Entscheidungsstichwort (Thema)

Einspruchsrücknahme durch einen Bevollmächtigten

 

Leitsatz (NV)

1. Ein zur Einlegung eines Einspruchs bevollmächtigter Lohnsteuerhilfeverein ist grundsätzlich auch zur Rücknahme dieses Rechtsbehelfs befugt.

2. Eine eventuelle Beschränkung des Vollmachtsumfanges hat nur Außenwirkung, wenn die betreffende Vollmachtsurkunde dem Finanzamt vorgelegt wurde.

 

Normenkette

AO 1977 § 80 Abs. 1, § 362 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) reichte beim Beklagten (Finanzamt - FA -) einen von ihr unterschriebenen Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Streitjahr (1989) ein. Bei der Anfertigung des Antrags hatte der Lohnsteuerverein A e.V. (Lohnsteuerverein) mitgewirkt; an ihn sollte auch der Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheid gesandt werden. Der Lohnsteuerverein legte gegen den ihm antragsgemäß zugesandten Bescheid vom 30. Januar 1991 für die Antragstellerin Einspruch ein. Mit Schreiben vom 31. Mai 1991 nahm er diesen - nach Mitteilung der Rechtsauffassung durch das FA - wieder zurück.

Mit Schreiben vom 12. Juni 1991 teilten die Prozeßbevollmächtigten der Antragstellerin unter Vorlage einer Vollmacht dem FA mit, daß nunmehr sie die Antragstellerin verträten. Sie machten geltend, daß die Rücknahme des Einspruchs durch den Lohnsteuerverein unwirksam sei. Insoweit habe es an einer wirksamen Bevollmächtigung gefehlt. Durch Einspruchsentscheidung vom 24. Juni 1992 entschied das FA, daß der Einspruch durch die schriftliche Erklärung vom 31. Mai 1991 wirksam zurückgenommen worden sei.

Gleichzeitig mit der gegen diese Einspruchsentscheidung gerichteten Klage beantragte die Antragstellerin, ihr unter Beiordnung des Rechtsanwalts X Prozeßkostenhilfe (PKH) zu bewilligen. Das Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Lohnsteuerverein habe den Einspruch wirksam zurückgenommen.

Dagegen hat die Antragstellerin durch ihre Prozeßbevollmächtigten Beschwerde erhoben, der das FG nicht abgeholfen hat. Eine Begründung wurde nicht eingereicht.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Rechtsverfolgung der Antragstellerin keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 142 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) i.V.m. §§ 114f. der Zivilprozeßordnung - ZPO -).

Die Rechtsverfolgung verspricht nur dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn für dessen Eintritt bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (s. z.B. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 142 Anm. 7 m.w.N.).

Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Das FG hat zutreffend den Lohnsteuerverein als bevollmächtigt angesehen, den Einspruch zurückzunehmen. Weitere Gründe, die für die Unwirksamkeit der Rücknahme ihres Einspruchs (s. hierzu allgemein § 362 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -) sprechen könnten, hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht. Derartige Gründe sind auch für den Senat nicht ersichtlich.

Nach § 362 Abs. 1 i.V.m. § 357 Abs. 1 AO 1977 kann ein Rechtsbehelf bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über ihn schriftlich zurückgenommen werden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Lohnsteuerverein hat den von ihm für die Antragstellerin eingelegten Einspruch mit Schreiben vom 31. Mai 1991 vor Ergehen einer Einspruchsentscheidung durch das FA zurückgenommen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war diese Rücknahme auch nicht wegen fehlender Bevollmächtigung des Lohnsteuervereins unwirksam.

Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 kann sich ein Beteiligter im Besteuerungsverfahren durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Für die Erteilung der Vollmacht ist keine besondere Form vorgeschrieben. Schriftlich muß nur - ggf. - der Nachweis der Vollmacht geführt werden (§ 80 Abs. 1 Satz 3 AO 1977). Die Vollmacht ermächtigt nach § 80 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verwaltungshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt.

Danach war der Lohnsteuerverein nicht nur, wie die Antragstellerin offenbar annimmt, zur Einlegung des Einspruchs, sondern auch zu dessen Rücknahme bevollmächtigt. Es kann dahinstehen, ob die Antragstellerin den Vollmachtsumfang insoweit intern beschränkt hatte. Denn eine solche Beschränkung war schon wegen der fehlenden Vorlage der Vollmachtsurkunde für das FA nicht erkennbar und wirkte somit nicht nach außen (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 80 AO 1977, Anm. 49).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419565

BFH/NV 1994, 525

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