Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit der Beschwerde in einer Prozeßkostenhilfesache

 

Leitsatz (NV)

Gegen die Ablehnung eines Antrages auf Prozeßkostenhilfe durch das FG ist die Beschwerde nicht statthaft, wenn die zugehörige Hauptsache nicht zum BFH gelangen kann.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 4 S. 1; FGO § 135 Abs. 2, §§ 137, 138 Abs. 2 S. 3, § 142; GKG § 8 Abs. 1 S. 1; ZPO § 127 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Da die Klägerin (Klin.) für 1980 keine USt-Erklärung abgegeben hatte, setzte das FA die USt aufgrund von geschätzten Besteuerungsgrundlagen fest, zuzüglich eines Verspätungszuschlags. Ihr Einspruch, mit dem sie geltend machte, der von ihr mit der steuerlichen Betreuung Beauftragte erfülle weder den Auftrag noch gebe er die Unterlagen heraus, blieb ohne Erfolg.

Hierauf erhob die Klin. Klage und beantragte Prozeßkostenhilfe.

Während des Klageverfahrens reichte die Klin. ihre USt-Erklärung 1980 ein. Das FA erließ daraufhin einen geänderten USt-Bescheid 1980. Anschließend erklärten beide Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, und das FG erlegte mit Beschluß die Kosten des Verfahrens gemäß § 138 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 137 FGO der Klin. auf. Zur Begründung führte das FG aus, der Prozeßbevollmächtigte der Klin. hätte, nachdem er im Einspruchsverfahren um eine Fristverlängerung gebeten habe, unter Hinweis auf die gegen den früheren steuerlichen Berater der Klin. angestrengte Klage auf Herausgabe der Unterlagen beim FA eine weitere Fristverlängerung erwirken müssen. Ohne das entsprechende grob schuldhafte Unterlassen wäre das Klageverfahren mit Sicherheit vermieden worden.

Den Antrag auf Prozeßkostenhilfe hat das FG abgelehnt und hat dabei ausgeführt, der Klin. fehle es nicht an einem für die Prozeßführung einsetzbaren Vermögen. Die Kosten des Klageverfahrens seien ihr nur wegen grob schuldhaften Verhaltens ihres Prozeßbevollmächtigten auferlegt worden. Sie habe mithin im Innenverhältnis einen Schadensersatzanspruch gegen den Prozeßbevollmächtigten auf Freistellung von den ihr erwachsenden Kosten.

Gegen den Beschluß hat die Klin. Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, der vom FG angenommene Schadensersatzanspruch sei nicht entstanden. Ihr Prozeßbevollmächtigter habe nicht in ihrem Namen das Einspruchsverfahren geführt. Sie habe den Prozeßbevollmächtigten lediglich im Zusammenhang mit der Herausgabeklage gegen den früheren steuerlichen Berater gebeten, beim FA eine Verlängerung der Frist für die Einspruchsbegründung um drei Monate zu erwirken. Eine Vollmacht habe sie dem Prozeßbevollmächtigten erst kurz vor der Klageerhebung erteilt. Im übrigen sei es durchaus zweifelhaft, ob ein Schadensersatzanspruch, wie er vom FG angenommen worden sei, zum einzusetzenden Vermögen gehören würde.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig, da es im vorliegenden Fall an der Statthaftigkeit der Beschwerde fehlt.

1. Wie der BFH entschieden hat (vgl. BFH-Beschluß vom 14. Mai 1982 VIII B 1/82, BFHE 136, 53, BStBl II 1982, 600), ist gegen die Ablehnung der Prozeßkostenhilfe durch das FG die Beschwerde nicht statthaft, wenn das zugehörige Hauptsacheverfahren nicht an den BFH gelangen kann. Nach § 142 FGO i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO findet gegen ablehnende Entscheidungen über die Prozeßkostenhilfe die Beschwerde statt, es sei denn, daß das Berufungsgericht die Entscheidung getroffen hat. Aus dieser Regelung wird entnommen, daß die Beschwerde in einer Prozeßkostenhilfesache nicht an diejenige höhere Instanz gerichtet werden kann, an welche die zugehörige Hauptsache nicht zu kommen vermag. Eine Beschwerde ist mithin auch nicht gegen die Ablehnung der Prozeßkostenhilfe durch das FG zulässig, wenn die zugehörige Hauptsache nicht an den BFH gelangen kann.

Nichts Gegenteiliges ergibt sich für den vorliegenden Fall aus dem Beschluß des BFH vom 22. Juni 1983 I B 24/83 (BFHE 138, 520, BStBl II 1983, 644). In dieser Entscheidung hat der BFH ausgesprochen, die Beschwerde gegen die Verweigerung der Prozeßkostenhilfe sei auch dann statthaft, wenn wegen des niedrigeren Streitwerts der Hauptsache zwar nicht unmittelbar Streitwertrevision beim BFH eingelegt werden kann, die Hauptsache aber dadurch an den BFH zu gelangen vermag, daß die Revision zugelassen wird oder der Antragsteller (Ast.) ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwerts eine zulassungsfreie Revision einlegt. Bei der betreffenden Hauptsache handelte es sich um eine Klage, für die die finanzgerichtliche Instanz noch nicht abgeschlossen war.

Prozessuale Verhältnisse, unter denen die zugehörige Hauptsache nicht an den BFH gelangen kann, liegen hier vor. Das Hauptsacheverfahren ist durch beiderseitige Erledigungserklärungen in der Hauptsache erledigt worden. Außerdem hat das FG zugleich mit dem Beschluß, durch den der Antrag auf Prozeßkostenhilfe abgelehnt worden ist, einen Kostenbeschluß gemäß § 138 FGO erlassen, der nicht mit Rechtsbehelfen anfechtbar ist (vgl. Artikel 1 Nr. 4 Satz 1 BFHEntlG). Unter diesen Umständen ist es ausgeschlossen, daß der BFH noch mit dem Hauptsacheverfahren befaßt werden kann.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

3. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG wird von der Erhebung von Kosten (Gebühren und Auslagen) für das Beschwerdeverfahren abgesehen, da diese nicht entstanden wären, wenn das FG nicht die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung erteilt hätte, die Beschwerde sei zulässig.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413805

BFH/NV 1986, 105

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