Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwertungsbefugnis an einem Grundstück

 

Leitsatz (NV)

1. Die Auffassung, daß eine Verwertungsbefugnis im Sinne § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 auch dann vorliegen kann, wenn nicht alle Merkmale einer bestimmten Fallkonstellation, wie z. B. beim atypischen Maklervertrag, erfüllt sind, weicht nicht ab von der Rechtsprechung des BFH.

2. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG 1983 kann auch erfüllt sein, wenn der Grundstückseigentümer selbst die Verwertung des Grundstücks - d. h. dessen Veräußerung - durchführt.

 

Normenkette

GrEStG 1983 § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) weicht nicht ab i. S. § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) von den Entscheidungen des erkennenden Senats vom 14. September 1988 II R 116/85 (BFHE 155, 153, BStBl II 1989, 52), vom 18. Dezember 1985 II R 180/83 (BFHE 145, 451, BStBl II 1986, 417) und vom 10. November 1976 II R 95/71 (BFHE 120, 412, BStBl II 1977, 166).

Das FG sieht den Tatbestand des § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) erfüllt an, wenn jemandem ohne Begründung eines Übereignungsanspruchs der Substanzwert eines Grundstücks übertragen wird, sei es dadurch, daß ihm Besitz- und Nutzungsrechte eingeräumt, sei es daß er in die Lage versetzt wird, das Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Im Streitfall sei dem Kläger durch die Vereinbarungen vom 6. Juni 1980 und die in Ausführung des Sinngehalts dieser Vereinbarungen ergänzenden Maßnahmen die Verwertungsbefugnis eingeräumt worden, denn die Rechtsstellung des Klägers entspreche nach ihrem Gesamtbild der Stellung eines typischen Zwischenerwerbers, auf dessen Kosten und für dessen Rechnung Grundbesitz verwertet werde. Auf die spezielle Rechtsprechung des Senats zum atypischen Maklervertrag bezieht sich die Entscheidung des FG nur beispielhaft (,,insbesondere") und stellt ausdrücklich klar, daß eine Verwertungsbefugnis auch in anderen Fällen bejaht werden könne, selbst wenn nicht alle Merkmale bestimmter Fallkonstellationen, wie z. B. des genannten atypischen Maklervertrags, erfüllt seien. Damit hat das FG keinen seine Entscheidung tragenden allgemeinen Rechtssatz aufgestellt, der zu einem allgemeinen Rechtssatz in den angezogenen Entscheidungen des Senats in Widerspruch stünde. Die Auslegung des FG befindet sich vielmehr sinngemäß im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu § 1 Abs. 2 GrEStG (vgl. Urteil vom 3. Oktober 1984 II R 109/82, BFHE 142, 185, BStBl II 1985, 97).

2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Dabei kann es offenbleiben, ob die Beschwerde insoweit nicht bereits mangels ausreichender Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) unzulässig ist (vgl. den Beschluß des Senats vom 11. Februar 1987 II B 140/86, BFHE 148, 494, BStBl II 1987, 344). Es ist nicht ganz eindeutig erkennbar, welche bestimmte Rechtsfrage nach Auffassung des Klägers im Interesse der Allgemeinheit geklärt werden soll. Seinen Ausführungen läßt sich jedoch sinngemäß die Auffassung entnehmen, daß der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG grundsätzlich dann nicht erfüllt sein könne, wenn der Grundstückseigentümer selbst die Verwertung des Grundstücks - d. h. dessen Veräußerung - durchführt. Damit wird keine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen. Auch bei einem derartigen Sachverhalt kann der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG grundsätzlich erfüllt sein, wie sich aus der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den ,,Treuhandverhältnissen" ergibt (vgl. z. B. Urteil vom 28. September 1988 II R 244/85, BFHE 155, 164, BStBl II 1989, 157).

Im übrigen laufen die Ausführungen des Klägers - wie sich gerade aus den Schlußfolgerungen ergibt (,,Diese Entscheidungskriterien treffen auf den Urteilsfall nicht zu." ,,Dies hat das FG insbesondere in unzutreffender Weise entschieden.") - darauf hinaus, das FG habe seinen Einzelfall falsch entschieden. Dies kann jedoch nicht zu einer die revisionsgerichtliche Überprüfung rechtfertigenden grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache führen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416881

BFH/NV 1991, 118

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