Leitsatz (amtlich)

Ist eine Revision auf die Nichtzulassungsbeschwerde noch vor dem 1. Januar 1979 zugelassen, aber erst nach dem 31. Dezember 1978 eingelegt worden, kann der Kläger im Revisionsverfahren nicht durch einen Steuerbevollmächtigten wirksam vertreten werden.

 

Normenkette

BFH-EntlastG Art. 1 Nr. 1, Art. 2 Nr. 1; GKG § 8 Abs. 1 S. 3

 

Tatbestand

Das Urteil des Finanzgerichts (FG), mit dem die Anfechtungsklage abgewiesen wurde, ist den Klägern und Revisionsklägern (Kläger) am 27. September 1978 zugestellt worden. Das Urteil enthält eine Rechtsmittelbelehrung, in der es u. a. heißt: "... Vor dem Bundesfinanzhof muß sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Steuerbevollmächtigten als Bevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Revision ..."

Der Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision hat das FG abgeholfen und die Revision durch Beschluß vom 7. November 1978, den Klägern zugestellt am 5. Dezember 1978, zugelassen.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 1978, beim FG eingegangen am 2. Januar 1979, legte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger, ein Steuerbevollmächtigter, gegen das Urteil des FG Revision ein.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 - BFH-EntlastG - (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) muß sich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen. In Verfahren, die bis zum 31.Dezember 1978 beim BFH anhängig geworden sind, konnten sich die Beteiligten abweichend von Art. 1 Nr. 1 BFH-EntlastG auch durch einen Steuerbevollmächtigten vertreten lassen (Art. 2 Nr. 1 Satz 3 BFH-EntlastG). Das Erfordernis der Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 bzw. Art. 2 Nr. 1 Satz 3 BFH-EntlastG angeführten Berufsgruppen ist Prozeßvoraussetzung; fehlt sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs, so ist dieser unwirksam.

Im Streitfall ist die Revisionsschrift am 2. Januar 1979 beim FG eingegangen. Da das Revisionsverfahren nicht bis zum 31. Dezember 1978 beim BFH anhängig geworden ist, war der Prozeßbevollmächtigte der Kläger als Steuerbevollmächtigter nicht berechtigt, die Kläger vor dem BFH zu vertreten und wirksam Revision einzulegen. Die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde noch vor dem 1. Januar 1979 bewirkte nicht die Anhängigkeit des Revisionsverfahrens beim BFH. Anhängigkeit eines Rechtsbehelfsverfahrens bedeutet das Schweben des Rechtsbehelfsverfahrens über eine Streitsache bei Gericht. Sie tritt ein mit der wirksamen Einlegung des Rechtsbehelfs. Das Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision und das Revisionsverfahren sind zwei selbständig nebeneinander stehende Rechtsbehelfsverfahren mit erheblichen rechtlichen und verfahrensmäßigen Unterschieden. Der Zeitpunkt der Anhängigkeit ist wie das Vorliegen der Prozeßvoraussetzungen für jedes dieser Verfahren gesondert zu beurteilen. Aus der Anhängigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde läßt sich daher - insbesondere auch im Hinblick auf den mit dem Entlastungsgesetz angestrebten Zweck - die Anhängigkeit des Revisionsverfahrens i. S. von Art. 2 Nr. 1 Satz 3 BFH-EntlastG nicht begründen.

Der Senat hält es für vertretbar, im Streitfall von der Kostenerhebung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 des Gerichtskostengesetzes abzusehen. Die Einlegung der Revision in unwirksamer Weise beruht auf unverschuldeter Unkenntnis der rechtlichen Verhältnisse. Im Streitfall braucht nicht darüber entschieden zu werden, ob über einen bestehenden Vertretungszwang belehrt werden muß. Wenn jedoch das FG die Kläger über den Vertretungszwang belehrte, durfte diese Belehrung nicht rechtsfehlerhaft erteilt werden.

Die erneute Einlegung der Revision unter Beachtung des Vertretungszwangs gemäß Art. 1 Nr. 1 BFH-EntlastG bleibt im Hinblick auf die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung unbenommen (§ 55 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung).

 

Fundstellen

Haufe-Index 413376

BStBl II 1979, 296

BFHE 1979, 5

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