Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde gegen Einstellungsbeschluß

 

Leitsatz (NV)

1. Wird mit der Begründung, die Klage sei nicht zurückgenommen worden, Beschwerde gegen einen Einstellungsbeschluß gemäß § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO erhoben, so hat das FG das Urteilsverfahren fortzusetzen. Es hat entweder auszusprechen, daß die Klage zurückgenommen ist, oder es muß in der Sache entscheiden.

2. Setzt das FG das Urteilsverfahren nicht fort, hebt der BFH den Einstellungsbeschluß auf und verweist die Sache zur Fortsetzung des Klageverfahrens an das FG zurück.

 

Normenkette

FGO § 72 Abs. 2 S. 2, § 128 Abs. 1, § 143 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) einigten sich während des finanzgerichtlichen Verfahrens außergerichtlich. Das FA erließ entsprechende Abhilfebescheide. Daraufhin erklärten die Kläger mit Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 4. September 1995: "Durch die Änderung der Einspruchsentscheidung durch den Beklagten konnte eine außergerichtliche Einigung erzielt werden. Ich nehme deshalb meine Klage zurück und beantrage, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen." Mit Beschluß vom 6. September 1995 stellte das Finanzgericht (FG) das Verfahren mit der Begründung ein, die Klage sei zurückgenommen worden.

Mit der Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, machen die Kläger geltend, sie hätten die Klage nicht zurückgenommen. Die Erklärung im Schriftsatz vom 4. September 1995 sei in sich widersprüchlich; denn es mache keinen Sinn, einerseits die Klage zurückzunehmen, andererseits aber zu beantragen, dem FA die Kosten aufzuerlegen. Der Schriftsatz sei daher auszulegen und i. S. der tatsächlich gewollten Erledigungserklärung zu verstehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde führt zur Aufhebung des Einstellungsbeschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG hat das Verfahren mit dem Ziel fortzusetzen, die Rücknahme der Klage auszusprechen oder über die Folgen einer -- bisher einseitigen -- Erledigterklärung zu entscheiden.

1. Gegen einen Einstellungsbeschluß gemäß § 72 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist gemäß § 128 Abs. 1 FGO die Beschwerde, mit der die Unwirksamkeit der Klagerücknahme geltend gemacht wird, statthaft (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 6. April 1992 IV B 167/91, BFH/NV 1992, 681, m. w. N.).

2. Hat ein FG das Verfahren eingestellt und entsteht nachträglich Streit, ob eine wirksame Klagerücknahme vorliegt, so hat das mit der Sache befaßte FG darüber zu entscheiden. Es hat in dem (fortzusetzenden) Urteilsverfahren entweder auszusprechen, daß die Klage zurückgenommen ist, oder es muß in der Sache entscheiden (BFH-Beschlüsse vom 30. Janaur 1980 VI B 116/79, BFHE 129, 538, BStBl II 1980, 300, und vom 28. März 1990 II B 163/89, BFHE 159, 486, BStBl II 1990, 503).

Mit dem Einstellungsbeschluß nach § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO wurde zwar nicht konstitutiv über das Vorliegen, die Wirksamkeit und den Bestand der Klagerücknahme befunden, sondern lediglich deklaratorisch festgestellt, daß die Klage zurückgenommen ist. Aus Gründen der Rechtsklarheit ist er dennoch aufzuheben (vgl. BFH-Beschluß vom 30. November 1987 IV B 103/87, BFH/NV 1988, 459) und die Sache zur Fortsetzung des Klageverfahrens an das FG zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt entsprechend § 143 Abs. 2 FGO der Entscheidung des FG im Hauptsacheverfahren vorbehalten (BFH-Beschluß vom 6. Februar 1991 IV B 29/90, BFH/NV 1993, 299).

 

Fundstellen

Haufe-Index 421669

BFH/NV 1997, 52

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