Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit des BFH für AdV im Fall einer NZB

 

Leitsatz (NV)

1. Ist gegen ein Urteil des FG eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden, so wird der BFH für die Aussetzung der Vollziehung erst dann sachlich zuständig, wenn das FG beschlossen hat, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

2. Ein bei dem instanziell unzuständigen Gericht anhängiges Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung ist von Amts wegen an das zuständige Gericht zu verweisen.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3 S. 1, § 70 S. 1; GVG § 17a Abs. 2 S. 1

 

Tatbestand

Die Antragstellerin hat gegen die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 1979 bis 1981 Klage beim Finanzgericht (FG) erhoben. Das klageabweisende Urteil hat sie mit einer beim FG eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde angefochten, die noch nicht dem Bundesfinanzhof (BFH) vorgelegt worden ist. Auch über einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung hat das FG noch nicht entschieden. Beim erkennenden Senat war eine Beschwerde der Antragstellerin in einem Verfahren wegen Richterablehnung anhängig, die durch Beschluß vom gleichen Tag als unbegründet zurückgewiesen worden ist.

Nach Ergehen des FG-Urteils begehrte die Antragstellerin von dem Antragsgegner (Finanzamt -- FA --), die Vollziehung u. a. der Gewinnfeststellungsbescheide 1979 bis 1981 auszusetzen. Der Antrag wurde vom FA abgelehnt, der anschließende Einspruch hatte keinen Erfolg.

Mit dem nunmehr an den BFH gerichteten Antrag verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter und beantragt, die Vollziehung der Feststellungsbescheide 1979 bis 1981 auszusetzen.

Das FA beantragt, den Aussetzungsantrag als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Der BFH ist für die Aussetzung der Gewinnfeststellungsbescheide sachlich unzuständig. Das Verfahren ist an das zuständige FG zu verweisen.

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts aussetzen, wenn an seiner Rechtmäßigkeit ernstliche Zweifel bestehen oder wenn die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Der BFH ist im Streitfall -- jedenfalls zur Zeit -- nicht Gericht der Hauptsache. Gericht der Haupt sache ist das Gericht, bei dem das Verfahren über die Rechtmäßigkeit desjenigen Verwaltungsakts anhängig ist, dessen Aussetzung begehrt wird (BFH-Beschluß vom 23. Februar 1989 V S 3/88, BFHE 155, 501, BStBl II 1989, 424). Ist eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden, so wird der BFH Gericht der Hauptsache, sobald das FG beschließt, der Beschwerde nicht abzuhelfen. Erst dann wird das Verfahren über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts beim BFH anhängig (BFH-Beschluß in BFHE 155, 501, BStBl II 1989, 424, sowie Beschlüsse vom 31. Mai 1989 IV S 1/89, BFH/NV 1990, 301, und vom 6. November 1995 VII S 14/95, BFH/NV 1996, 343; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl. 1993, § 69 Rz. 125; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl. 1996, § 69 FGO Tz. 28).

Im Streitfall hat das FG noch nicht darüber entschieden, ob es der Nichtzulassungs beschwerde abhelfen will. Deshalb ist es -- noch -- Gericht der Hauptsache. Das bei dem erkennenden Senat anhängige Verfahren wegen Richterablehnung hat insoweit keine Bedeutung, denn es betrifft nicht die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsakte, deren Vollziehung ausgesetzt werden soll.

2. Das Verfahren ist an das FG zu verweisen. Nach § 70 Satz 1 FGO i. V. m. § 17 a Abs. 2 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes hat das unzuständige Gericht nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit durch Beschluß an das zuständige Gericht zu verweisen. Die Frage, welches Gericht als Gericht der Hauptsache i. S. des § 69 Abs. 3 FGO anzusehen ist, betrifft die sachliche Zuständigkeit, fällt also in den Regelungsbereich des § 70 FGO. Da die Verweisungsvorschriften auch grundsätzlich im Aussetzungsverfahren Anwendung finden (vgl. BFH-Beschluß vom 16. Dezember 1994 VIII S 4/94, BFH/NV 1995, 800, m. w. N.), ist der Rechtsstreit von Amts wegen an das FG zu verweisen, wenn irrtümlich ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim BFH gestellt wird, solange dieser noch nicht Gericht der Hauptsache ist.

 

Fundstellen

BFH/NV 1997, 244

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