Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Rüge mangelhafter Urteilsbegründung in Ermessenssachen

 

Leitsatz (NV)

Wer zulassungsfreie Revision nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO gegenüber dem Urteil in einer Ermessenssache begehrt, muß der eingeschränkten richterlichen Prüfungskompetenz in diesem Bereich Rechnung tragen.

 

Normenkette

AO 1977 § 5; FGO §§ 102, 116 Abs. 1 Nr. 5, § 120 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), der bis zum 13. Januar 1989 als nichtselbständiger Maurer bzw. Maurermeister tätig war, hat zum 1. Januar 1989 eine GmbH gegründet, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er war und ist.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) erließ dem Kläger gegenüber am 24. März 1995 eine auf § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützte Prüfungsanordnung; die Außenprüfung sollte vor allem Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer für die Jahre 1991 bis 1993 zum Gegenstand haben und am 2. Mai 1995 beginnen. Prüfungsanlaß war die Annahme des FA, der Kläger betreibe einen gewerblichen Grundstückshandel, die sich auf folgende Vorgänge stützte:

-- Erwerb eines Grundstücks im Jahr 1985, Bebauung mit einem Doppelhaus, Veräußerung des einen Objekts im Jahr 1985, des anderen im Jahr 1989;

-- Errichtung zweier Einfamilienhäuser in den Jahren 1986/1987; Veräußerung des einen im April 1987, des anderen im Juli 1991 (nach vorheriger Vermietung ab 1. Mai 1987);

-- Errichtung eines weiteren Einfamilienhauses 1988 -- Veräußerung 1992.

Am 30. November 1995 erweiterte das FA die Prüfungsanordnung auf die Jahre 1989 bis 1990.

Die zuständige Oberfinanzdirektion (OFD) wies die gegen die Prüfungsanordnung vom 24. März 1995 eingelegte Beschwerde durch Entscheidung vom 7. Dezember 1995 im wesentlichen deshalb zurück, weil eine Außenprüfung -- sofern wie hier konkrete Anhaltspunkte dies rechtfertigten -- auch angeordnet werden dürfe, um festzustellen, ob ein Gewerbebetrieb vorliege.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) nach Schilderung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und Wiedergabe der die Beschwerdeentscheidung tragenden Erwägungen mit der Begründung ab, der in solchen Fällen er forderliche konkrete Prüfungsanlaß sei gegeben, Ermessensfehler lasse die angefochtene Rechtsbehelfsentscheidung nicht erkennen.

Die Nichtzulassung der Revision gegen dieses Urteil hat der Kläger mit der Beschwerde angefochten (s. dazu den Senatsbeschluß X B 173/96 vom heutigen Tag, nicht ver öffentlicht). Mit der Revision macht er geltend, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Es genüge "nicht annähernd" den gesetzlichen Anforderungen (§ 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO). Es bleibe völlig undeutlich, auf welche rechtlichen Erwägungen die Entscheidung gestützt worden sei. Bei der erforderlichen sachgemäßen Prüfung der angestellten Ermessenserwägungen hätte das FG feststellen müssen, daß FA und OFD ihre Entscheidungen nicht mit Ermessenserwägungen begründet, sondern sich auf die Angabe der Gesichtspunkte beschränkt hätten, die ihrer Ansicht nach für die Durchführung einer Außenprüfung sprächen.

Der Kläger stellt den Antrag,

das angefochtene Urteil sowie die Prüfungsanordnung vom 24. März 1995 und die hierzu ergangene Beschwerdeentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Revision als unzulässig zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig (§ 126 Abs. 1 FGO).

Der Kläger hat substantiiert und in sich schlüssig (s. dazu näher Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 2. August 1996 XI R 50/95, BFH/NV 1997, 134, sowie Beschluß vom 9. Juli 1996 VII S 16/95, BFH/NV 1997, 143, 145; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., 1993, § 116 Rz. 3, m. w. N.). keinen Revisionsgrund i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO dargetan. Entscheidungsgründe fehlen im Sinne der Vorschrift, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung zu überprüfen. Das ist nach ständiger Rechtsprechung nur dann der Fall, wenn das FG seine Entscheidung überhaupt nicht begründet oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat, mithin das Urteil bezüglich eines wesentlichen Streitpunktes nicht mit Gründen versehen war (BFH-Beschluß vom 17. September 1991 X R 19/91, BFH/NV 1992, 750, m. w. N.). Die Behauptung mangelhafter Urteilsbegründung oder fehlender Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beteiligten reicht ebensowenig aus wie Einwände gegen die Richtigkeit des Urteils oder die Ermessensausübung durch FA oder OFD (vgl. auch BFH-Beschlüsse vom 9. Februar 1977 I R 136/76, BFHE 121, 298, BStBl II 1977, 351, und vom 4. Juli 1996 VII R 13/96, BFH/NV 1997, 43). Der Kläger übersieht die Besonderheiten der ein geschränkten richterlichen Prüfungskompetenz in Fällen des § 102 FGO (vgl. dazu allgemein: Gräber, a. a. O., § 102 Rz. 2 ff.), vor allem, daß es dem Gericht hierbei verwehrt ist, eigenes Ermessen auszuüben und sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Finanzverwaltung zu setzen und daß schon aus diesem Grund eine Urteilsbegründung, die nach Wiedergabe der die angegriffene Ermessensentscheidung tragenden Erwägungen als Ergebnis richterlicher Kontrolle mitteilt, Ermessensfehler seien nicht ersichtlich, keinen Mangel i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO aufweist.

 

Fundstellen

BFH/NV 1997, 597

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