Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Schreibens als Beschwerde; Postulationsfähigkeit nach dem BFHEntlG

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Beschwerde liegt vor, wenn die Beschwerdeschrift erkennen läßt, daß ein Beschluß des FG mit dem statthaften Rechtsbehelf angegriffen wird.

2. Auch die Beschwerde setzt die Einschaltung einer i. S. v. Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG postulationsfähigen Person voraus.

 

Normenkette

FGO § 51 Abs. 1 S. 1, § 128; ZPO § 46 Abs. 2; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat mit Beschluß vom 22. Dezember 1986 (zugestellt: 7. Januar 1987) das Gesuch der Kläger auf Ablehnung des Richters am FG X in ihrer Einkommensteuersache 1983 wegen Besorgnis der Befangenheit abgewiesen. Am 20. Januar 1987 ging beim FG ein Schreiben vom 17. Januar 1987 mit folgendem Inhalt ein:

,,Betreff: (Aktenzeichen)

Bezug: Ihr Schreiben vom . . .

hier: Beschwerde

Sehr geehrte Herren!

Unter Bezugnahme auf Ihre bemerkenswerte Entscheidung vom 22. Dezember 1986 mit Zustellung vom 7. 1. 1987 wird von den Unterzeichnern mit dem heutigen Schreiben Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof / Finanzgericht eingelegt.

Mit der fristwahrenden Wahrnehmung der Interessen der Unterzeichner ist Herr Rechtsanwalt Y beauftragt worden.

Um antragsgemäße Behandlung wird hiermit gebeten.

Hochachtungsvoll"

(Unterschriften)

Diesem Schreiben ist ein vom Kläger unterzeichnetes Schreiben an den Rechtsanwalt Y vom 16. Januar 1987 beigeheftet, mit dem der Kläger den Rechtsanwalt u. a. bittet, ,,gemäß beigefügter Rechtsmittelbelehrung" (erg. zum Beschluß des FG über die Richterablehnung) ,,fristwahrend Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof einzulegen".

Das FG hat der gegen den Beschluß vom 22. Dezember 1986 eingelegten Beschwerde nicht abgeholfen.

Rechtsanwalt Y ist in dieser Sache nicht tätig geworden.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Der Senat geht mit dem FG davon aus, daß die Kläger gegen den bezeichneten Beschluß des FG Beschwerde eingelegt haben.

Sowohl im Betreff wie im weiteren Inhalt ihres Schreibens vom 17. Januar 1987 geben die Kläger eindeutig zu erkennen, daß sie gegen diesen Beschluß mit dem an sich statthaften Rechtsmittel der Beschwerde (zum Verhältnis von § 51 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - i. V. m. § 46 Abs. 2 FGO zu § 128 FGO, Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. August 1966 IV B 7/66, BFHE 86, 505, BStBl III 1966, 547) vorgehen wollen.

2. Die Beschwerde ist unzulässig, weil sich die Kläger nicht von einer zur Einlegung der Beschwerde befugten Person haben vertreten lassen und selbst nicht zum vertretungsbefugten Personenkreis gehören. Gemäß Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I, 1861, BStBl I, 932, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Verfahren vom 4. Juli 1985, BGBl I, 1274, BStBl I, 496) muß sich vor dem BFH jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen; dies gilt nach Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG auch für die Einlegung der Beschwerde.

Diese Voraussetzungen haben die Kläger im Streitfall nicht erfüllt. Auch die Qualifikation des Klägers als Diplomvolkswirt genügt den genannten Anforderungen nicht (vgl. BFH-Beschluß vom 28. Juli 1982 V R 64/82, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs, Rechtsspruch 89).

 

Fundstellen

Haufe-Index 415184

BFH/NV 1987, 731

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