundsätzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69557

BStBl II 1971, 716

BFHE 1971, 392

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