Leitsatz (amtlich)

Die Auferlegung der außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen ist ein Teil der gerichtlichen Kostenentscheidung.

 

Normenkette

FGO § 139 Abs. 4

 

Tatbestand

Die Klägerin hatte die einheitliche Gewinnfeststellung 1955 angegriffen. Zu dem Verfahren waren die übrigen an dem festgestellten Gewinn Beteiligten (Erben in ungeteilter Gemeinschaft) von Amts wegen hinzugezogen worden. Die Berufung wurde durch das vor dem 1. Januar 1966 beschlossene, aber erst nach diesem Tag zugestellte Urteil des FG als unbegründet zurückgewiesen. Die Kosten wurden der Klägerin auferlegt. Die eingelegte Revision nahm die Klägerin am 22. Juni 1966 zurück.

Auf den Antrag der Beigeladenen vom 23. August 1966 legte das FG der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf. Zur Begründung dieses Beschlusses führte es aus: Wenngleich das Urteil in der Hauptsache bereits vor dem Inkrafttreten der FGO beschlossen worden sei, sei es nach der Rechtsprechung des BFH - Urteil VI R 80/66 vom 15. Juli 1966, BFH 86, 543, BStBl III 1966, 595 - doch erst nach dem Inkrafttreten der FGO ergangen, weil es erst nach diesem Zeitpunkt zugestellt worden sei. Die im Urteil ausgesprochene Kostenentscheidung stütze sich zwar noch auf die Vorschriften der AO. Sie entspreche jedoch auch den Vorschriften der FGO. Nach § 135 Abs. 3 FGO könnten einem Beigeladenen Kosten nur auferlegt werden, wenn er sich am Prozeß beteiligt habe. Das setze voraus, daß er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt habe und hiermit unterlegen sei. Im vorliegenden Fall hätten die Beigeladenen zwar Anträge gestellt, seien aber mit diesen Anträgen nicht unterlegen. Ihnen hätten also keine Kosten auferlegt werden können. Diese seien vielmehr nach § 135 Abs. 1 FGO allein der Klägerin auferlegt worden. Zu den Kosten des Verfahrens zählten nach § 139 Abs. 1 FGO die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. Das Urteil enthalte eine vollständige Kostenentscheidung im Sinne des § 143 FGO. Eine Urteilsberichtigung nach § 109 FGO, die an Fristen gebunden sei, brauche nicht durchgeführt zu werden. Der Ausspruch des Gerichts nach § 139 Abs. 4 FGO könne im Urteil erfolgen oder jederzeit nachgeholt werden, weil es sich um eine Entscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren über die Höhe der tatsächlich im Einzelfall zu zahlenden Kosten handle. Es liege hier ebenso wie beim Ausspruch des Gerichtes nach § 139 Abs. 3 FGO. Der Senat halte es für billig, der unterlegenen Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Gründe, sie der Staatskasse aufzuerlegen, bestünden im vorliegenden Fall nicht.

Mit ihrer Beschwerde macht die Klägerin geltend, daß das FG über die Kosten der Beigeladenen bereits in dem Urteil hätte entscheiden müssen und daß der allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Urteilsergänzung mögliche Antrag der Beigeladenen nach § 109 Abs. 2 FGO als verspätet unzulässig sei.

Die Beigeladenen beantragen ebenso wie das FA die Zurückweisung der Beschwerde. Nach ihrer Ansicht entspricht es der Billigkeit, wenn die Klägerin, die den Rechtsstreit geführt und so die Beiladung veranlaßt hat, die ihnen durch die Beiladung verursachten Kosten zu tragen hat. Sie sind der Ansicht, daß nach der Zurücknahme der Revision der BFH über die Kosten ohnehin entscheiden müsse, und beantragen dies ausdrücklich.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Beschwerde muß zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.

Ob, wie die Beigeladenen meinen, der BFH im Zusammenhang mit der Zurücknahme der Revision über die Kosten des Revisionsverfahrens und damit auch über die Kosten der Beigeladenen zu entscheiden hat, kann hier dahingestellt bleiben. Denn hier handelt es sich nicht um die im Zusammenhang mit der Zurücknahme der Revision zu treffende Kostenentscheidung, sondern allein um die Prüfung des angefochtenen Beschlusses, durch den der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auferlegt werden.

Es braucht nicht geprüft zu werden, wie die Frage nach der Tragung der außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen nach den durch die FGO außer Kraft gesetzten Vorschriften der AO zu beurteilen gewesen wäre. Wenngleich hier dem Urteil des FG, weil es vor dem Inkrafttreten der FGO beschlossen wurde, noch zu Recht die Vorschriften der AO zugrunde gelegt wurden, ist doch die Tatsache, daß das Urteil erst nach dem Inkrafttreten der FGO zugestellt wurde, für Inhalt und Umfang des Kostenerstattungsanspruchs von Bedeutung (Beschluß des Großen Senats des BFH Gr. S. 8/66 vom 18. Juli 1967, BFH 90, 156, BStBl III 1967, 59, nach dem eine Erstattung der im Vorverfahren entstandenen Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO nur dann nicht möglich ist, wenn das gerichtliche Verfahren vor dem Inkrafttreten der FGO rechtskräftig abgeschlossen wurde). Die Frage, ob hier die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen erstattungsfähig sind, hat das FG demnach mit Recht nach § 139 Abs. 4 FGO beurteilt.

Dem FG ist jedoch nicht auch darin beizutreten, daß die Entscheidung nach § 139 Abs. 4 FGO in das Kostenfestsetzungsverfahren gehöre und mit der Entscheidung über die Kosten nichts zu tun habe. Für die Erklärung über die Notwendigkeit der Beiziehung eines Bevollmächtigten nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO trifft es nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH Gr. S. 5-7/66 vom 18. Juli 1967 (BFH 90, 150, BStBl III 1967, 56) zwar zu, daß sie in das Kostenfestsetzungsverfahren fällt und vom Gericht gegebenenfalls durch einen besonderen Beschluß auszusprechen ist. Im Gegensatz hierzu ist aber, wie in dem angeführten Beschluß dargelegt wird, der Ausspruch des Gerichts nach § 139 Abs. 4 FGO Teil der gerichtlichen Kostenentscheidung nach §§ 143, 144 FGO; denn das Gericht befindet hier über Personen und den Umfang der Kostenpflicht, d. h. darüber, ob der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten tragen muß oder ob diese einem anderen Beteiligten aus Billigkeitsgründen besonders aufzuerlegen wären.

Der angefochtene Beschluß ist demnach im unrichtigen Verfahren erlassen worden und war mithin aufzuheben. Das FG muß nunmehr über den noch anhängigen Antrag im richtigen Verfahren entscheiden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412918

BStBl II 1968, 206

BFHE 1968, 65

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