Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Auch ein Fischereirecht, das der Inhaber nicht selbst ausübt, sondern verpachtet, gehört zum übrigen land- und forstwirtschaftlichen Vermögen im Sinne von § 49 Nr. 2 BewG a. F., § 30 Nr. 2 BewDV a. F., für das als selbständige wirtschaftliche Einheit ein Einheitswert festzustellen ist.

In diesem Fall ist das Fischereirecht dem Verpächter zuzurechnen.

 

Normenkette

BewG § 28 Nr. 5, § 29/2, § 29 Abs. 4, § 29/5, § 30 Abs. 2, § 31/1, § 31 Abs. 2, § 31/4, § 49 Nr. 2, § 33/3, § 34/2/1, § 34/2/3, § 34/4, § 36/1, § 42; BewDV § 30 Nr. 2, § 31 Abs. 1; BewG § 62

 

Tatbestand

Streitig ist die Einheitsbewertung eines Fischereirechts.

Die Revisionsbeklagte (Stpfl.) ist Eigentümerin zweier Grundstücke, mit denen je ein im Wasserbruch eingetragenes Fischereirecht verbunden ist. Im März 1957 verpachtete die Revisionsbeklagte beide Fischereirechte. Sie erhielt außerdem anteilige Erlöse aus der Vergabe von Angelkarten.

Der Revisionskläger (FA) nahm die ihm 1961 bekanntgewordene Verpachtung der Fischereirechte zum Anlaß, für diese Rechte zum 1. Januar 1958 einen Einheitswertbescheid und einen Grundsteuermeßbescheid gegenüber der Stpfl. zu erlassen.

Mit dem Einspruch gegen den Einheitswert- und den Grundsteuermeßbescheid machte die Stpfl. geltend, der angesetzte Einheitswert sei zu hoch. Auch käme Grundsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a und c GrStG in Betracht. Nach § 6 des Pachtvertrages gingen letztlich etwaige auf den Fischereirechten ruhende Steuern zu Lasten des Pächters.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FA berief sich auf das Urteil des BFH III 197/58 U vom 20. November 1959 (BFH 70, 550, BStBl III 1960, 205), wonach das Fischereirecht als übriges land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten sei. Eine Grundsteuerbefreiung komme nach dem angeführten BFH-Urteil nicht in Betracht. Der Einheitswert sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Für die steuerliche Inanspruchnahme der Revisionsbeklagten sei es ohne Belang, daß sie vertraglich die Steuer abwälzen könne. Es komme hier nur darauf an, wer Inhaber des Fischereirechts sei.

Die Berufung führte zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung und des Einheitswerts- und Grundsteuermeßbescheides. Die Vorinstanz führte aus, ein Einheitswert sei nicht festzustellen. Einheitswerte seien nur festzustellen für wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens nach Maßgabe des BewG, ferner für Grundstücke, für gewerbliche Betriebe und für Gewerbeberechtigungen. Die Fischereirechte der Stpfl. fielen nicht unter diese Gruppeneinteilung.

Es käme allenfalls "übriges land- und forstwirtschaftliches Vermögen" in Betracht. Nach § 49 BewG in Verbindung mit §§ 30, 31 BewDV in der am Stichtag geltenden Fassung sei die Bewertung von reinen Fischereirechten jedoch ausgeschlossen. § 31 BewDV sehe eine entsprechende Anwendung des § 29 Abs. 4 BewG, der die Bewertung von Rechten zu landwirtschaftlicher Nutzung regele, nicht vor. Der Unterschied zwischen den Rechten zur Ausübung der Fischzucht gegenüber den Rechten, die eine landwirtschaftliche Nutzung zum Gegenstand haben, erscheine auch durchaus sinnvoll. Die bloßen Rechte zur Ausübung der Fischzucht bedingten nämlich in weit geringerem Maße eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, als es bei den dinglichen Rechten zu landwirtschaftlicher Nutzung der Fall sei.

Die Fischereirechte seien auch nicht wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens, da sie zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zu rechnen seien. Es liege hier auch keine gewerbliche Nutzung vor, weshalb ein Einheitswert für ein Betriebsvermögen nicht in Betracht komme.

Da kein Einheitswert festzustellen sei, unterliege das Fischereirecht auch nicht der Grundsteuer, weshalb auch der Grundsteuermeßbescheid aufzuheben sei. Das Fischereirecht sei allerdings zum "sonstigen Vermögen" nach § 67 Ziff. 8 BewG zu rechnen. Dafür bedürfe es aber keiner Einheitswertfeststellung.

Mit der Rb. trägt das FA vor, das der Binnenfischerei gewidmete Vermögen gehöre nach § 49 Nr. 2 BewG zum übrigen land- und forstwirtschaftlichen Vermögen. Innerhalb dieses Vermögens sei der "Betrieb" die Bewertungseinheit. Zur Annahme eines Betriebes sei hier nicht Voraussetzung, daß ein Betrieb im üblichen Sinne vorhanden sei. In seinem Urteil III 197/58 U (a. a. O.) habe der BFH die Rechtsauffassung bestätigt, daß auch ein einzelnes Wirtschaftsgut, das zum übrigen land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehöre, einen Betrieb darstelle, für den ein Einheitswert festzustellen sei. Der vom BFH entschiedene Fall habe ebenfalls eine verpachtete Fischereigerechtigkeit betroffen. Es beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben.

Die Stpfl. beantragt, die Rb. zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die jetzt als Revision zu behandelnde Rb. führt zur Aufhebung des Urteils der Vorinstanz und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

I. - Nach § 214 Nr. 1 AO wird ein Einheitswert u. a. für die wirtschaftliche Einheit eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gesondert festgestellt. Als solche wirtschaftliche Einheit sind die beiden Fischereirechte der Stpfl. anzusehen.

Nach § 28 Nr. 5 BewG in der am Bewertungsstichtag 1. Januar 1958 geltenden Fassung (künftig: BewG a. F.) gehört zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen auch das "übrige land- und forstwirtschaftliche Vermögen". Zu diesem wiederum wird das der Binnenfischerei gewidmete Vermögen gerechnet (§ 49 Nr. 2 BewG a. F., § 30 Nr. 2 BewDV a. F.).

Zur Binnenfischerei gehört nicht nur das bewegliche Betriebsvermögen des Fischers, wie Kähne, Reusen, Netze, Angeln, Waagen und sonstiges Gerät, sondern auch und vor allem das Fischereirecht, d. h. das in der Regel dem Eigentümer des Wassers zustehende Recht, für sich die im Wasser lebenden Fische zu fangen und zu verwerten (vgl. Urteil des RFH III 24/43 vom 26. November 1943, RStBl 1944, 51). In der Regel wird das Fischereirecht mit den beispielhaft aufgeführten beweglichen Wirtschaftsgütern zusammen als wirtschaftliche Einheit zu bewerten sein. Das ist jedenfalls dann zutreffend, wenn der Fischereiberechtigte die Fischerei auch selbst ausübt.

Verpachtet der Berechtigte das Fischereirecht und übt der Pächter die Fischerei aus, fragt es sich, ob das Fischereirecht als selbständige wirtschaftliche Einheit dem Verpächter zugerechnet werden kann oder ob es dem Pächter zusammen mit den genannten Gerätschaften zuzurechnen ist.

Weder setzt der Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs eine bestimmte Mindestgröße oder vollen landwirtschaftlichen Besatz voraus, noch gehört zu der wirtschaftlichen Einheit des "übrigen land- und forstwirtschaftlichen Vermögens" das Vorhandensein eines Betriebs im üblichen Sinn. Auch ein einzelnes Wirtschaftsgut, das zum übrigen land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört, kann für sich als wirtschaftliche Einheit zu bewerten sein. Das hängt von den "Anschauungen des Verkehrs" ab (§ 2 Abs. 1 Satz 3 BewG a. F.). Zu berücksichtigen sind dabei die "örtliche Gewohnheit, die tatsächliche übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter" (§ 2 Abs. 1 Satz 4 BewG a. F.). Danach ist auch das Fischereirecht, das der Inhaber nicht selbst ausübt, sondern verpachtet, als selbständige wirtschaftliche Einheit anzusehen. Für diese wirtschaftliche Einheit ist ein Einheitswert festzustellen (vgl. auch BFH-Urteil III 197/58 U, a. a. O.).

Die wirtschaftliche Einheit Fischereirecht ist auch im Falle der Verpachtung dem Verpächter zuzurechnen. Zwar können mehrere Wirtschaftsgüter zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefaßt werden. Dafür ist jedoch Voraussetzung, daß die zusammenzufassenden Wirtschaftsgüter wirtschaftlich zusammengehören (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BewG a. F.). Die zusammengehörigen Wirtschaftsgüter müssen darüber hinaus demselben Eigentümer gehören (§ 2 Abs. 2 BewG). Die Wirtschaftsgüter "Fischereirecht" und "Gerätschaften für die Fischerei" können deshalb eine wirtschaftliche Einheit nicht bilden, wenn sie verschiedenen Personen zuzurechnen sind. Das ist hier der Fall. Denn dem Pächter gehören die für die Ausübung der Fischerei notwendigen Geräte. Der Verpächter des Fischereirechts aber bleibt Inhaber dieses Rechts. Dem Pächter kann dieses Recht nicht nach § 11 Nr. 4 StAnpG zugerechnet werden, da er als Pächter nur Fremdbesitzer ist (vgl. hierzu Palandt, BGB, 26. Auflage, überblick 3 vor § 854 BGB). Allerdings sind nach § 30 Abs. 2 BewG a. F. in einen landwirtschaftlichen Betrieb die der Bewirtschaftung des Betriebs dienenden Betriebsmittel auch dann einzubeziehen, wenn sie nicht dem Eigentümer des Grund und Bodens gehören. Diese Vorschrift ist jedoch auf die Bewertung des übrigen land- und forstwirtschaftlichen Vermögens nicht anwendbar, da es in § 31 Abs. 1 BewDV a. F. an einer Verweisung auf § 30 BewG a. F. fehlt (vgl. BFH-Urteil III 197/58 U, a. a. O.). Es muß deshalb im Falle der Verpachtung ausschließlich eines Fischereirechts dabei verbleiben, daß es als selbständige wirtschaftliche Einheit dem Verpächter zuzurechnen ist.

Ist der Verpächter Inhaber mehrerer nebeneinanderliegender Fischereiberechtigungen, so sind diese als eine wirtschaftliche Einheit jedenfalls dann anzusehen, wenn sie an ein und dieselbe Person verpachtet sind; denn in diesem Fall ist ihre wirtschaftliche Zusammengehörigkeit besonders offensichtlich.

II. - Nach dem unter I. Ausgeführten hat das FA zutreffend einen Einheitswert für die der Stpfl. gehörenden Fischereirechte festgestellt und der Stpfl. zugerechnet.

Die Vorinstanz hielt die Bewertung von reinen Fischereirechten für ausgeschlossen, da nach § 31 BewDV a. F. auf das übrige land- und forstwirtschaftliche Vermögen nur die Absätze 2 und 5, nicht jedoch Abs. 4 des § 29 BewG a. F., der die Bewertung von Rechten zu landwirtschaftlicher Nutzung vorsehe, entsprechend anwendbar seien. Diese Auffassung verkennt, daß § 29 Abs. 4 BewG a. F. nur zum Zuge kommt, wenn ein Recht an einem Grundstück besteht und sich aus diesem Recht das Recht zur landwirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks ergibt. Auf den Fall des Fischereirechts übertragen, käme § 29 Abs. 4 BewG a. F. nur in Betracht, wenn ein Recht an dem Fischereirecht bestünde und wenn sich erst aus diesem Recht die Berechtigung zur Fischerei ergäbe. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Der Stpfl. steht kein Recht an einem Fischereirecht, sondern das Fischereirecht unmittelbar zu. Die Bezugnahme auf § 29 Abs. 4 BewG a. F., der, wie die Vorinstanz insoweit zutreffend ausführt, auf das übrige land- und forstwirtschaftliche Vermögen keine Anwendung findet, liegt deshalb neben der Sache.

Da die Stpfl. Inhaberin des Fischereirechts ist, war es ihr auch zuzurechnen. Die mit dem Pächter getroffene Vereinbarung, daß eine etwaige Besteuerung der verpachteten Fischereigerechtigkeit zu seinen Lasten gehe, berührt nur das Innenverhältnis Verpächter-Pächter. Auf die steuerliche Zurechnung kann sich diese Vereinbarung nicht auswirken.

III. -

Die Vorinstanz hat, von ihrem Standpunkt aus zu Recht, zur Höhe des Einheitswerts der Fischereirechte nicht Stellung genommen. Da die Stpfl. auch die Höhe des Einheitswerts angriff, wird sich die Vorinstanz nunmehr damit zu befassen haben. Sie wird dabei beachten müssen, daß für die Bewertung des übrigen land- und forstwirtschaftlichen Vermögens nach § 31 Abs. 1 BewDV a. F. die §§ 29 Abs. 2 und 5, 31 Abs. 1, 2 und 4 und 32 BewG a. F. entsprechend anzuwenden sind, d. h. das Vermögen ist nach den Einzelertragswerten zu bewerten ( 31 Abs. 1 BewG a. F.). Eine vergleichende Bewertung - wie sie für die Landwirtschaft gilt - ist nicht vorgesehen. Der Ertragswert ist dadurch zu ermitteln, daß der Reinertrag, den der Betrieb der Binnenfischerei seiner wirtschaftlichen Bestimmung gemäß im Durchschnitt der Jahre nachhaltig erbringen kann, mit 18 zu vervielfachen ist (§ 31 Abs. 2 BewG a. F. in Verbindung mit § 3 a Abs. 2 BewDV a. F.). Diese Ertragswertberechnung geht davon aus, daß der Betrieb unter gewöhnlichen Verhältnissen ordnungsmäßig, gemeinüblich und mit entlohnten fremden Arbeitskräften bewirtschaftet wird und daß er schuldenfrei ist (§ 31 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BewG a. F.).

Im Grundsteuermeßbetragsverfahren wird sodann über die Grundsteuerpflicht der Stpfl. zu entscheiden sein. Dabei werden die Ausführungen unter Ziff. 1 im zitierten BFH-Urteil III 197/58 U zu beachten sein.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Finanzgericht vorbehalten (§ 143 Abs. 2 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 412617

BStBl III 1967, 594

BFHE 1967, 282

BFHE 89, 282

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