Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Wiedereinsetzung bei Versäumung der Revisionsbegründungsfrist wegen nicht hinreichend dargelegter Krankheit des Prozeßbevollmächtigten

 

Leitsatz (NV)

Wird die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision mit der Erkrankung eines Mitglieds einer Sozietät entschuldigt, so scheidet Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus, wenn nicht dargetan ist, weshalb weder von dem erkrankten Prozeßbevollmächtigten noch von den anderen Mitgliedern der Sozietät ein Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist gestellt werden konnte.

 

Normenkette

FGO §§ 56, 120

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Gegen das am 27. April 1984 zugestellte, klageabweisende Urteil des FG haben die Kläger am 28. Mai 1984 (Montag) Revision eingelegt. Die Revisionsbegründung vom 6. Juli 1984 ging am 9. Juli 1984 beim BFH ein. Nachdem die Prozeßbevollmächtigten durch Verfügung des Vorsitzenden des erkennenden Senats auf den verspäteten Eingang der Revisionsbegründung und § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hingewiesen wurden, stellten sie rechtzeitig Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Diesen begründen sie wie folgt: Der unterzeichnende Partner sei in der 25. Kalenderwoche des Jahres 1984 darauf hingewiesen worden, daß die Frist für die Abgabe der Revisionsbegründung in der folgenden Woche ablaufe. Er habe sich vorgenommen, am 25. Juni 1984 die Revisionsbegründung zu fertigen. Anfang der 26. Kalenderwoche sei er jedoch so krank gewesen, daß er keinen klaren Gedanken habe fassen können. Die Bearbeitung der Revisionsbegründung habe auch keinem anderen Partner oder qualifizierten Mitarbeiter übertragen werden können, da am 25. Juni 1984 in Hamburg die Sommerferien begonnen hätten. Er habe gehofft, daß seine Krankheit am 27. Juni so weit abklingen werde, daß an eine vernünftige Revisionsbegründung zu denken sei. Er habe die Revisionsbegründung jedoch erst in der 27. Kalenderwoche formulieren können.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision war durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen (§§ 124, 126 Abs. 1 FGO), da die Revisionsbegründungsfrist nicht gewahrt worden ist und den Klägern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann.

1. Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Im Streitfall endete die Revisionsbegründungsfrist am 28. Juni 1984 (§ 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und 2 ZPO und § 188 Abs. 2 BGB). Die am 9. Juli 1984 bei Gericht eingegangene Revisionsbegründung ist verspätet.

2. Nach § 56 Abs. 1 FGO ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dem Wiedereinsetzungsantrag der Kläger kann nicht entsprochen werden, da ihre Prozeßbevollmächtigten, deren Verschulden ihnen zuzurechnen ist (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO), die Frist nicht unverschuldet versäumt haben.

Krankheit kann zwar ein Entschuldigungsgrund sein (vgl. BFH-Beschluß vom 3. August 1977 II R 59/77, BFHE 123, 13, BStBl II 1977, 768), führt aber im Streitfall nicht zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Es ist nicht einmal dargetan, daß das den Streitfall bearbeitende Mitglied der Sozietät infolge seiner Erkrankung außerstande gewesen wäre, dafür zu sorgen, daß wenigstens ein Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist gestellt wird. Nach seinen Angaben erkrankte er am Montag, dem 25. Juni 1984. Bei Anwendung der für Fristsachen gebotenen und zumutbaren Sorgfalt hätte er im Hinblick auf den bevorstehenden Fristablauf den Verlängerungsantrag selbst stellen oder stellen lassen müssen und sich nicht darauf verlassen dürfen, daß seine Erkankung bis zum vorletzten Tag der Frist abklingen würde. Im übrigen sind bei Erkrankung eines Mitglieds einer Sozietät die übrigen ebenfalls bevollmächtigten Mitglieder der Sozietät verpflichtet, die unaufschiebbaren Maßnahmen zu ergreifen. Daß diese Mitglieder hieran in entschuldbarer Weise gehindert gewesen sein sollten, ist nicht vorgetragen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422888

BFH/NV 1985, 42

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