1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch das 2. FGOÄndG v. 19.12.2000[1] mit Wirkung ab 2001 vollständig neu gefasst. Die zulassungsfreie Verfahrensrevision wegen der in Abs. 1 a. F. abschließend aufgezählten schweren Verfahrensmängel (nicht vorschriftsmäßige Gerichtsbesetzung, Mitwirkung eines ausgeschlossenen oder abgelehnten Richters, nicht vorschriftsmäßig vertretener Beteiligter, Verletzung der Öffentlichkeit, nicht mit Gründen versehene Entscheidung) sowie die zulassungsfreie Revision in Zolltarifsachen (Abs. 2 a. F.) sind entfallen. Die Streitwertrevision mit der Streitwertgrenze von zuletzt 10.000 DM wurde bereits 1985 abgeschafft.[2] Zur Rechtsentwicklung s. Dürr, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 115 FGO Rz 1.

Eine ohne vorherige Zulassung – durch das FG oder auf eine Nichtzulassungsbeschwerde durch den BFH – eingelegte Revision ist unheilbar unstatthaft und wird vom BFH ohne sachliche Prüfung als unzulässig verworfen.[3] Nach der sehr strengen Auffassung des BFH kann eine mangels Zulassung durch das FG eingelegte unzulässige Revision nicht in eine zulässige Nichtzulassungsbeschwerde umgedeutet werden.[4] Anders als bisher entscheidet über die Nichtzulassungsbeschwerde nur noch der BFH (Abs. 5). Eine Beschwerde an das FG und eine Abhilfe durch das FG sind nicht mehr möglich. Da die Revisionszulassung durch das FG ausdrücklich im Tenor oder in den Urteilsgründen ausgesprochen sein muss, kann das FG die Revison auch nicht nachträglich durch einen besonderen Beschluss zulassen.[5] Dementsprechend ist die Nichtzulassungsbeschwerde nun beim BFH (nicht mehr wie bisher beim FG oder beim BFH) einzulegen.[6]

Die Regelung entspricht § 133 VwGO, § 160a SGG, § 75 GWB, § 544 ZPO.

Abs. 1–3 regeln die Statthaftigkeit und die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Nichtzulassungsbeschwerde, Abs. 4 ihre Wirkung, Abs. 5–7 die Entscheidung des BFH und deren Rechtsfolgen. Nach der Neuregelung in Abs. 7 wird bei erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde das Beschwerdeverfahren in das Revisionsverfahren übergeleitet, sodass der Beschwerdeführer nicht mehr gesondert Revision einlegen muss. Neu eingefügt wurde auch Abs. 6. Danach kann bei der auf Verfahrensmängel gestützten Beschwerde der BFH das FG-Urteil aufheben und die Sache an das FG zurückverweisen. Es muss also – zur Verfahrensbeschleunigung – in diesen Fällen kein gesondertes Revisionsverfahren durchgeführt werden.

Die Nichtzulassungsbeschwerde führt nicht zur vollen Überprüfung des FG-Urteils. Der BFH prüft lediglich, ob einer der mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt. Das Verfahren dient der Überwindung der gesetzlichen Revisionssperre. Erst die nachfolgende Revision ermöglicht sodann die Prüfung des FG-Urteils auf Rechtsfehler. Der Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde bedeutet daher keinesfalls, dass auch die Revision Erfolg haben wird. Bejaht der BFH z. B. die grundsätzliche Bedeutung der mit der Beschwerde herausgestellten Rechtsfrage, kann er in der Revision gleichwohl diese Rechtsfrage im Sinne des FG-Urteils beantworten und die Revision daher als unbegründet zurückweisen.

Eine Ausnahme davon ist das Verfahren nach Abs. 6 mit der Zurückverweisung an das FG im Nichtzulassungsbeschwerde-Verfahren bei einer auf Verfahrensmängel gestützten Beschwerde. Hier entscheidet der BFH bereits im Nichtzulassungsbeschwerde-Verfahren durch Beschluss in Dreierbesetzung über das Vorliegen eines Verfahrensmangels und damit insoweit über die Rechtmäßigkeit des FG-Urteils. Die Entscheidung ergeht mit Bindungswirkung für das FG.[7]

Die Nichtzulassungsbeschwerde erfüllt die Charakteristika eines Rechtsmittels (Suspensiv- und Devolutiveffekt). Wegen der Eigenschaft als Rechtsmittel muss über die Nichtzulassungsbeschwerde ordnungsgemäß belehrt werden.[8]

Die Beseitigung der zulassungsfreien Revision ab 2001 und der Abschied von der (bis 1985 zulässigen) Streitwertrevision haben zu einer Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten geführt, die nach mancher Erwartung auf der anderen Seite durch eine weitere Fassung der Zulassungsgründe kompensiert werden sollte.[9] Dem sollte zur interessengerechten Rechtsschutzgewährung durch eine sachgerechte Auslegung des Darlegungserfordernisses hinsichtlich der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO Rechnung getragen werden. Die Praxis zeigt jedoch, dass der BFH an den schon bisher entwickelten – häufig als zu streng kritisierten – Zulassungskriterien der grundsätzlichen Bedeutung, der Rechtsfortbildung und der Divergenz festhält.[10] Der neue Zulassungsgrund der Sicherung der Rechtsprechungseinheit[11] ermöglicht – über die bisherigen Zulassungsgründe hinaus – zwar nunmehr auch die Revisionszulassung in Fällen willkürlicher oder greifbar gesetzwidriger Entscheidung. Wegen der zu engen Auslegung dieser Voraussetzungen durch den BFH kommen solche Fälle in der Praxis aber kaum vor.[12]

[1] BGBl I 2000, 1757.
[2] G. v. 4.7.1985, BStBl I 1985, 496.

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