Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde gegen Ablehnung der Prozeßkostenhilfe durch das FG

 

Leitsatz (NV)

1. Die Beschwerde gegen die die Prozeßkostenhilfe ablehnende Entscheidung des FG ist zulässig, wenn im Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung die Möglichkeit der Zulassung der Revision durch den BFH oder der Einlegung einer zulassungsfreien Verfahrensrevision besteht.

2. Soweit das FG die Klage rechtskräftig abgewiesen hat, steht fest, daß die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hatte. Soweit das FG der Klage stattgegeben hat, ist davon auszugehen, daß die Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hatte.

 

Normenkette

FGO § 142 Abs. 1; ZPO § 114

 

Tatbestand

Die Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist zusammen mit ihren Söhnen A und B Erbin nach dem am . . . 1983 verstorbenen C. Mit Bescheiden vom . . . stellte das FA gemeinschaftlich erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung fest. Die Einkünfte wurden den Miterben entsprechend ihrer Erbquote zu je 1/3 zugerechnet. Die Einsprüche blieben ohne Erfolg. Auf die Klage setzte das FG die festgestellten Einkünfte aus Kapitalvermögen herab und wies im übrigen die Klage ab. Die Urteile wurden rechtskräftig.

Vor Ergehen der Urteile des FG hatte die Klägerin beantragt, ihr für die Rechtsverfolgung Prozeßkostenhilfe (PKH) zu gewähren. Diese Anträge lehnte das FG mit Beschlüssen vom 3. August 1989 (für 1983) und 4. August 1989 (für 1984 und 1985) ab. Dagegen richten sich die Beschwerden, mit denen die Antragstellerin ihr Begehren auf Gewährung von PKH weiterverfolgt. Das FG hat den Beschwerden nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden (§§ 73, 121 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die Beschwerden sind zulässig.

Nach § 142 FGO i. V. m. § 127 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) ist gegen die Ablehnung der PKH durch das FG die Beschwerde an den Bundesfinanzhof (BFH) gegeben (vgl. BFH-Beschluß vom 2. Mai 1983 VII B 111/82, BFHE 138, 330, BStBl II 1983, 504). Allerdings wird aus der Regelung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, nach der gegen die Ablehnung der PKH die Beschwerde stattfindet, ,,es sei denn, daß das Berufungsgericht die Entscheidung getroffen hat", der allgemeine Grundsatz entnommen, daß die Beschwerde in einer PKH-Sache nicht an die Instanz gerichtet werden kann, an die die Hauptsache nicht gelangen kann (vgl. BFH-Beschluß vom 5. November 1985 VII B 88/83, BFHE 144, 407, BStBl II 1986, 71, m. w. N.). Für die Anrufbarkeit des BFH in der Hauptsache reicht indes, wenn auch die Streitwertrevision hier nicht gegeben war (§ 115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -), die Möglichkeit einer Zulassung der Revision durch das FG oder den BFH (§ 115 Abs. 2 FGO) oder die Möglichkeit einer zulassungsfreien Verfahrensrevision nach § 116 FGO aus (BFH-Beschluß vom 22. Juni 1983 I B 24/83, BFHE 138, 520, BStBl II 1983, 644). Jedenfalls bestanden diese verfahrensrechtlichen Möglichkeiten im Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerden beim FG (27. Dezember 1989 für Streitjahr 1983 und 23. Januar 1990 für Streitjahre 1984 und 1985). Unerheblich ist, daß später gegen die im Juli 1990 zugestellten Urteile weder eine Nichtzulassungsbeschwerde noch eine zulassungsfreie Revision eingelegt worden ist (vgl. BFH-Beschluß vom 7. August 1984 VII B 27/84, BFHE 141, 494, BStBl II 1984, 838).

2. Die Beschwerden sind jedoch unbegründet. Das FG hat die PKH-Anträge zu Recht abgelehnt.

PKH ist nach § 142 FGO i. V. m. § 114 ZPO zu bewilligen, wenn eine Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und wenn ferner die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Streitfall sind die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH nicht erfüllt.

Die Urteile des FG sind rechtskräftig geworden. Soweit das FG die Klagen als unbegründet abgewiesen hat, steht damit fest, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hatte. Die Beschwerde gegen den die Gewährung von PKH ablehnenden Beschluß des FG ist insoweit schon deshalb unbegründet (vgl. Beschluß in BFHE 141, 494, BStBl II 1984, 838).

Soweit das FG der Klage stattgegeben hat, ist allerdings davon auszugehen, daß die Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hatte. Die Beschwerde ist jedoch auch insoweit unbegründet. Das FG ist in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, daß die Antragstellerin die Kosten der Prozeßführung aus eigenem verwertbaren Vermögen aufbringen konnte. Das FG hat dazu ausgeführt, die Antragstellerin habe bis 1976 ein Wertpapierdepot bei der X-Bank mit Beständen von . . . DM und . . . DM am 31. Dezember 1974 unterhalten. Mit der späteren Abnahme der Bestände in diesem Depot seien Ankäufe festverzinslicher Wertpapiere und Aktien verbunden gewesen. Am 1. Januar 1980 waren nach den Feststellungen in den Urteilen des FG Wertpapierbestände im Wert von . . . DM vorhanden. Entsprechende ertragbringende Werte waren, wie das FG in seinen Urteilen weiter festgestellt hat, auch in der Folgezeit vorhanden. Das FG ist allerdings weiter davon ausgegangen, Inhaber der Wertpapierbestände sei der Ehemann der Antragstellerin gewesen. Mit dem Tode des Ehemannes der Antragstellerin sind diese Werte sowie die übrigen Vermögenswerte jedoch im Jahre 1983 entsprechend ihrer Erbquote wertmäßig zu 1/3 auf die Antragstellerin übergegangen. Diese Vermögenswerte mußte die Antragstellerin für die beabsichtigte Prozeßführung einsetzen, soweit ihr dies zumutbar war (§ 142 FGO i. V. m. § 115 Abs. 2 ZPO). Nach dem entsprechend anwendbaren § 88 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) darf die Gewährung von PKH allerdings nicht vom Einsatz oder der Verwertung der in § 88 Abs. 2 BSHG bezeichneten Vermögensgegenstände abhängig gemacht werden, zu denen auch ein kleines Hausgrundstück oder kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte gehören. Größere Wertpapierbestände, somit auch die der Antragstellerin zuzurechnenden anteiligen Wertpapierbestände, müssen somit für die beabsichtigte Prozeßführung eingesetzt werden.

Aus dem Vortrag der Antragstellerin zur Begründung ihrer Beschwerde ergeben sich keine gegenteiligen Folgerungen. Die Antragstellerin bestreitet im wesentlichen die Höhe der festgestellten Einkünfte, ohne dies jedoch zu substantiieren. Mit diesem Vorbringen kann sie schon deshalb keinen Erfolg haben, weil nach Rechtskraft der Urteile des FG davon auszugehen ist, daß Einkünfte in der festgestellten Höhe erzielt worden sind. Die Antragstellerin macht ferner geltend, die Wertpapiere gehörten nicht ihr, sondern einem Dritten. Mit diesem Einwand hat sich das FG in seinem Urteil eingehend auseinandergesetzt. Dabei ist das FG in Würdigung aller Umstände des Sachverhalts, insbesondere der Nichtbenennung des Dritten und des Fehlens jeglicher Unterlagen über das behauptete Treuhandverhältnis für den Dritten, zu dem Ergebnis gelangt, daß die Vermögenswerte dem vestorbenen Ehemann und somit nach dessen Tod anteilig der Antragstellerin gehörten. Die Antragstellerin hat auch mit der Beschwerdebegründung nichts vorgetragen, was insoweit Zweifel auslösen könnte. Der Senat schließt sich deshalb den tatsächlichen Feststellungen des FG an. Danach waren die Beschwerden als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417586

BFH/NV 1991, 623

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