Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung der Mitteilung über Weigerung des Prozeßbevollmächtigten zur Revisionsdurchführung; Kostenpflicht der Partei trotz Nichtvorlage einer Prozeßvollmacht des Prozeßbevollmächtigten

 

Leitsatz (NV)

1. Die Mitteilung einer Klägerin, daß der von ihr beauftragte Prozeßbevollmächtigte sich weigere, die von ihm (für sie) eingelegte Revision durchzuführen, ist nicht ohne weiteres als Zurücknahme der Revision aufzufassen.

2. Trotz Nichtvorlage einer schriftlichen Prozeßvollmacht des Prozeßbevollmächtigten sind die Kosten der unzulässigen Revision der Klägerin aufzuerlegen, wenn feststeht, daß die Revision im Auftrag der Klägerin eingelegt worden ist.

 

Normenkette

FGO §§ 62, 120 Abs. 1, § 125 Abs. 1 S. 1, § 135 Abs. 2

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) mit Urteil vom 10. Juni 1994 als unbegründet ab. Das Urteil wurde der Klägerin am 18. Juni 1994 zugestellt. Gegen das Urteil legte der Rechtsanwalt X namens der Klägerin Revision ein, die am 18. Juli 1994 beim FG einging. In der Revisionsschrift wurde angekündigt, daß die Revisionsbegründung rechtzeitig innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nachgereicht werde. Eine Revisionsbegründung ist bisher jedoch nicht eingegangen.

Auf § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wurde hingewiesen. Außerdem wurde Rechtsanwalt X unter Fristsetzung vergeblich zur Vorlage einer Prozeßvollmacht für das Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) aufgefordert. Unabhängig davon teilte die Klägerin persönlich mit, daß sie Rechtsanwalt X am 12. Juli 1994 Vollmacht erteilt habe, daß dieser sich aber weigere, die Revision durchzuführen, da er diese für aussichtslos halte.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revision der Klägerin ist unzulässig.

Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision spätestens innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Im Streitfall ist die Frist für die Begründung der Revision versäumt worden. Die Revisionsbegründung liegt bis heute nicht vor.

Ein Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist (§ 120 Abs. 1 Satz 2 FGO) ist vor ihrem Ablauf nicht gestellt worden. Der als Prozeßbevollmächtigter aufgetretene Rechtsanwalt X hat ferner trotz Hinweises keine Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO geltend gemacht. Solche Gründe sind auch nicht ersichtlich.

Die Revision erfüllt daher nicht die Zulässigkeitsvoraussetzungen.

2. Der Senat sieht in der Mitteilung der Klägerin, daß Rechtsanwalt X sich weigere, die Revision durchzuführen, keine Rücknahme der Revision. Da die Klägerin der Mitteilung das an sie gerichtete Schreiben des Rechtsanwalts X über die seiner Meinung nach bestehende Aussichtslosigkeit der Revision beigefügt hat, will sie offenbar eine Überprüfung der von Rechtsanwalt X dargelegten Gründe erreichen. Dies ist im Rahmen des unzulässigen Revisionsverfahrens nicht möglich.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Obwohl der Rechtsanwalt X keine schriftliche Vollmacht vorgelegt hat und daher als vollmachtloser Vertreter zu behandeln ist, sind die Kosten des Revisionsverfahrens nicht ihm, sondern der Klägerin aufzuerlegen, da aufgrund der Mitteilung der Klägerin feststeht, daß er die Revision in ihrem Auftrag eingelegt hat (vgl. BFH-Urteil vom 4. Juli 1984 II R 188/82, BFHE 142, 3, BStBl II 1984, 831; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 62 Tz. 67).

 

Fundstellen

Haufe-Index 420333

BFH/NV 1995, 1086

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