Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung der AdV eines GrESt-Bescheides beim Erwerb eines Reihenhauses im Bauherrenmodell

 

Leitsatz (NV)

1. Gegenstand eines der GrESt unterliegenden Erwerbsvorganges kann das bebaute Grundstück sein, wenn es dem Erwerber auf Grund des Zwanges zum Abschluß eines Treuhandvertrages als Zugangsvoraussetzung zum Grundstückskaufvertrag nur möglich ist, ein weitestgehend vorformuliertes komplettes Vertragswerk zu akzeptieren, das ihn nur bei absoluter Vertragstreue letztendlich in den Genuß des fertiggestellten Reihenhauses bringen soll.

2. Für die Inanspruchnahme des am Erwerbsvorgang als Erwerber Beteiligten (§ 13 Nr. 1 GrEStG 1983) ist es unerheblich, ob der Grundstücksverkäufer im selben Umfang Gesamtschuldner der GrESt ist, insbesondere ob er Veräußerer des bebauten Grundstücks ist.

3. Schulden Erwerber und Veräußerer denselben GrESt-Betrag, so steht es dem FA frei, den Erwerber auf einen Teilbetrag in Anspruch zu nehmen.

4. Zur grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage beim Grundstückserwerb im Bauherrenmodell.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 8 Abs. 1, § 13 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Z-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Z) bot den zukünftigen Bauherren des Bauvorhabens . . ., bestehend aus insgesamt . . . Reiheneigenheimen, . . . Garagen, . . . PKW-Stellplätzen und einem Kinderspielplatz, in notariell beurkundeter Form am 25. November 1983 den Abschluß eines Treuhandvertrages an. In dem Angebot sind die zur Bebauung vorgesehenen Grundstücke, ein Areal von . . . qm, näher bezeichnet. Das Angebot sollte nur von solchen zukünftigen Bauherren angenommen werden können, die von der A-AG benannt worden sind. Die A-AG hatte über den Bauabschnitt I einen Prospekt herausgegeben, aus dem sich die vorgesehenen Partner (u. a. A-AG für Vertrieb, Kostengarantie der Notar- und Gerichtskosten sowie Konzeption, Z für Treuhandschaft und Steuerberatung) ergaben. Der Prospekt enthält eine Lagebeschreibung mit Lageplan, Grundrißzeichnungen, die Baubeschreibung und eine Kostenübersicht, in der Gesamtaufwand für Reihenhaus und PKW-Platz bzw. Garage für jedes der Objekte dieses Bauabschnittes gesondert ausgewiesen ist. Nach dem Inhalt des Treuhandvertragsangebots beauftragte der Treugeber den Treuhänder, seine Rechte und Interessen bei der Durchführung des Bauvorhabens umfassend wahrzunehmen und die in diesem Zusammenhang erforderlichen Rechtshandlungen im Namen und für Rechnung des Treugebers vorzunehmen. Dabei hatte der Treuhänder insbesondere folgende Rechtsgeschäfte vorzunehmen:

Grundstückskaufvertrag, Gesellschaftsvertrag der Bauherren gemäß einer Anlage zur Urkunde Baubetreuungsvertrag, Belastungen des Grundbesitzes, Bewilligungen und Einträge jeder Art zum Grundbuch, Abruf und Vornahme sowie Entgegennahme von Zahlungen, Abschluß von Darlehensverträgen für die Zwischenfinanzierung und die Endfinanzierung bis zur Höhe des Gesamtaufwands zuzüglich Damnum und Zinsen, Finanzierungsvermittlungsverträge, Bürgschafts- und Ausbietungsgarantievertrag, Zinshöchstkostengarantievertrag und Mietervermittlungsvertrag, wenn und soweit der Treugeber diese Leistungen und Garantien in Anspruch nehmen will und entsprechende Vollmachten bei der Annahme erteilt, übliche Versicherungsverträge, Verwalterverträge sowie weitere zur ordnungsgemäßen Durchführung des Bauvorhabens erforderliche - nicht näher benannte - Verträge.

Weiter heißt es in dem Angebot: ,,Es besteht zwischen den Parteien Einigkeit darüber, daß der Treuhänder für den Treugeber nur den Abschluß und die Durchführung der dem . . . Angebot beigefügten, vorformulierten Verträge mit den dort genannten Vertragspartnern und den Abschluß der Zwischen- und Endfinanzierung übernimmt, unbeschadet des Rechts, die Verträge mit gleichem wirtschaftlichen Inhalt mit anderen Vertragspartnern abzuschließen, wenn ihm dies zur Wahrung der Interessen des Treugebers oder der Bauherrengemeinschaft . . . als zweckdienlich erscheint. Unter Abschnitt . . . der Angebotsurkunde wird dem Treuhänder das Recht eingeräumt, den Treugeber aus wichtigem Grund aus der Bauherrengemeinschaft auszuschließen." Der Angebotsurkunde waren folgende Anlagen beigefügt:

vorformulierte Annahmeerklärung mit Vollmacht, Bauherrengemeinschaftsvertrag, Baubetreuungs- und Geschäftsbesorgungsvertrag sowie Garantievertrag über die Bauhöchstkosten und den Fertigstellungstermin, Kostenschema für Reihenmittel- bzw. Reihenendhaus in absoluten Beträgen und in Vomhundertsätzen des Gesamtaufwands sowie für Stellplatz und Garage, Planungsvorschlag und Baubeschreibung, Lageplan und Grundstücksbedarf für jede Einheit, Vertrag über Bürgschaft für die Zwischenfinanzierung, Zinskostengarantievertrag, Zwischenfinanzierungsvermittlungsvertrag, Endfinanzierungsvermittlungsvertrag, Ausbietungsgarantievertrag und Mietervermittlungsvertrag.

Am 23. Dezember 1983 hat der Ast. das Treuhandangebot der Z in notarieller Form angenommen, und zwar bezüglich der Parzelle Nr. . . . mit einem Gesamtaufwand von . . . DM. Gleichzeitig erteilte der Ast. der Z Vollmacht zum Abschluß aller im Angebot genannten Verträge sowie zur Durchführung von im Gesellschaftsvertrag für den Ausschluß bzw. das Ausscheiden von Gesellschaftern vorgesehenen Rechtshandlungen.

Am 18. April 1984 schloß der Ast., vertreten durch die Z, mit S einen Kaufvertrag über eine noch zu vermessende Teilfläche aus dessen dort näher bezeichneten Grundbesitz im Ausmaß von etwa . . . qm zum Kaufpreis von . . . DM. Die mit dem Vertrag und seiner Durchführung verbundenen Notar- und Gerichtskosten sollte der Ast., die Löschungskosten und etwa anfallende GrESt unabhängig von der Höhe der Veräußerer tragen.

Das FA setzte zunächst GrESt in Höhe von . . . DM mit Bescheid vom 19. Juni 1984 und mit Änderungsbescheid vom 17. März 1987 in Höhe von . . . DM gegenüber dem Veräußerer fest. Die Änderung ging auf Feststellungen der Großbetriebsprüfungsstelle zurück. Auf den Einspruch des Veräußerers gegen den Änderungsbescheid und dessen Vorbringen, daß er mit der Bauherrengemeinschaft als solcher nicht in Verbindung zu bringen sei, hob das FA den Änderungsbescheid vom 17. März 1987 auf.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 1987 kündigte das FA dem Ast. an, es gehe entsprechend der Rechtsprechung des BFH davon aus, daß er ein bebautes Grundstück erworben habe, und beabsichtige demgemäß, GrESt gegen ihn festzusetzen, auf die die bereits vom Veräußerer entrichtete GrESt angerechnet werden solle. Das FA gab dem Ast. Gelegenheit, innerhalb von vier Wochen Stellung zu nehmen.

Am 25. Januar 1988 erließ das FA gegenüber dem Ast. einen GrESt-Bescheid, mit dem es die Steuer auf . . . DM festsetzte und darauf die vom Veräußerer bezahlte Steuer anrechnete. Die Besteuerungsgrundlage berechnete das FA auf . . . DM, indem es den Gesamtaufwand um die Zwischenfinanzierungszinsen, die im Zusammenhang mit der Vermittlung der Endfinanzierung, der Steuerberatung und der Mietervermittlung stehenden Posten sowie um geringwertige Wirtschaftsgüter, Notarkosten für den Grundstückskaufvertrag und die GrESt kürzte.

Gegen diesen Bescheid hat der Ast. Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung begehrt. Mit Einspruchsentscheidung vom 11. März 1988 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Gleichzeitig lehnte es den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab.

Mit der Klage, über die noch nicht entschieden ist, begehrt der Ast. die Aufhebung der GrESt-Festsetzung, hilfsweise die GrESt auf den Betrag herabzusetzen, der einer Bemessungsgrundlage entspricht, bei der alle nicht bei der Festsetzung der GrESt berücksichtigungsfähigen Nebenleistungen (z. B. Kosten der Ausbietungsgarantie, Notar- und Gerichtskosten für den Finanzierungsbereich, Kosten der Zinshöchstkostengarantie, die gesamten Bauzeitzinsen sowie die bei dem Projekt angefallene USt) ausgeschieden sind. Gleichzeitig mit der Klage wurde Antrag gemäß § 69 Abs. 3 FGO gestellt.

Der Ast. ist der Auffassung, Gegenstand des der GrESt unterliegenden Erwerbsvorgangs sei lediglich das unbebaute Grundstück gewesen. Das FA hätte bei Annahme eines einheitlichen Vertragswerks den Veräußerer auf die volle Steuer in Anspruch nehmen müssen, seine Inanspruchnahme als Erwerber sei rechtsfehlerhaft. Weiter trägt der Ast. vor, der gegen ihn gerichtete GrESt-Bescheid sei inhaltlich nicht genügend bestimmt, weil in ihm nur pauschal auf die §§ 1, 9 und 11 GrEStG 1983 verwiesen werde.

Das FG hat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des GrESt-Bescheids vom 25. Januar 1988 abgewiesen.Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde verfolgt der Ast. sein Vollziehungsaussetzungsbegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde des Ast. ist unbegründet.

1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß der angefochtene GrESt-Bescheid vom 25. Januar 1988 im Hinblick auf die ihm beigefügte Anlage sowie das Ankündigungsschreiben vom 15. Dezember 1987 den Anforderungen des § 119 Abs. 1 AO 1977 genügt. Seinen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen.

2. Dem FG ist darin beizupflichten, daß es ernstliche Zweifel daran verneint hat, daß Gegenstand des der GrESt unterliegenden Erwerbsvorgangs das bebaute Grundstück darstellt. Dies ergibt sich aus dem Inhalt des Treuhandvertrages, der einerseits die Grundlage für alle das Projekt betreffenden Rechtshandlungen bildet, wie sie dort beschrieben werden und im Prospekt vorskizziert waren und andererseits die rechtliche Verflechtung aller dieser Rechtshandlungen bewirkt. Denn dem Ast. war es durch den Zwang zum Abschluß des Treuhandvertrages als Zugangsvoraussetzung zum Grundstückskaufvertrag nur möglich, ein weitestgehend vorformuliertes komplettes Vertragswerk anzunehmen, das ihn nur bei absoluter Vertragstreue letztendlich in den Genuß des fertiggestellten Reihenhauses bringen sollte (vgl. auch Senatsbeschluß vom 21. Dezember 1988 II B 47/88, BFHE 155, 419, BStBl II 1989, 333).

3. Auch die Einwendungen des Ast. gegen seine Heranziehung zur GrESt als Erwerber hat das FG zutreffend nicht für durchgreifend erachtet. Der Ast. ist als an dem Erwerbsvorgang als Erwerber Beteiligter Steuerschuldner nach § 13 Nr. 1 GrEStG 1983. Für den Umfang der GrESt-Pflicht des Ast. ist es dabei unbeachtlich, ob der Grundstücksverkäufer im gleichen Umfang wie er Gesamtschuldner der Steuer ist, ob also dieser als Veräußerer des bebauten Grundstücks anzusehen ist. Selbst wenn das der Fall sein sollte, was hier offenbleiben kann, stand es dem FA frei, sich hinsichtlich der GrESt auch in einem Teilbetrag an den Ast. zu halten (vgl. dazu schon Senatsurteil vom 13. Mai 1987 II R 189/83, BFHE 149, 514, BStBl II 1988, 188), zumal sich der Veräußerer hinsichtlich der nicht aus dem Grundstückskaufpreis entfallenden Teilschuld gegen seine Inanspruchnahme gewendet hatte.

4. Das FG hat auch ohne Rechtsfehler ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids im Hinblick auf die in diesem angesetzte Bemessungsgrundlage verneint. Denn in die Gegenleistung im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinn sind bei einem Grundstückserwerb ,,im Bauherrenmodell" stets zumindest die Leistungsbestandteile einzubeziehen, die das Grundstück in dem Zustand betreffen, in dem es zum Gegenstand des Erwerbsvorganges gemacht wird (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 1989 II R 95/87, BFHE 157, 248, BStBl II 1989, 685, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird).

 

Fundstellen

Haufe-Index 416714

BFH/NV 1990, 801

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