Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäftsführerhaftung: Anteilige Tilgung auch bei Steuerschuld nach § 14 Abs. 3 UStG?

 

Leitsatz (NV)

1. Zum Steuerentstehungstatbestand des § 14 Abs. 3 UStG.

2. Die schwierige und bislang noch nicht hinreichend geklärte Rechtsfrage einer Anwendung des Grundsatzes der anteiligen Tilgung auf Fälle, in denen die dem Haftungsbescheid zugrundeliegende Steuerschuld nach § 14 Abs. 3 UStG entstanden ist, darf im PKH-Verfahren nicht abschließend zu Lasten des Antragstellers entschieden werden.

 

Normenkette

UStG 1980 § 14 Abs. 3; AO 1977 § 34 Abs. 1, §§ 69, 71, 361 Abs. 2; FGO § 142 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) war Geschäftsführer der X-GmbH, die ihrerseits Komplementärin der X-GmbH & Co. KG war. Nach dem Gesellschaftsvertrag war die GmbH zur Geschäftsführung und Vertretung der KG allein berechtigt und verpflichtet. Die GmbH geriet in Liquidation; der zuletzt bestellte Liquidator hat sein Amt niedergelegt. Der Antrag der KG auf Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen wurde mangels Masse vom Amtsgericht abgelehnt.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) erließ am... gegen den Antragsteller einen Haftungsbescheid gemäß den §§ 191, 69, 34 und 71 der Abgabenordnung (AO 1977), wonach dieser für Umsatzsteuerrückstände der KG aus den Jahren ... haften sollte. Zur Begründung führte das FA an, nach dem Ergebnis einer bei der KG durchgeführten Außenprüfung stehe fest, daß die KG der Y-GmbH in den betreffenden Jahren mehrere Rechnungen mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer erteilt habe, ohne die entsprechenden Leistungen erbracht zu haben. Die Rechnungen betreffend die Jahre ..., die vom Antragsteller selbst erteilt worden seien, seien weder in der Buchführung der KG erfaßt noch sei die entsprechende Umsatzsteuer angemeldet worden. Die Y-GmbH habe sie hingegen als Betriebsausgaben mit Vorsteuerabzug buchmäßig erfaßt. Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller ist wegen Verfolgungsverjährung eingestellt worden.

Gegen den Haftungsbescheid legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung. Der Aussetzungsantrag hatte hinsichtlich der geltend gemachten Umsatzsteuer ... Erfolg, wurde im übrigen aber als unbegründet zurückgewiesen. In diesem Umfang hat der Antragsteller hierauf Klage auf Aussetzung der Vollziehung erhoben und beantragt, ihm hierzu Prozeßkostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seines Prozeßbevollmächtigten zu gewähren.

Das Finanzgericht (FG) lehnte den PKH-Antrag ab, weil nach seiner Auffassung die Aussetzungsklage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Es beständen keine ernstlichen Zweifel daran, daß das FA den Antragsteller zu Recht als Haftenden für die Umsatzsteuerverbindlichkeiten der KG in Anspruch genommen habe. Seine Haftung für die gemäß § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) entstandene Steuer sei sowohl als Geschäftsführer der GmbH (§ 69 Satz 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO 1977) als auch als Steuerhinterzieher (§ 71 AO 1977) begründet. Als Geschäftsführer habe er grob schuldhaft die Steuer nicht angemeldet und nicht abgeführt, obwohl ihm bewußt gewesen sei, daß aus den Scheinrechnungen entsprechende steuerrechtliche Konsequenzen gezogen werden müßten. Sein Einwand, er habe lediglich auf Anweisung des Gesellschafters T gehandelt, entlaste ihn nicht, da er sich seinen gesetzlichen Verpflichtungen nicht durch Berufung auf privatrechtliche Vereinbarungen entziehen könne. Da er die Scheinrechnungen selbst bewußt und gewollt erstellt habe und es ihm klar gewesen sei, daß die durch die Rechnungen ausgelöste Umsatzsteuer anzumelden und abzuführen gewesen sei, habe er auch durch die entsprechenden Unterlassungen dem FA zumindest bedingt vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht und dadurch Steuern verkürzt (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 AO 1977).

Der Grundsatz der anteiligen Tilgung sei im vorliegenden Fall, in dem Scheinrechnungen erstellt und dadurch künstlich Umsätze fingiert worden seien, die dann aufgrund des Gefährdungstatbestandscharakters des § 14 Abs. 3 UStG die Umsatzsteuer entstehen ließen, nicht zugunsten des Antragstellers anzuwenden. Die gegenteilige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) beziehe sich nur auf Fälle, in denen Umsatzsteuer für tatsächlich getätigte Umsätze nicht angemeldet und nicht abgeführt worden sei. Gleichgültig, ob man § 14 Abs. 3 UStG mit dem BFH als Gefährdungstatbestand oder - so das FG - als schuldgewordenen Haftungstatbestand auffasse, sei in jedem Fall für eine Begrenzung der Haftung für eine Umsatzsteuerschuld nach § 14 Abs. 3 UStG wegen des Grundsatzes der anteiligen Tilgung kein Raum.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren, ihm für die Aussetzungsklage PKH unter Beiordnung seines Anwalts zu gewähren, weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) ist PKH zu bewilligen, wenn der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der beabsichtigten Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und wenn ferner diese Prozeßführung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund dessen Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und deshalb bei summarischer Prüfung für den Eintritt des angestrebten Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (vgl. BFH-Beschluß vom 16. Dezember 1986 VIII B 115/86, BFHE 148, 215, BStBl II 1987, 217). Wird, wie im Streitfall, PKH für eine Aussetzungsklage nach § 361 AO 1977 in der vor dem 1. Januar 1993 gültigen Fassung beantragt, so genügt bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen und damit die Aussetzungsklage Erfolg hat (§ 361 Abs. 2 Satz 2 AO 1977). Sind hiernach vernünftige Zweifel nicht von vornherein von der Hand zu weisen, muß PKH für eine Aussetzungsklage bewilligt werden.

Das PKH-Verfahren soll den grundrechtlich gewährten Rechtsschutz für weniger Bemittelte zugänglich machen. Deshalb dürfen die Fachgerichte die Anforderungen an die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung nicht überspannen, denn dadurch würde gerade der Zweck der PKH vereitelt (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 13. März 1990 2 BvR 94/88 u.a., BVerfGE 81, 347, 358f.; BFH-Beschluß vom 6. Februar 1987 III B 169, 170/86, BFH/NV 1987, 322). Bei der Abwägung der für und gegen den Erfolg sprechenden Umstände darf eine abschließende Prüfung nicht vorgenommen werden (BFH-Beschluß vom 25. März 1986 III B 5-6/86, BFHE 146, 223, BStBl II 1986, 526). Insbesondere dürfen schwierige, bislang nicht hinreichend geklärte Rechts- und Tatfragen nicht im PKH-Verfahren entschieden werden (s. zuletzt BVerfG-Beschluß vom 14. Juli 1993 1 BvR 1523/92, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1994, 241).

2. Bei Anwendung der dargelegten Grundsätze hat die Beschwerde des Antragstellers zumindest deshalb Erfolg, weil das FG die schwierige und bislang noch nicht hinreichend geklärte Rechtsfrage der Anwendung des Grundsatzes der anteiligen Tilgung auf Fälle, in denen die dem Haftungsbescheid zugrundeliegende Steuerschuld nach § 14 Abs. 3 UStG entstanden ist, bereits im PKH-Verfahren abschließend zu Lasten des Antragstellers entschieden hat.

a) Der Senat folgt dem FG zunächst darin, daß vernünftige Zweifel in dem dargelegten Sinne weder an der Erfüllung des dem Haftungsbescheid zugrundeliegenden Steuertatbestands noch an der Verwirklichung der dem Antragsteller zur Last gelegten Haftungstatbestände bestehen. Die hiergegen mit der Beschwerde vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

aa) Zur Verwirklichung des Steuerentstehungstatbestandes des § 14 Abs. 3 UStG reicht es aus, daß jemand in einem Abrechnungspapier (sog. andere Urkunde i.S. des § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG), mit dem er wie ein leistender Unternehmer abrechnet, einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt, und dieses Papier dann in den Verkehr bringt (BFH-Urteil vom 21. Februar 1980 V R 146/73, BFHE 129, 569, BStBl II 1980, 283). Diese Situation liegt im Streitfall vor, denn der Antragsteller hat als Geschäftsführer der allein vertretungsberechtigten X-GmbH namens der von dieser vertretenen KG in zwei Abrechnungspapieren aus den Jahren ... Umsatzsteuerbeträge gesondert ausgewiesen, ohne daß die entsprechenden Leistungen von der KG erbracht worden sind. Die KG ist damit Schuldnerin der ausgewiesenen Beträge geworden (§ 14 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 13 Abs. 2 und Abs. 1 Nr. 4 UStG).

Entgegen der Meinung des Antragstellers brauchen die Abrechnungspapiere die begrifflichen Merkmale einer Rechnung (§ 14 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG) nicht zu erfüllen (vgl. BFH-Urteil vom 28. Januar 1993 V R 75/88, BFHE 171, 94, BStBl II 1993, 357). Die von ihm als fehlend beanstandeten Angaben sind folglich im Rahmen des § 14 Abs. 3 UStG ohne Bedeutung.

Auch die Ausführungen des Antragstellers zur Rechtsnatur des § 14 Abs. 3 UStG und die in diesem Zusammenhang geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gehen fehl. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH soll § 14 Abs. 3 UStG Mißbräuche durch Ausstellung von Rechnungen mit offenem Steuerausweis verhindern. Dementsprechend ist die Vorschrift als Gefährdungstatbestand ausgestaltet. Wer mit einer Rechnung oder einer anderen Urkunde das Umsatzsteueraufkommen gefährdet oder schädigt, muß hierfür einstehen. Auf ein vorwerfbares Verhalten kommt es nicht an. Der gesetzliche Tatbestand verlangt weder, daß der Aussteller der Urkunde ihre mißbräuchliche Verwendung kennt, noch ist eine dahingehende Absicht erforderlich (vgl. BFH-Urteile vom 5. August 1988 X R 66/82, BFHE 155, 193, BStBl II 1988, 1019, und vom 16. März 1993 XI R 103/90, BFHE 171, 125, BStBl II 1993, 531). Die Ausgestaltung der Vorschrift als Gefährdungstatbestand ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG-Beschluß vom 5. Mai 1992 2 BvR 271/92, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1992, 208). Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift, etwa die Berücksichtigung subjektiver Elemente oder des Ausmaßes der Steuergefährdung nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles, scheidet aus, denn dadurch verlöre die Vorschrift ihre generalpräventive Wirkung. Sie wäre dann lediglich eine Art Ausfallhaftung und damit in ihrer Zielsetzung und in ihrem Anwendungsbereich entscheidend reduziert (BFH-Urteile vom 10. Dezember 1981 V R 3/75, BFHE 135, 107, BStBl II 1982, 229, und vom 27. Oktober 1993 XI R 99/90, BFHE 172, 555).

Soweit der Antragsteller vorbringt, er habe bei der Ausstellung der betreffenden Rechnungen weder sichere Kenntnis noch die Vermutung gehabt, daß die berechneten Leistungen nicht erbracht werden sollten, beruft er sich möglicherweise auf die Zulässigkeit von Vorausrechnungen, die grundsätzlich nicht vom Tatbestand des § 14 Abs. 3 UStG erfaßt werden. Das gilt allerdings nur, wenn der Aussteller des Abrechnungspapiers bei dessen Begebung nachweisbar willens und in der Lage ist, die in diesem Papier beschriebene Leistung aufgrund eingegangener Verpflichtung alsbald zu erbringen (vgl. die BFH-Urteile in BFHE 129, 569, BStBl II 1980, 283, und vom 20. März 1980 V R 131/74, BFHE 130,122, BStBl II 1980, 287). Diese Voraussetzungen, insbesondere das Bestehen einer bereits eingegangenen Verpflichtung, sind im Streitfall ersichtlich nicht erfüllt.

bb) Mit dem FG geht der Senat nach der gebotenen summarischen Prüfung auch davon aus, daß der Antragsteller sowohl den Haftungstatbestand des § 69 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO 1977 als auch den Haftungstatbestand des § 71 AO 1977 verwirklicht hat (wird ausgeführt).

b) Zu Unrecht hat allerdings das FG die Frage, ob die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der anteiligen Tilgung, die grundsätzlich auch im Falle einer konkurrierenden Haftung nach § 71 AO 1977 greifen (BFH-Urteil vom 26. August 1992 VII R 50/91, BFHE 169, 13, BStBl II 1993, 8), auch dann anzuwenden sind, wenn die der Haftung zugrundeliegende Steuerschuld nach § 14 Abs. 3 UStG entstanden ist, bereits im PKH-Verfahren zu Lasten des Antragstellers entschieden.

Diese Rechtsfrage ist bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden worden, und auch das Schrifttum gibt wenig dafür her (vgl. aber andeutungsweise Wilcke, Die Steuerhaftung des GmbH-Geschäftsführers, Steuerliche Vierteljahresschrift - StVj - 1990, 146, 154). Die Gründe, die das FG für seine ablehnende Ansicht anführt, sind nicht so beschaffen, daß sie ohne weiteres zu überzeugen vermögen. Für eine Differenzierung kann nicht allein entscheidend sein, daß die bisher in der Rechtsprechung entschiedenen Sachverhalte insofern anders gelagert sind, als es bei diesen um tatsächlich getätigte Umsätze, im Streitfall jedoch um einen künstlich fingierten Umsatz geht, bei dem sozusagen sehenden Auges der Steueranspruch zur Entstehung gebracht wird (Wilcke, StVj 1990,154). Auch die Rechtsnatur des Steuertatbestands gibt für die Lösung des Problems wenig her, da hier keine Frage der Steuerschuld, sondern ein Problem der Haftung für diese Schuld zu entscheiden ist. Gewiß fällt der Steuertatbestand des § 14 Abs. 3 UStG insofern aus dem Rahmen, als die Steuer bereits im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung entsteht (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG) und nicht erst, wie bei tatsächlich getätigten Umsätzen, mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt oder die Entgelte vereinnahmt worden sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG). Es ist aber auch zu berücksichtigen, daß die Steuer nach § 14 Abs. 3 UStG ihre Eigenständigkeit durch das Besteuerungsverfahren wieder verliert, denn sie ist vom Steuerschuldner, wenn auch als getrennter Posten, erst in der betreffenden Voranmeldung zusammen mit der Umsatzsteuer aus tatsächlich durchgeführten Umsätzen anzumelden und zu berechnen (§ 18 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 4 UStG). Unter diesen Umständen erscheint es dem Senat nicht von vornherein als ausgeschlossen, daß der Grundsatz der anteiligen Tilgung auch im Streitfall zur Anwendung kommen könnte. Jedenfalls aber ist die schwierige, noch ungeklärte Rechtsfrage nicht so klar und eindeutig zu beurteilen, daß sie nach den eingangs geschilderten Grundsätzen bereits abschließend im PKH-Verfahren entschieden werden dürfte. Dies hat das FG verkannt.

3. Die Sache ist nicht spruchreif, da das FG - von seinem Standpunkt aus zutreffend - keine tatsächlichen Feststellungen zu den in den betreffenden Zeiträumen verfügbaren Zahlungsmitteln der KG und ggf. zur Frage der Höhe der Tilgungsquote getroffen hat. Der Senat verweist deshalb die Sache unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an das FG zurück (§§ 132, 155 FGO i.V.m. § 575 ZPO).

Da nach dem gegenwärtigen Sachstand die beabsichtigte Rechtsverfolgung allenfalls teilweise Aussicht auf Erfolg hätte, nämlich in Höhe des die durchschnittliche Tilgungsquote überschreitenden Differenzbetrags, käme überhaupt lediglich eine teilweise Gewährung der PKH in Betracht. Das FG wird daher zunächst Feststellungen zur Frage der Tilungsquote zu treffen haben. Auf die Feststellungslast, die nach der Rechtsprechung des Senats im Falle der Haftung nach § 71 AO 1977 beim Steuerhinterzieher liegt (BFHE 169, 13, 20, BStBl II 1993, 8), darf dabei erst dann abgestellt werden, wenn sich der hypothetische Geschehensablauf nicht mit einer vernünftige Zweifel ausschließenden Sicherheit, ggf. auch im Wege der Schätzung (§ 162 AO 1977), feststellen läßt. Auch dabei ist zu berücksichtigen, daß im PKH-Verfahren eine abschließende Prüfung nicht vorgenommen und die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden dürfen.

Käme hiernach der Grundsatz der anteiligen Tilgung zum Tragen und ständen keine anderen Hindernisse entgegen (z.B. die Vereitelung einer aussichtsreichen Vollstreckungmöglichkeit des FA, vgl. Senatsbeschluß vom 8. Oktober 1991 VII S 39/91, BFH/NV 1992, 79), müßte das FG, sofern die übrigen für die Bewilligung der PKH erforderlichen Voraussetzungen des § 114 ZPO erfüllt sind, die PKH teilweise bewilligen. Über die Rechtsfrage, ob der Grundsatz der anteiligen Tilgung auch im Fall des § 14 Abs. 3 UStG gilt, wäre dann zunächst im Aussetzungsverfahren nach Maßgabe des § 361 Abs. 2 AO 1977 zu befinden. In dieser Entscheidung hat der Senat das FG nicht gebunden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419760

BFH/NV 1994, 603

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