Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei nicht beziffertem Klagebegehren

 

Leitsatz (NV)

Wird Anfechtungsklage erhoben mit dem Antrag, eine Steuerfestsetzung um einen nicht bezifferten Betrag herabzusetzen, so kann der Wert des Streitgegenstandes auf die Hälfte der festgesetzten Steuer geschätzt werden (Anschluß an BFH-Beschluß vom 12. Juli 1991 VIII E 1/91, BFH/NV 1992, 190).

 

Normenkette

GKG §§ 4, 8 Abs. 1, § 13 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Der Erinnerungsführer führte vor dem Finanzgericht (FG) einen Rechtsstreit wegen Einkommensteuer 1988 und 1989 sowie Einkommensteuer-Vorauszahlungen 1991 und 1992.

Die angefochtenen Steuerbescheide beruhten auf Schätzungen des Finanzamts (FA), da der Erinnerungsführer keine Einkommensteuererklärungen eingereicht hatte.

Das FA setzte die Einkommensteuer 1988 auf 17 626 DM und die Einkommensteuer 1989 auf 18 840 DM fest. Die vierteljährlich zu zahlenden Vorauszahlungen für 1991 und 1992 wurden auf 710 DM (jährlich 2 840 DM) festgesetzt.

Da der Erinnerungsführer seine Klage nicht begründete, hat das FG sie durch Urteil vom 5. Oktober 1994 als unzulässig abgewiesen. Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Erinnerungsführer Beschwerde eingelegt, die der erkennende Senat durch Beschluß vom 14. März 1995 als unzulässig verworfen hat.

Mit Kostenrechnung vom 25. April 1995 setzte die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) gemäß § 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) bei einem Streitwert von 36 000 DM Kosten in Höhe von 565 DM gegen den Kostenschuldner fest. Zur Erläuterung des zugrunde gelegten Streitwerts führte der Kostenbeamte aus, er habe den Streitwert im Schätzungsweg mit 50 v. H. der für die Streitjahre festgesetzten Einkommensteuern bemessen.

Hiergegen wendet sich der Erinnerungsführer mit seinem Schreiben vom 29. April 1995. Er macht geltend, der dem Kostenansatz zugrunde gelegte Streitwert sei weit überhöht. Die Kostenstelle habe zu Unrecht den Streitwert auf 36 000 DM geschätzt.

 

Entscheidungsgründe

Die Erinnerung ist zulässig, da für ihre Einlegung kein Vertretungszwang gilt (BFH- Beschluß vom 24. September 1986 VI E 2/86, BFH/NV 1987, 732).

Die Erinnerung ist zum Teil begründet.

Die vollständige Nachprüfung der Kostenrechnung des BFH vom 27. Juni 1994 im Erinnerungsverfahren (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 12. Juli 1991 VIII E 2/91, BFH/NV 1992, 54 m. w. N.) ergibt, daß die Kostenstelle bei der Festsetzung der Gerichtskosten von einem überhöhten Streitwert ausgegangen ist.

Zum Zweck der Berechnung von Gerichtskosten ist der Streitwert im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Der Streitwert des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde entspricht dem voraussichtlichen Streitwert des angestrebten Revisionsverfahrens (BFH-Beschluß in BFH/NV 1992, 54 m. w. N.).

Wird, wie im Streitfall, Anfechtungsklage erhoben mit dem Antrag, eine Steuerfestsetzung um einen nicht bezifferten und aus dem Klagevorbringen nicht errechenbaren Betrag herabzusetzen, so kann der Wert des Streitgegenstandes auf die Hälfte der festgesetzten Steuer geschätzt werden (BFH- Beschluß vom 12. Juli 1991 VIII E 1/91, BFH/NV 1992, 190 m. w. N.). Im Streitfall ist die Einkommensteuer für die Streitjahre 1988 und 1989 auf insgesamt 36 466 DM (17 626 DM und 18 840 DM) geschätzt worden. Auf der Grundlage dieser Schätzungen wurden die Einkommensteuervorauszahlungen für die Jahre 1991 und 1992 auf vierteljährlich 710 DM (jährlich 2 840 DM) festgesetzt. Die Hälfte der für die Streitjahre insgesamt festgesetzten Einkommensteuern oder Einkommensteuer- Vorauszahlungen (42 146 DM) würde somit 21 073 DM betragen. Der von der Kostenstelle des BFH angesetzte Streitwert überschreitet diesen Schätzungsrahmen um 14 927 DM und ist entsprechend herab zusetzen. Im Streitfall sind keine Umstände ersichtlich, die bei der Beurteilung der Bedeutung der Sache nach Ermessen zu einer geringeren Bestimmung des Streitwerts führen. Der Erinnerungsführer hat die Steuererklärungen für die Streitjahre nicht vorgelegt, so daß auf dieser Grundlage auch eine Berichtigung der Kostenrechnung nicht möglich ist. Die unsubstantiierte Behauptung, der Streitwert sei überhöht, kann eine Änderung der Kostenrechnung zugunsten des Erinnerungsführers nicht rechtfertigen.

Für die Höhe der Gerichtskosten ist im Streitfall die Kostentabelle zu § 11 Abs. 2 GKG i. d. F. des Kostenrechtsänderungsgesetzes vom 24. Juni 1994 (BGBl I, 1325) maßgeblich (vgl. § 73 Abs. 1 GKG). Bei einem Streitwert von 21 073 DM sind die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren auf 430 DM festzusetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423528

BFH/NV 1996, 431

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