Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf einer Prozeßvollmacht; Auferlegung der Kosten auf vollmachtlosen Vertreter

 

Leitsatz (NV)

1. Die Anzeige eines Klägers an das Gericht, daß der Prozeßbevollmächtigte keine Vollmacht habe, bringt eine erteilte Prozeßvollmacht zum Erlöschen.

2. Werden die Kosten eines Verfahrens dem vollmachtlosen Vertreter auferlegt, so ist diese Entscheidung einer nicht anfechtbaren isolierten Kostenentscheidung gleichzusetzen.

 

Normenkette

FGO § 62 Abs. 3, § 128 Abs. 4

 

Tatbestand

Steuerberater X erhob für den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Klage wegen Lohnsteuer-Jahresausgleich 1986. Auf Anforderung des Finanzgerichts (FG) legte er eine vom Kläger und seiner Ehefrau unterschriebene Blankovollmacht vor, die weder ein Datum noch einen konkreten Bezug zu dem Klageverfahren (z. B. Az.) enthielt. Später legte er noch mit einem weiteren Schriftsatz eine gleichlautende Vollmachtsurkunde vor, die wiederum vom Kläger und seiner Ehefrau unterschrieben war, die aber mit anderer Schriftfarbe handschriftlich das Datum 1. Oktober 1990 und den Zusatz "für Lohnsteuer-Jahresausgleich 1986" enthielt. Nachdem das FG ein wegen der Klage an den Prozeßbevollmächtigten gerichtetes Schreiben in Durchschrift an den Kläger gesandt hatte, wandte dieser sich mit Schreiben vom 24. Februar 1993 persönlich an das FG. Darin teilte er mit, daß die Klage ohne seine Einwilligung, und ohne ihn vorher in Kenntnis zu setzen, erhoben worden sei. Da er mit dem Klageverfahren nicht einverstanden sei, werde die Klage nicht aufrechterhalten.

Das FG stellte daraufhin durch Beschluß das Klageverfahren ein, weil die Klage zurückgenommen worden sei. Die Kosten des Verfahrens erlegte es in diesem Beschluß dem Steuerberater X auf."

Gegen den Einstellungsbeschluß" richtet sich die von Steuerberater X eingelegte Beschwerde. Die Geschäftsstelle des erkennenden Senats forderte Steuerberater X zweimal unter Fristsetzung (zuletzt bis zum 15. Oktober 1993) auf, eine Prozeßvollmacht des Klägers für das Beschwerdeverfahren vorzulegen. Steuerberater X beantragte daraufhin, für die Vorlage einer Prozeßvollmacht eine stillschweigende Fristverlängerung bis zum 30. November 1993 zu gewähren. Er hat bisher die angeforderte Vollmachtsurkunde für das Beschwerdeverfahren nicht vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Da sich die Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluß und nicht gegen die Auferlegung der Kosten auf Steuerberater X richtet, geht der Senat davon aus, daß Steuerberater X die Beschwerde für den Kläger eingelegt hat. Entgegen § 62 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat Steuerberater X jedoch nicht durch eine schriftliche Vollmachtsurkunde nachgewiesen, daß er zur Einlegung der Beschwerde bevollmächtigt war.

Die im Klageverfahren den Schriftsätzen beigefügten Vollmachtsurkunden ermächtigen Steuerberater X nicht zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens. Der Senat kann dabei offenlassen, ob sich aus dem Schreiben des Klägers an das FG vom 24. Februar 1993 ergibt, daß Steuerberater X von vornherein keine Vollmacht für das Klageverfahren hatte, und ob -- wie das FG entschieden hat -- das Schreiben eine Klagerücknahme bedeutet. Zumindest liegt jedenfalls in dem Schreiben der Widerruf der etwaigen dem Steuerberater X vorher erteilten Prozeßvollmacht. Die Anzeige eines Klägers an das Gericht, daß der Prozeßbevollmächtigte keine Vollmacht (mehr) habe, bringt nämlich eine erteilte Prozeßvollmacht zum Erlöschen (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 62 Rdnr. 45). Steuerberater X hätte deshalb seine Prozeßvollmacht für das Beschwerdeverfahren nur durch eine neue, nach dem Schreiben des Klägers an das FG erteilte, Vollmachtsurkunde nachweisen können.

Da dies bisher nicht geschehen ist, ist die Beschwerde nicht wirksam erhoben worden. Es fehlt eine Sachentscheidungsvoraussetzung für die Beschwerde (ständige Rechtsprechung; vgl. u. a. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 30. November 1988 I R 168/84, BFHE 156, 1, BStBl II 1989, 514; Gräber/Koch, a.a.O., § 62 Rdnr. 2, m. w. N.).

2. Die Beschwerde wäre im übrigen auch dann unzulässig, wenn der Senat annehmen würde, sie sei von Steuerberater X im eigenen Namen gegen die Auferlegung der Kosten eingelegt worden.

Werden die Kosten eines Verfahrens dem vollmachtlosen Prozeßbevollmächtigten auferlegt, so ist diese Entscheidung einer isolierten Kostenentscheidung gleichzusetzen (Beschluß des BFH vom 11. November 1981 I B 37/81, BFHE 134, 401, BStBl II 1982, 167). Die Anfechtung einer isolierten Kostenentscheidung ist nach § 128 Abs. 4 FGO nicht statthaft (BFH-Beschluß vom 22. Juni 1976 VII B 1/76, BFHE 119, 132, BStBl II 1976, 557; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 128 Rdnr. 8).

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind Steuerberater X aufzuerlegen. Er hat das Beschwerdeverfahren veranlaßt, ohne dazu von dem Kläger bevollmächtigt zu sein (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 11. Juli 1975 III R 124/74, BFHE 116, 110, BStBl II 1975, 714; vom 28. September 1987 III B 100/86, BFH/NV 1988, 183). Die Kostenfolge wäre auch nicht anders, wenn die Beschwerde als von Steuerberater X im eigenen Namen eingelegt angesehen würde. Die Kostentragungspflicht von Steuerberater X würde sich dann unmittelbar aus § 135 Abs. 2 FGO ergeben.

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 148

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge