Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Rechtssache hat nicht schon deshalb grundsätzliche Bedeutung, weil das angefochtene Urteil offensichtlich rechtsfehlerhaft ist. Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen des finanzgerichtlichen Urteils auf den Steuerpflichtigen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

2. Die Rechtsfrage, ob die nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG anzurechnende Körperschaft steuer auch dann als Einnahme aus Kapitalvermögen zu erfassen ist, wenn die Anrechnung der Körperschaftsteuer nach § 36 a EStG ausgeschlossen ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 3, § 36 Abs. 2 Nr. 3, § 36a; FGO § 115 Abs. 2, 3 S. 3

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Soweit die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) begehrt wird, läßt der Senat offen, ob in der Beschwerdeschrift die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage ausreichend dargelegt ist; jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.

Die Revision ist nicht zur Klärung der Rechtsfrage zuzulassen, ob die nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzurechnende Körperschaft steuer auch dann als Einnahme aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu erfassen ist, wenn die Anrechnung der Körperschaftsteuer -- wie im Streitfall -- gemäß § 36 a EStG ausgeschlossen ist. Diese Frage ist durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), die mit der Rechtsauffassung der Literatur und der Finanzverwaltung übereinstimmt, hinreichend geklärt. Der erkennende Senat hat bereits mit Beschluß vom 16. Dezember 1986 VIII B 115/86 (BFHE 148, 215, BStBl II 1987, 217) unter Hinweis auf den eindeutigen Wortlaut des § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. a EStG entschieden, daß eine Hinzurechnung der Körperschaftsteuer bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu unterbleiben hat, wenn die Anrechnung der Körperschaftsteuer nach § 36 a EStG versagt wurde (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. Oktober 1993 I R 101/92, BFHE 172, 370, BStBl II 1994, 191 unter II. 6.). Der Bundesminister der Finanzen hat sich dieser Auffassung in seinem Schreiben vom 15. Februar 1989 (abgedruckt in Die Steuerberatung -- Stbg -- 1989, 297) angeschlossen. Auch die Literatur teilt die Ansicht das BFH (vgl. z. B. Streck, Stbg 1987, 139; Stuhrmann in Blümich, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 14. Aufl., § 36 a EStG Rz. 18; Wassermeyer in Kirchhof/Söhn, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 20 Anm. E 5). Der Umstand, daß das Finanzgericht (FG) den Beschluß des erkennenden Senats in BFHE 148, 215, BStBl II 1987, 217 bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat, rechtfertigt es nicht, die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Eine Sache hat nicht schon deshalb grundsätzliche Bedeutung, weil das angefochtene Urteil offensichtlich rechtsfehlerhaft ist (Tipke/Kruse, Abgabenordnung -- Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 115 FGO Tz. 56; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rz. 62).

Die grundsätzliche Bedeutung der Sache ist deshalb auch nicht mit dem Vorbringen, die von der Steuerfahndung veranlaßten Hinzuschätzungen seien nachweislich unrichtig und verletzten das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, schlüssig dargelegt.

Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend macht, die Revision sei zur Klärung der Frage zuzulassen, ob ein Steueranspruch verwirkt sei, wenn die Finanzbehörde eine Betriebsprüfung längere Zeit nach ihrem Beginn für die Dauer von vier Jahren unterbrochen habe, fehlen ausreichende Darlegungen i. S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO, weshalb eine Klärung dieser Frage im allgemeinen Interesse erforderlich ist. Der BFH hat bereits in seinem Urteil vom 16. Januar 1979 VIII R 149/77 (BFHE 127, 128, 132, BStBl II 1979, 453) entschieden, daß auch längere Unterbrechungen den Einwand der Ver wirkung nicht begründen können. Mit dem bloßen Hinweis auf eine abweichende Kommentarmeinung, die im Streitfall im übrigen eine andere Rechtsfrage betrifft, ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage nicht dargelegt.

Auch der Hinweis des Klägers, daß durch die streitigen Steuernachforderungen seine wirtschaftliche Existenz bedroht und eine positive Entscheidung des BFH über seine Nichtzulassungsbeschwerde die einzige Möglichkeit sei, eine Korrektur des angefochtenen Urteils zu erreichen, ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Streitsache darzutun. Die wirtschaft lichen oder finanziellen Auswirkungen einer Entscheidung auf einen der Beteiligten rechtfertigen für sich gesehen niemals die Zulassung der Revision (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Mai 1988 1 BvR 473/88, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 115, Rechtsspruch 252).

2. Soweit die Beschwerde mit Verfahrensmängeln begründet wird, sind diese nicht in der durch § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Form gerügt worden.

Mit der Behauptung, das FG habe bei seiner Entscheidung die Beweislastregeln verkannt, ist eine Verfahrensrüge nicht schlüssig erhoben. Die Regeln über die Verteilung der Beweislast gehören revisionsrechtlich zum materiellen Recht und sind deshalb einer Prüfung durch den BFH im Rahmen einer auf § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gestützten Nichtzulassungsbeschwerde entzogen (vgl. BFH-Urteil vom 5. November 1970 V R 71/67, BFHE 101, 156, 165, BStBl II 1971, 220; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 28 a. E.). Gleiches gilt für die Rüge, das FG habe die Grundsätze der Verwirkung von Steueransprüchen verkannt. Das Institut der Verwirkung gehört ebenso wie die Verjährung dem sachlichen Recht an.

Die Verfahrensrüge, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt, weil es dem Kläger in der mündlichen Verhandlung keine Fragen zu seinem im Urteil als "unklar" bezeichneten Tatsachenvortrag gestellt habe, ist schon deshalb nicht in zulässiger Form erhoben, weil Ausführungen dazu fehlen, inwiefern das angefochtene Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruhen kann (vgl. zu diesem Erfordernis Tipke/Kruse, a.a.O., § 115 FGO Tz. 90).

Soweit der Kläger rügt, das FG habe die im Schriftsatz vom 6. Mai 1993 gestellten Beweisanträge übergangen, ist der Verfahrensmangel der Verletzung der Sachaufklärungspflicht ebenfalls nicht schlüssig erhoben. Da es sich bei § 76 Abs. 1 FGO um eine Vorschrift handelt, auf deren Beachtung die Beteiligten verzichten können, hätte der Kläger vortragen müssen, daß er die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt hat oder, wenn dies unterblieben sein sollte, weshalb ihm die Rüge nicht möglich oder nicht zumutbar war (BFH-Urteil vom 21. Juni 1988 VII R 135/85, BFHE 153, 393, BStBl II 1988, 841). An dieser Voraussetzung fehlt es im Streitfall.

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 509

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge