Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung nur bei genauer Sachdarstellung

 

Leitsatz (NV)

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedarf einer eingehenden Darstellung des Geschehensablaufs, der zur Fristversäumnis geführt hat.

 

Normenkette

FGO § 56 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), deren Ehe geschieden ist, wurde für das Streitjahr (1974) mit ihrem damaligen Ehemann zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Einspruch der Klägerin gegen diese Steuerfestsetzung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unzulässig verworfen, weil sie verspätet erhoben worden war. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das FG abgelehnt. Das FG-Urteil ist der Klägerin am 12. Dezember 1983 zugestellt worden.

Hiergegen richtet sich die Revision mit der die Klägerin beantragt,

die Vorentscheidung und den Einkommensteuerbescheid 1974 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben, hilfsweise, an das FG zurückzuverweisen.

Der Beklagte und Revisonsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beantragt,

die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig, weil sie verspätet begründet worden ist.

Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtgsordnung (FGO) ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen.

Das FG-Urteil ist der Klägerin am 12. Dezember 1983 zugestellt worden. Die Revisionsbegründungsfrist lief demzufolge am Montag, dem 13. Februar 1984 ab. Innerhalb dieser Frist ist die Revision nicht begründet worden.

Der Vorsitzende des erkennenden Senats hat den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 26. März 1984, zugestellt am 30. März 1984, unter Hinweis auf § 56 FGO auf diesen Umstand aufmerksam gemacht.

Der Prozeßbevollmächtigte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 10. April 1984 - beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen am 13. April 1984 - die Revision begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung dieses Antrags trägt der Prozeßbevollmächtigte vor, der geschiedene Ehemann der Klägerin, der ebenfalls gegen den Einkommensteuerbescheid 1984 Rechtsmittel eingelegt habe, sei von Rechtsanwalt und Steuerberater . . . vertreten worden. Demzufolge habe er diesem Rechtsanwalt eine Ausfertigung der Revisionsbegründung übersandt. Dem Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 26. März 1984 sei zu entnehmen, daß dem BFH die beiden anderen Ausfertigungen der Begründung nicht vorlägen. In seiner Kanzlei sei nur noch eine Durchschrift der Begründung verblieben, die er in Ablichtungen vorlege. Ein Prozeßbevollmächtigter sei in seinem Verantwortungsbereich auch auf die Tätigkeit seiner Mitarbeiter angewiesen. Wenn ,,die weiteren Ausfertigungen der Revisionsbegründung mit dem Auslauf nicht mehr vorlagen, konnte dieser nur gleichzeitig erfolgt sein, was ihm" (dem Bevollmächtigten) ,,nicht in vollem Umfang persönlich bekannt sein konnte". Seine Kanzlei sei auch infolge der Nachwirkungen eines Brandes sehr behindert gewesen.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden. Die Wiedereinsetzung kommt nur in Betracht, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten (§ 56 Abs. 1 FGO). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags müssen glaubhaft gemacht werden (§ 56 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat weder Tatsachen vorgetragen, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, noch hat er solche Tatsachen glaubhaft gemacht.

Das FA weist zutreffend darauf hin, daß sich aus dem Vorbringen des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin nicht ergibt, daß die Tatsachen, die zur Versäumung der Revisionsbegründungsfrist geführt haben, außerhalb des Verantwortungsbereichs des Bevollmächtigten gelegen hätten. Insbesondere fehlt eine eingehende Darstellung des Geschehensablaufs. Es hätte zumindest dargelegt und glaubhaft gemacht werden müssen, wann die Revisionsbegründungsschrift verfaßt worden ist, wann eine Abschrift dieser Revisionsbegründungsschrift dem Rechtsanwalt . . . zugeschickt worden ist und wann die für den BFH bestimmte Revisionsbegründungsschrift zur Post gegeben wurde.

 

Fundstellen

BFH/NV 1986, 417

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