Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde durch vollmachtlosen Vertreter

 

Leitsatz (NV)

Eine ohne Prozeßvollmacht eingelegte Beschwerde ist wegen Fehlens einer Prozeßvoraussetzung unzulässig. Die Entscheidung ergeht gegen den Steuerpflichtigen, für den der vollmachtlose Vertreter aufgetreten ist. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind dem vollmachtlosen Vertreter aufzuerlegen, weil dieser die erfolglose Prozeßführung veranlaßt hat.

 

Normenkette

FGO § 62 Abs. 3, § 135 Abs. 2

 

Tatbestand

Den Antrag der ... - GmbH, die Vollziehung des Umsatzsteuervorauszahlungsbescheids 12/1991 vom 28. Oktober 1993 und des Umsatzsteuervorauszahlungsbescheids 12/1992 vom 23. September 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. November 1994 auszusetzen, lehnte das Finanzgericht (FG) mit Beschluß vom 5. Mai 1995 ab. Der Beschluß wurde am 10. Mai 1995 zugestellt. Am 17. Mai 1995 wurde über das Vermögen der ... - GmbH die Gesamtvollstreckung eröffnet und Rechtsanwalt X als Verwalter bestellt. Am 24. Mai 1995 ging beim FG die im Namen der ... - GmbH durch Rechtsanwalt Y eingelegte Beschwerde vom gleichen Tage gegen den Beschluß des FG vom 5. Mai 1995 ein.

Auf die Aufforderung der Geschäftsstelle, eine schriftliche Vollmacht einzureichen, übersandte Rechtsanwalt Y mit Schreiben vom 7. August 1995 eine undatierte Vollmacht, die nicht von Rechtsanwalt X als Vertreter unterzeichnet war. Eine Vollmacht des Verwalters legte Rechtsanwalt Y nach erneuter Aufforderung durch die Geschäftsstelle nicht vor. Mit dem Schreiben vom 19. September 1995 teilte Rechtsanwalt X als Verwalter sinngemäß mit, er genehmige die Rechtsmitteleinlegung nicht und nehme das Verfahren nicht auf. Auf den Hinweis der Geschäftsstelle im Schreiben vom 29. April 1996, wonach die Beschwerde wegen Fehlens der Prozeßvollmacht unzulässig sei, antwortete Rechtsanwalt Y nicht.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig, weil Rechtsanwalt Y eine Vollmacht für das Beschwerdeverfahren nicht nachgewiesen hat.

Gemäß § 62 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Prozeßvollmacht schriftlich zu erteilen und dem Gericht vorzulegen. Eine ohne Prozeßvollmacht eingelegte Beschwerde ist wegen Fehlens einer Prozeßvoraussetzung unzulässig (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 19. April 1968 III B 85/67, BFHE 92, 173, BStBl II 1968, 473).

Rechtsanwalt Y hat beim BFH keine wirksame Vollmacht vorgelegt. Die von ihm eingereichte Vollmacht ist undatiert und mit Schreiben vom 7. August 1995 beim BFH eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war die ---GmbH gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung i. V. m. § 1 Abs. 4 Satz 2 der Gesamtvollstreckungsordnung bereits aufgelöst und ein Verwalter bestellt. Auf das Schreiben der Geschäftsstelle vom 29. April 1996 hat Rechtsanwalt Y nicht geltend gemacht, die von ihm vorgelegte Vollmacht sei vor Auflösung der ... -GmbH am 17. Mai 1995 durch eine vertretungsberechtigte Person ausgestellt worden. Der erkennende Senat geht deshalb davon aus, daß die Vollmacht erst nach Auflösung der ... - GmbH unterzeichnet worden ist.

Rechtsanwalt X als Verwalter über das Vermögen der aufgelösten ... -GmbH hat die Einlegung der Beschwerde nicht genehmigt. Die Entscheidung muß gleichwohl gegen Rechtsanwalt X in seiner Eigenschaft als Verwalter ergehen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind dem vollmachtlosen Vertreter aufzuerlegen, weil dieser die erfolglose Prozeßführung veranlaßt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 92, 173, BStBl II 1968, 473; vom 13. Dezember 1972 I B 42/72, BFHE 108, 477, BStBl II 1973, 532).

 

Fundstellen

Haufe-Index 421524

BFH/NV 1996, 846

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