Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde gegen Einstellung des Verfahrens

 

Leitsatz (NV)

Wird gegen den förmlichen Beschluß nach § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO Beschwerde eingelegt, in der die Unwirksamkeit der Rücknahme geltend gemacht wird, so hat das FG regelmäßig der Beschwerde abzuhelfen und das Urteilsverfahren fortzusetzen, um entweder in der Sache zu entscheiden oder aber auszusprechen, daß die Klage zurückgenommen ist.

 

Normenkette

FGO § 72 Abs. 2 S. 2

 

Tatbestand

In dem Rechtsstreit hat das Finanzgericht (FG) durch Beschluß vom 28. April 1992 das Verfahren nach § 72 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eingestellt, da die Kläger die Klage zurückgenommen hatten. Dieser Beschluß wurde den Klägern am 27. Mai 1992 zugestellt.

Durch beim FG am 10. Juni 1992 eingegangenen Schriftsatz haben die Kläger gegen diesen Beschluß Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, das Verfahren fortzusetzen. Zur Begründung führen sie an, daß sie die Klagerücknahme vor dem Beschluß vom 28. April 1992 konkludent widerrufen hätten.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde führt zur Aufhebung des Beschlusses des FG über die Einstellung des Verfahrens. Das FG hat das Verfahren mit dem Ziel fortzusetzen, die Rücknahme der Klage auszusprechen oder aber in der Sache zu entscheiden.

Die Klagerücknahme führt zur rückwirkenden Beseitigung der Rechtshängigkeit der Sache und (damit) zur Beendigung des Verfahrens, ohne daß dazu eine Entscheidung über das geltend gemachte Recht ergeht. Der Beschluß nach § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO stellt diese Rechtsfolge zwar (deklaratorisch) fest, entscheidet aber nicht konstitutiv über das Vorliegen, die Wirksamkeit und den Bestand der Klagerücknahme (vgl. Entscheidung des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. Mai 1972 IV B 99/70, BFHE 105, 246, BStBl II 1972, 543). Entsteht (nachträglich) Streit über Vorliegen, Wirksamkeit oder Bestand der Klagerücknahme, so hat das mit der Sache befaßte Gericht (das ist das Gericht, das das Verfahren wegen Klagerücknahme eingestellt hat) darüber zu entscheiden (arg. § 72 Abs. 2 Satz 3 FGO). Es hat in dem (dann fortzusetzenden) Urteilsverfahren entweder in der Sache zu entscheiden oder aber auszusprechen, daß die Klage zurückgenommen ist (vgl. BFH-Entscheidung vom 30. Januar 1980 VI B 116/79, BFHE 129, 538, BStBl II 1980, 300).

Wird gegen den förmlichen Beschluß nach § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO Beschwerde eingelegt, in der die Unwirksamkeit der Rücknahme geltend gemacht wird, so hat das FG dementsprechend regelmäßig der Beschwerde abzuhelfen und das Urteilsverfahren in dem geschilderten Sinn fortzusetzen (Senatsbeschluß vom 28. März 1990 II B 163/89, BFHE 159, 486, BStBl II 1990, 503).

Im Streitfall machen die Kläger nicht ausdrücklich die Unwirksamkeit der eigentlichen Klagerücknahme geltend. Sie sind vielmehr - entgegen der grundsätzlichen Unwiderruflichkeit der Klagerücknahme - der Auffassung, daß infolge eines konkludenten Widerrufs der Klagerücknahme das Verfahren fortzusetzen sei. Dieses Begehren ist genauso zu behandeln wie die Geltendmachung einer (ursprünglichen) Unwirksamkeit der Klagerücknahme. Das FG wird darüber in dem fortzusetzenden Verfahren zu entscheiden haben (vgl. Senatsurteil in BFHE 159, 486, BStBl II 1990, 503).

 

Fundstellen

BFH/NV 1993, 481

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