Entscheidungsstichwort (Thema)

Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit; Gewährung rechtlichen Gehörs bei dienstlichen Äußerungen

 

Leitsatz (NV)

1. Die Ablehnung sämtlicher Berufsrichter eines Senats wegen Befangenheit ist nicht rechtsmißbräuchlich, wenn diese mit konkreten Umständen, wie etwa fehlerhaften Kollegialentscheidungen des Senats in vorangegangenen Verfahren, begründet und deutlich gemacht wird, daß die Befangenheitsbesorgnis sich gegen jeden der abgelehnten Richter richtet.

2. Ein Ablehnungsgesuch, das auf Rechtsverstöße in vorangegangenen und abgeschlossenen Verfahren gestützt wird, die in keinem erkennbaren sachlichen Zusammenhang mit dem das Ablehnungsgesuch betreffenden Verfahren stehen, kann nur ausnahmsweise dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn Umstände dargetan werden, die dafür sprechen, daß die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung der Richter gegenüber der ablehnenden Partei oder auf Willkür beruht. Die Rüge fehlerhafter Anwendung materiellen Steuerrechts in einem vorangegangenen Einkommensteuerverfahren rechtfertigt deshalb nicht die Annahme, die abgelehnten Richter könnten über die vom Kläger eingelegte Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluß voreingenommen entscheiden.

3. Das Recht auf Gehör wird nicht berührt, wenn den Beteiligten eine dienstliche Äußerung nicht zur Stellungnahme vorgelegt wird, in der der abgelehnte Richter lediglich bekundet, sich nicht befangen zu fühlen.

 

Normenkette

GG Art. 103 Abs. 1; FGO § 51 Abs. 1; ZPO § 42 Abs. 2, § 44 Abs. 3

 

Tatbestand

In einer Streitsache wegen Vermögensteuer hatte der 2. Senat des Finanzgerichts (FG) nach übereinstimmender Erledigterklärung der Hauptsache die Kosten des Verfahrens dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) auferlegt. Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Urkundsbeamten vom 21. Dezember 1993 legte der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Erinnerung ein. Zugleich lehnte der Kläger die Richter des 2. Senats des FG, den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht A, den Richter am Finanzgericht B und die Berichterstatterin und Richterin am Finanzgericht C, wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Sein Ablehnungsgesuch begründete der Kläger mit erheblichen Verfehlungen der abgelehnten Richter in allen gegen ihn zuvor ergangenen Urteilen. Das FG habe den Kläger vorsätzlich geschädigt, da in den Urteilen in Sachen Einkommensteuer 1985 bis 1988 zwar Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer zum Einkommen hinzugerechnet worden seien, ein Abzug der Steuer jedoch nicht zugelassen worden sei. Die Befangenheit der abgelehnten Richter sowie deren persönliche Feindschaft gegenüber dem Kläger zeige sich auch deutlich darin, daß ein Großteil der geltend gemachten und mit Belegen nachgewiesenen Geschäftskosten nicht als Werbungskosten anerkannt worden seien. Das FG habe, was seine Befangenheit weiter dokumentiere, in blindem Glauben an die Richtigkeit der Ergebnisse der Steuerfahndung, ihm Gelder seiner Schwester zugerechnet und darüber hinaus in seinen Entscheidungen überraschend noch weitere Zuschätzungen vorgenommen, ohne diese zuvor in der mündlichen Verhandlung erörtert oder angekündigt zu haben. Ferner sei es der Berichterstatterin nur darauf angekommen, den Charakter des Klägers ohne jegliche Grundlage schlecht zu machen und ihn in dem Urteil vom 30. August 1993 als Steuerhinterzieher zu diffamieren. Dies zeige sich an dem oberflächlichen Aktenstudium der Berichterstatterin, die aus Gründen der Befangenheit den Inhalt der Akten nicht habe erkennen wollen. Auch habe das FG dem Kläger zu Unrecht die Kosten des Verfahrens einer Untätigkeitsklage aufgebürdet. Dies alles sei das Ergebnis von Befangenheit der abgelehnten Richter und beruhe nicht lediglich auf richterlichen Irrtümern. Außerdem seien dem Kläger die Urteile für die Jahre 1984 bis 1988 nicht nach und nach, sondern auf einmal zugestellt worden, damit der 76-jährige Kläger mit der plötzlich anfallenden Arbeitslast kaum mehr fertig werden könne. Schließlich habe das FG willentlich keine Entscheidung über die Anrechnung von Kapitalertrag- und Körperschaft steuern getroffen und damit eine neue Flut von Prozessen heraufbeschworen.

Die Richterin C hat eine Erklärung abgegeben, in der sie angibt, sich nicht befangen zu fühlen. Diese Erklärung wurde dem Kläger nicht zur Kenntnis gegeben.

Mit Beschluß vom 21. Januar 1994, an dem die Richter A und B mitgewirkt haben, wurde das Ablehnungsgesuch in bezug auf die abgelehnten Richter A und B als unzulässig verworfen und im übrigen in bezug auf die Richterin C als unbegründet zurückgewiesen. Das FG führt aus, der Kläger habe konkrete Ausführungen hinsichtlich der Befangenheit der Richter A und B nicht gemacht. Die pauschale Ablehnung eines ganzen Spruchkörpers ohne Angabe von ernstlichen Gründen stelle einen Mißbrauch des Ablehnungsrechts dar und sei daher unzulässig. Es könne dahinstehen, ob auch das Ablehnungsgesuch gegenüber der Richterin C unzulässig sei; denn es sei jedenfalls unbegründet. Ein Ablehnungsgesuch könne nicht darauf gestützt werden, im Streitfall selbst oder in vorangegangenen Verfahren seien unrichtige Entscheidungen getroffen worden. Ernsthafte Gründe, die abweichend hiervon die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen könnten, seien vom Kläger weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

Gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs richtet sich die Beschwerde des Klägers, der das FG nicht abgeholfen hat.

Der Kläger macht geltend, die Richter A und B hätten entgegen § 45 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) über das sie betreffende Ablehnungsgesuch entschieden. Die notwendigen dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter seien nicht eingeholt, zumindest aber dem Kläger nicht bekannt gegeben worden. Die im Ablehnungsgesuch bezeichneten Ablehnungsgründe gälten auch gegenüber dem Richter B. Denn dieser sei an der Urteilsfindung beteiligt gewesen und habe die Entscheidungen mit unterzeichnet. Zusätzlich zu den Ausführungen des Ablehnungsgesuchs begründet der Kläger die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem Richter A weiter damit, daß insgesamt sieben vor dem FG anhängige Verfahren des Klägers nicht sukzessive erledigt, sondern gemeinsam terminiert und nicht -- wie von ihm beantragt -- bis zur Entscheidung des FA über die Anrechnung von Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer ausgesetzt worden seien. Dem Kläger sei in der mündlichen Verhandlung mehrfach das rechtliche Gehör versagt und die Einvernahme einer mitgebrachten Zeugin verweigert sowie die siebenstündige mündliche Verhandlung trotz seines Alters und seiner schlechten Gesundheit ohne jegliche Pause und Mittagessen durchgeführt worden. Die Befangenheit der Richterin C ergebe sich auch noch weiter daraus, daß diese ohne seine Kenntnis mit dem FA Vereinbarungen über den Erlaß neuer Einkommensteuerbescheide getroffen habe. Die Richterin C habe zudem den Antrag des Klägers in einer Untätigkeitsklage unzulässig in einen Sachantrag umformuliert und sei von einem falschen Streitwert ausgegangen. Den Richtern des ... Senats des FG seien zudem weitere offensichtliche und schwere Fehler, insbesondere Verstöße gegen das Verbot der Verböserung unterlaufen, die nur auf der Befangenheit der Richter beruhen könnten. Zwar begründe eine fehlerhafte Entscheidung noch keine Befangenheit. Im Falle des ... Senats des FG seien aber so zahlreiche Fehlentscheidungen gefällt worden, daß sich hieraus die Angst des Klägers vor der Befangenheit der Richter des ... Senats des FG verfestigt habe.

Mit Beschluß vom 9. Februar 1994 wurde die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 21. Dezember 1993 zurückgewiesen sowie auf die von seiten des FA eingelegte Erinnerung die dem Kläger zu erstattenden Kosten herabgesetzt.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Beschwerde ist nicht wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Zwar ist gegen den während des Beschwerdeverfahrens auf die Erinnerung des Klägers ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluß ein Rechtsmittel nicht mehr gegeben (vgl. § 128 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Eine im Beschwerdeverfahren erfolgreiche Richterablehnung könnte indes grundsätzlich in einem Wiederaufnahmeverfahren (§ 134 FGO i. V. m. §§ 578, 579 ZPO) gegen die Entscheidung des FG in dem Kostenfestsetzungsverfahren eingebracht werden. Denn auf die Art der ein Verfahren abschließenden Entscheidung kommt es nach § 134 FGO nicht an (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung -- Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 134 FGO Rdnr. 1).

2. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat den Ablehnungsantrag des Klägers jedenfalls im Ergebnis zutreffend zurückgewiesen. Das Ablehnungsgesuch ist entgegen der Vorentscheidung gegenüber den drei abgelehnten Richtern zwar zulässig, aber unbegründet.

a) Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 51 Abs. 1 FGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO). Das Ablehnungsgesuch muß sich grundsätzlich auf bestimmte Richter beziehen. Wegen Rechtsmißbrauchs ist es im allgemeinen unzulässig, pauschal alle Richter eines Spruchkörpers ohne Angabe ernstlicher Gründe in der Person des einzelnen Richters abzulehnen (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 30. Juni 1989 VIII B 86/88, BFH/NV 1990, 175). Allerdings gilt dies nicht, wenn alle Mitglieder eines Spruchkörpers wegen Besorgnis der Befangenheit im Hinblick auf konkrete Anhaltspunkte in einer Kollegialentscheidung abgelehnt werden. Denn in einem solchen Fall kann der Betroffene wegen des Beratungsgeheimnisses nicht wissen, welcher Richter die Entscheidung mitgetragen hat (BFH-Beschluß vom 27. Juli 1992 VIII B 59/91, BFH/NV 1993, 112 m. w. N.). Ein Mißbrauch des Ablehnungsrechts durch Ablehnung des gesamten Spruchkörpers liegt beim Anknüpfen an eine von diesem getroffene Entscheidung daher nur vor, wenn das Gesuch gar nicht oder nur mit Umständen begründet wird, welche die Besorgnis der Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können (BFH in BFH/NV 1993, 112 m. w. N.). So liegt der Streitfall jedoch nicht. Der Kläger hat seine Ablehnungsgesuche mit konkreten Umständen, nämlich u. a. fehlerhafte Kollegialentscheidungen im vorangegangenen Verfahren vor dem ... Senat des FG ausreichend begründet und deutlich gemacht, daß die Befangenheitsbesorgnis sich gegen jeden der abgelehnten Richter richtet (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 51 FGO Rdnr. 10).

An der Entscheidung der somit zulässigen Gesuche auf Ablehnung hätten die davon betroffenen Richter A und B daher -- wie der Kläger zu Recht rügt -- nicht mitwirken dürfen (vgl. § 47 ZPO; Tipke/Kruse, a.a.O., § 51 FGO Rdnr. 11; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 51 Rdnr. 55). Die Beschwerde kann gleichwohl zurückgewiesen werden, weil das Ablehnungsgesuch unbegründet ist (vgl. BFH- Beschluß vom 26. September 1989 VII B 75/89, BFH/NV 1990, 514; BFH in BFH/NV 1993, 112).

b) Grund für das ein Ablehnungsgesuch rechtfertigende Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters i. S. von § 51 Abs. 1 FGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO ist gegeben, wenn ein Beteiligter bei vernünftiger und objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, der Richter werde nicht unvoreingenommen entscheiden. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung tatsächlich von Voreingenommenheit beeinflußt ausfiele. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob der Beteiligte, der das Ablehnungsgesuch gestellt hat, von seinem Standpunkt aus bei Anlegung des angeführten objektiven Maßstabes Anlaß hat, eine Befangenheit des Richters zu befürchten (BFH in BFH/NV 1993, 112, ständige Rechtsprechung). Befangenheit meint eine unsachliche innere Einstellung des Richters zu dem Beteiligten oder zum Gegenstand des konkreten Verfahrens (vgl. Vollkommer in Zöller, Zivilprozeßordnung, 19. Aufl., § 42 Rdnr. 8). Besorgnis zur Befangenheit besteht deshalb dann, wenn ein Beteiligter nach den äußeren Umständen berechtigten Grund zu der Annahme hat, der Richter werde aus einer in seiner Person liegenden individuellen Ursache heraus sich bei seiner bevorstehenden Entscheidung nicht von sachgerechten Gründen leiten lassen (BFH-Beschluß vom 7. Mai 1986 I B 70/85, BFH/NV 1987, 653).

Ein Ablehnungsgesuch kann grundsätzlich nicht auf Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen des Richters gestützt werden. Denn das Institut der Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit schützt die Beteiligten nicht vor Irrtümern, insbesondere vor unrichtigen Rechtsansichten eines Richters. Dagegen stehen den Beteiligten die allgemeinen Rechtsbehelfe zur Verfügung (BFH-Beschluß vom 24. August 1989 IV B 59/89, BFH/NV 1990, 308). Das Ablehnungsverfahren dient allein dazu, die Beteiligten vor der Mitwirkung eines Richters an einer Entscheidung zu bewahren, dem gegenüber die Besorgnis der Unparteilichkeit begründet ist.

Ein Ablehnungsgesuch, das auf Rechtsverstöße des abgelehnten Richters etwa in früheren Verfahrensabschnitten oder in Parallelverfahren gestützt wird, kann nur ausnahmsweise dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, daß die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber der ablehnenden Partei oder auf Willkür beruht (BFH-Beschluß in BFH/NV 1993, 112 m. w. N.). Daher genügt es nicht, wenn in dem Gesuch lediglich Gründe für eine mögliche Fehlerhaftigkeit des Verfahrens oder die Rechtswidrigkeit einer Entscheidung angeführt werden. Eine Richterablehnung kann vielmehr nur dann mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür benannt werden, daß die gerügten Rechtsverstöße auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber der ablehnenden Partei beruhen können.

Dies hat um so mehr dann zu gelten, wenn -- wie im Streitfall -- die gerügten Rechtsverstöße aus vorangegangenen und abgeschlossenen Verfahren in keinem erkennbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Streitgegenstand des gegenwärtigen, das Ablehnungsgesuch betreffenden Verfahrens stehen. Denn das Richterablehnungsverfahren findet nur im Hinblick auf eine bevorstehende richterliche Tätigkeit statt, nicht jedoch zur Überprüfung bereits abgeschlossener Verfahren.

c) Diesen Voraussetzungen genügen die vom Kläger genannten Ablehnungsgründe nicht. Für besondere Umstände, die eine unsachliche Einstellung der abgelehnten Richter oder ein willkürliches Verhalten gegenüber dem Kläger vermuten lassen könnten, bestehen keine ernstlichen Anhaltspunkte.

Aus der vom Kläger gerügten Behandlung der Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer sowie der geltend gemachten Werbungskosten und der übernommenen Ergebnisse der Steuerfahndung in den Einkommensteuerverfahren läßt sich allein eine Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter nicht herleiten. Denn selbst die etwaige fehlerhafte Anwendung materiellen Steuerrechts rechtfertige nicht die Annahme, die abgelehnten Richter könnten über die vom Kläger eingelegte Erinnerung voreingenommen entscheiden. Ebenso läßt auch die vom Kläger behauptete fehlerhafte Kostenentscheidung des FG in dem Verfahren über eine Untätigkeitsklage keine Anzeichen für ein unsachliches und voreingenommenes Verhalten der abgelehnten Richter erkennen. Gleichfalls ist die vom Kläger beanstandete Überraschungsentscheidung in bezug auf die vom FG vorgenommenen Hinzuschätzungen bei den Einkünften nicht geeignet, Zweifel an der Unparteilichkeit der abgelehnten Richter aufkommen zu lassen. Für den Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob etwa zur Wahrung des Rechts auf Gehör eine vorherige Erörterung erforderlich gewesen wäre. Denn der Kläger hat keine geeigneten Anhaltspunkte vorgetragen, die das gerügte Verhalten als unsachlich oder willkürlich erscheinen lassen. Auch die vom Kläger angeführte Passage aus dem Urteil vom 30. August 1993 läßt keine böswillige Verleumdungsabsicht des FG, die auf eine parteiliche und unsachliche Einstellung der Richter schließen ließe, erkennen. Denn die Aussage in dem Urteil: " ... Da Vermögensabgänge nicht ersichtlich sind, hat der Kläger entweder die Einnahmen verschwiegen oder er hat dieses Geld auf den Namen seiner Mutter oder seiner Schwester übertragen ... " beinhaltet lediglich eine alternative Sachverhaltsfeststellung, unterstellt aber weder direkt noch indirekt eine Steuerhinterziehung des Klägers. Die damit im Zusammenhang angegriffene mangelhafte Sachverhaltsaufklärung, insbesondere durch die Berichterstatterin, gibt ebenfalls keinen Hinweis auf eine unsachliche oder gar willkürliche Einstellung der abgelehnten Richter gegenüber dem Kläger. Schließlich bietet auch die gleichzeitige Zustellung mehrerer Urteile keinen ernstlichen Anlaß für ein Mißtrauen in die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter. Insoweit fehlt es schon an einem denkbaren Rechtsverstoß des FG.

3. Über die vom Kläger erst im Beschwerdeverfahren vorgebrachten neuen Ablehnungsgründe wegen Verstoßes gegen das Verböserungsverbot, wegen einseitiger Kontaktaufnahme der Berichterstatterin mit dem FA sowie wegen verschiedener Beanstandungen der Prozeßführung durch den Vorsitzenden Richter A hat der Senat nicht zu befinden. Denn weitere nach der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch vorgebrachte Gründe bleiben im Beschwerdeverfahren, das nur die im Ablehnungsgesuch genannten Befangenheitsgründe zum Gegenstand hat, unberücksichtigt (BFH- Beschluß vom 24. Juli 1990 X B 115/89, BFH/NV 1991, 253).

4. Die Beschwerde kann auch nicht aus sonstigen Verfahrensgründen Erfolg haben.

a) Unschädlich ist, daß das FG vor der Entscheidung über den Ablehnungsantrag die dienstliche Äußerung der Richterin C dem Kläger nicht zur Kenntnis gegeben hat. Zwar gebietet die grundgesetzliche Gewährleistung des Rechts auf Gehör, daß vor einer Entscheidung über den Antrag auf Ablehnung eines Richters die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters den Beteiligten mitgeteilt und diesen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird. Das Recht auf Gehör wird aber dann nicht berührt, wenn den Beteiligten eine dienstliche Äußerung nicht zur Stellungnahme vorgelegt wird, in der -- wie im Streitfall -- der abgelehnte Richter lediglich bekundet, sich nicht befangen zu fühlen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 53. Aufl., § 44 Rdnr. 5). Eine solche Bekundung kommt ihrem Inhalt nach einer Nichtäußerung gleich; sie enthält entgegen der Forderung des § 44 Abs. 3 ZPO keine Äußerung über den Ablehnungsgrund.

b) Von einer dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richter kann im Hinblick auf das im Streitfall offensichtlich unbegründete Ablehnungsgesuch abgesehen werden (BFH in BFH/NV 1987, 653). Denn dem Ablehnungsantrag des Klägers können -- wie ausgeführt -- keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte entnommen werden, die für eine unsachliche Einstellung oder für ein willkürliches Verhalten der abgelehnten Richter in bezug auf das hier streitige Erinnerungsverfahren sprechen können.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420669

BFH/NV 1996, 45

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