Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der Zolltarifsache

 

Leitsatz (NV)

Ein Urteil, das bei unstreitiger zolltariflicher Rechtslage allein die Frage der Nacherhebung von Zoll betrifft, ist kein Erkenntnis in einer Zolltarifsache und somit nicht als solches revisibel.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führte insgesamt ... kg Baumwollgewebe aus Bulgarien in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie meldete die Waren unter der jeweils zutreffenden Code-Nr. unter Anwendung des Präferenzzollsatzes "frei" zum zollrechtlich freien Verkehr an. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt -- HZA --) fertigte die Waren wie angemeldet ab und brachte auf dem Abfertigungsbeleg den Hinweis "vorsorglicher Vermerk -- die Anwendung des Kontingentzollsatzes steht noch nicht fest" an. Die eingeführte Ware wurde von der Zollstelle noch am 18. Dezember 1992 im Rahmen des automatisierten Überwachungsverfahrens der Oberfinanzdirektion Düsseldorf -- Zentralstelle Zollkontingente (ZKK) -- gemeldet. Am 21. Dezember 1992 erfolgte die buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer, die der Klägerin am 22. Dezember 1992 bekanntgegeben wurde. Am 22. Dezember 1992 teilte die ZKK mit, daß für die eingeführte Ware der Länderhöchstbetrag für Bulgarien bereits am 18. Dezember 1992 ausgenutzt gewesen sei. Aufgrund dieser Mitteilung forderte das HZA mit Steueränderungsbescheid von der Klägerin Zoll in Höhe von ... DM nach.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im einzelnen aus, daß die Klägerin zu Recht mit dem Steueränderungsbescheid für den Zoll in Anspruch genommen worden sei. Für die von der Klägerin eingeführten Baumwollgewebe sei zum Zeitpunkt der Einfuhr nach der Anrechnungsmitteilung der ZKK der Länderhöchstbetrag ausgenutzt gewesen, so daß für die Ware gemäß Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 (VO Nr. 1697/79) des Rates vom 24. Juli 1979 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften -- ABlEG -- Nr. L 197/1) der Zoll in der vom HZA festgesetzten Höhe zu erheben gewesen sei. Die Nacherhebung sei auch nicht durch Art. 5 Abs. 2 der VO Nr. 1697/79 ausgeschlossen gewesen. Ob die nachzuerhebenden Eingangsabgaben im Streitfall nach Art. 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 (VO Nr. 1430/79) des Rates vom 2. Juli 1979 (ABlEG Nr. L 175/1) wegen Vorliegens eines besonderen Billigkeitsgrundes erlassen werden könnten, sei in diesem Verfahren nicht zu prüfen gewesen.

Mit der vom FG nicht zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, das FG sei unzutreffend davon ausgegangen, daß in dem Verhalten des HZA kein Irrtum i. S. des Art. 5 Abs. 2 der VO Nr. 1697/79 gesehen werden könne. Außerdem sei die Vorentscheidung nicht auf die Argumentation der Klägerin eingegangen, daß bereits der Verstoß gegen die Verordnung (EWG) Nr. 1854/89 (VO Nr. 1854/89) des Rates vom 14. Juni 1989 (ABlEG Nr. L 186/1) und der Verstoß gegen die Vorschriften im Rahmen einer ordnungsgemäßen Zollpräferenzbehandlung die Nacherhebungsbescheide rechtswidrig gemacht hätten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung und die Verwaltungsentscheidungen aufzuheben.

Das HZA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig und ist deshalb durch Beschluß zu verwerfen (§ 124, § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Die Revision ist, wenn sie vom FG nicht zugelassen ist, nur statthaft, wenn die Voraussetzungen des § 116 FGO vorliegen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Keiner Erörterung bedarf, daß die Voraussetzungen nach § 116 Abs. 1 nicht vorliegen.

Bei der angegriffenen Vorentscheidung handelt es sich auch nicht um eine zolltarifliche Entscheidung i. S. von § 116 Abs. 2 FGO. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden (vgl. z. B. Senatsbeschluß vom 19. Oktober 1995 VII R 68/95, BFH/NV 1996, 338), daß ein Urteil, das bei unstreitiger zolltariflicher Rechtslage allein die Frage der Nacherhebung von Zoll betrifft, kein Erkenntnis in einer Zolltarifsache und somit nicht als solches revisibel ist. Aus dieser rechtlichen Beurteilung, an der festzuhalten ist, ergibt sich, daß die Vorentscheidung, die lediglich die Frage der Nacherhebung infolge der Erschöpfung des Zollkontingents betrifft, nicht als ein Urteil in einer Zolltarifsache betrachtet werden kann, zumal das Urteil nicht einmal eine Feststellung darüber enthält, welcher Code- Nr. das eingeführte Baumwollgewebe zuzuordnen ist.

Da die Voraussetzungen des § 116 FGO somit nicht vorliegen und die Revision nicht zugelassen worden ist, ist die Einlegung der Revision unwirksam.

Eine Umdeutung der unzulässigen Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht möglich, weil zwischen der Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde erhebliche rechtliche und verfahrensmäßige Unterschiede bestehen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rz. 50, m. w. N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 421550

BFH/NV 1996, 918

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