Leitsatz (amtlich)

1. Ein auf Rücknahme des Konkursantrags gerichtetes Verfahren wird durch die Konkurseröffnung nicht unterbrochen.

2. Der Konkursantrag kann bis zu dem Zeitpunkt zurückgenommen werden, in dem der Beschluß über die Eröffnung des Konkursverfahrens wirksam geworden ist. Auf dessen Rechtskraft kommt es nicht an.

 

Normenkette

FGO §§ 114, 155; ZPO § 240; KO §§ 103, 108

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) hatte mehrmals beim Antragsgegner und Beschwerdegegner (FA) ohne Erfolg beantragt, den am 4. November 1976 beim Amtsgericht gestellten Konkursantrag zurückzunehmen. Mit Schreiben vom 9. September 1977 beantragte er beim FG, das FA im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Konkursantrag zurückzunehmen, weil es unbillig sei, mit Hilfe eines Konkursverfahrens noch nicht rechtskräftig festgesetzte Steuern beizutreiben und seine wirtschaftliche Existenz und die seiner Gesellschaften zu vernichten.

Das FG hielt ein Rechtsschutzinteresse für gegeben, weil das Verfahren nach § 258 der Abgabenordnung (AO 1977) grundsätzlich mit dem der Vollstreckung zugrunde liegenden Steuerbescheid und dem Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung dieses Bescheids nichts zu tun habe. Solange nicht auf Grund der Aussetzung der Vollziehung die Vollziehung ausgeschlossen sei, dürfe das FA vollstrecken. Das FG wies jedoch den Antrag deshalb ab, weil der Antragsteller den Anordnungsanspruch, nämlich den Anspruch auf Rücknahme des Konkursantrags gem. § 258 AO 1977, nicht dargetan und glaubhaft gemacht habe.

Mit der Beschwerde macht der Antragsteller Gründe gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung geltend.

Er beantragt, das FA im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Konkursantrag vom 4. November 1976 zurückzunehmen.

Durch Beschluß des Amtsgerichts X vom 6. Januar 1978 ist der Konkurs über das Vermögen des Antragstellers eröffnet worden. Das Landgericht X, hat die sofortige Beschwerde kostenpflichtig zurückgewiesen und die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung angeordnet. Dagegen erhob der Antragsteller weitere sofortige Beschwerde.

Das FA beantragt, den mit der Beschwerde im vorliegenden Verfahren weiterverfolgten Antrag des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung als unzulässig zu verwerfen, weil der geltend gemachte Anordnungsanspruch i. S. des § 114 Abs. 3 FGO und des § 920 Abs. 1 ZPO mit der Konkurseröffnung entfallen sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Durch die Konkurseröffnung ist das Beschwerdeverfahren nicht nach § 240 ZPO i. V. m. § 155 FGO unterbrochen worden, weil sein Streitgegenstand nicht die Konkursmasse betrifft, sondern die Frage, ob der Konkurs eröffnet werden soll. Jedoch ist durch die Konkurseröffnung das Antragsbegehren gegenstandslos geworden, weil der Konkursantrag nur bis zum Wirksamwerden der Konkurseröffnung zurückgenommen werden kann (s. Böhle-Stamschräder, Konkursordnung, 11. Aufl., § 103 Anm. 2). Eine Antragsrücknahme nach diesem Zeitpunkt wäre wirkungslos (s. Mentzel-Kuhn, Konkursordnung, 8. Aufl., § 103 Anm. 3 mit weiteren Hinweisen). Wirksam wird die Konkurseröffnung in dem Augenblick, in dem der Beschluß des Amtsgerichts über die Konkurseröffnung aufhört, innere Angelegenheit des Konkursgerichts zu sein (s. Böhle-Stamschräder, a. a. O., § 108 Anm. 1). Damit treten im Zeitpunkt der im Beschluß angegebenen Stunde (§ 108 Abs. 1 KO) die im Gesetz bestimmten konkursmäßigen Folgen und Wirkungen insbesondere zum Schutz der Gläubigergesamtheit ein - wenn auch zeitlich durch § 108 KO bestimmt und durch den Eintritt der Rechtskraft auflösend bedingt -, deren Beseitigung nicht mehr im Belieben des einzelnen Antragstellers liegen kann (s. Jäger-Weber, Konkursordnung, 8. Aufl., 1973, § 103 Anm. 9 mit Nachweisen). Lediglich wenn das Beschwerdegericht die Eröffnung des Konkursverfahrens anordnet, wird diese erst mit der Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung wirksam (§ 74 Satz 1 KO).

Im Streitfall ist der Beschluß des Konkursgerichts spätestens mit der Bekanntgabe an den Antragsteller wirksam geworden. Von diesem Zeitpunkt an konnte der Antragsteller sein Begehren im vorliegenden Fall, das FA zur Rücknahme des Konkursantrags zu verpflichten, nicht mehr verwirklichen, da dies wirkungslos gewesen wäre. Da es auf die Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses in diesem Fall nicht ankommt, haben die vom Antragsteller eingelegten Beschwerden gegen die Eröffnung des Konkursverfahrens auf den Streitfall keinen Einfluß. Erreicht er mit der eingelegten weiteren Beschwerde die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses, so würde damit seinem Begehren bereits ohne das vorliegende Verfahren entsprochen, so daß für dessen weiteres Betreiben auch im Falle der Aussetzung ein Rechtsschutzbedürfnis entfallen würde.

 

Fundstellen

BStBl II 1978, 313

BFHE 1978, 311

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