Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe (PKH) für PKH-Beschwerdeverfahren; Vertretungszwang; Wiedereinsetzung

 

Leitsatz (NV)

1. Zum Vertretungszwang im Verfahren vor dem BFH bei einer durch einen Volljuristen eingelegten Beschwerde gegen die Versagung der PKH.

2. Zu den Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i.S.v. § 56 FGO.

 

Normenkette

FGO §§ 56, 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 117; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) hatte beim Finanzgericht (FG) Klage erhoben und den Antrag gestellt, ihm für das Klageverfahren Prozeßkostenhilfe (PKH) zu gewähren. Das FG lehnte den Antrag ab, weil der Antragsteller trotz Aufforderung keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hatte.

Hiergegen hat der Antragsteller persönlich Beschwerde eingelegt. Er macht u.a. geltend, daß er wegen seiner Ausbildung und seines Werdegangs in Verfahren vor dem Bundesfinanzhofs (BFH) postulationsfähig sein müsse. Gegebenenfalls sei das vorliegende Verfahren auszusetzen und über diese Grundsatzfrage eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzuholen.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Vor dem BFH muß sich - wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem vorbezeichneten Beschluß hervorgeht - jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -). Dies gilt auch für das Einlegen einer Beschwerde (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG). Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH besteht auch für die Beschwerde gegen einen PKH ablehnenden Beschluß des FG Vertretungszwang. Der Steuerpflichtige kann zur Beiordnung eines postulationsfähigen Vertreters für das Beschwerdeverfahren PKH beantragen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. November 1975 VI B 130-132/75, BFHE 117, 223, BStBl II 1976, 62, und vom 18. Juli 1985 V S 3/85, BFHE 143, 528, BStBl II 1985, 499). Der Senat sah keinen Anlaß, das vorliegende Verfahren auszusetzen und die vom Antragsteller begehrte Entscheidung des BVerfG einzuholen; denn gegen diese Rechtsprechung des BFH bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG-Beschluß vom 28. Februar 1978 2 BvR 125/78, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1978, 339; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 62 Anm. 86). Der Vertretungszwang gemäß Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG gilt auch für einen Steuerpflichtigen mit der Qualifikation als Volljurist (z.B. BFH-Beschluß vom 20. Juni 1990 III B 92/90, BFH/NV 1991, 106, m.w.N.).

Fehlt es, wie im Streitfall, an der ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen, so ist die betreffende Prozeßhandlung - im Streitfall das Einlegen der Beschwerde - unwirksam.

Der Mangel der ordnungsgemäßen Vertretung kann nicht nachträglich beseitigt werden. Zwar kann wegen Versäumung einer Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige wegen der Mittellosigkeit gehindert war, das Rechtsmittel durch einen hierzu befugten Vertreter beim BFH einzulegen. Das setzt jedoch voraus, daß der Rechtsmittelführer innerhalb der Rechtsmittelfrist alles Zumutbare unternimmt, um das in seiner Mittellosigkeit bestehende Hindernis zu beseitigen. Dazu hätte es vorliegend gehört, innerhalb der Beschwerdefrist nicht nur ein Gesuch auf Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren einzureichen, sondern u.a. auch unaufgefordert die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 142 FGO i.V.m. § 117 der Zivilprozeßordnung vorzulegen (z.B. BFH-Beschluß vom 10. Januar 1992 VII S 41/91, BFH/NV 1992, 691). Dies hat der Antragsteller nicht getan.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423298

BFH/NV 1994, 570

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