[Ohne Titel]

Dipl.-Finw. Gerhard Bruschke, StB[*]

[*] StB Dipl.-Finw. Gerhard Bruschke war bis zu seinem Ausscheiden aus der Finanzverwaltung Sachgebietsleiter eines westfälischen Finanzamtes, zu dessen Aufgabenbereich u.a. die Rechtsbehelfsstelle gehörte. Inzwischen ist er als Steuerberater in einer Einzelpraxis tätig.

1. Vorbemerkungen

Die Bewertung von Erbbaurechten ist durch das Erbschaftsteuerreformgesetz (ErbStRG) vom 24.12.2008 (BGBl. I 2008, 3018) für Stichtage ab dem 1.1.2009 neu geregelt worden, weil das BVerfG mit Beschluss vom 7.12.2006 (BVerfG v. 7.12.2006 – 1 BvL 10/02, BStBl. II 2007, 192 = ErbStB 2007, 64 [Heinrichshofen]) die bis dahin bestehenden Regelung für verfassungswidrig erklärt hatte. Die Bewertung der Erbbaurechte und der mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücke richten sich folglich nach den §§ 192 bis 194 BewG.

Rechtsänderungen: § 192 BewG wurde mit Wirkung ab dem 13.11.2011 um einen Satz 2 erweitert. Damit wurde sichergestellt, dass eine Bewertung geringer als 0 EUR nicht zulässig ist. Der mit dem Grundsteuerreformgesetz v. 26.11.2019 (BGBl. I 2019, 1794) neu eingefügte § 261 BewG hat für die Erbschaft- und Schenkungsteuer keine Bedeutung.

Getrennte Bewertung: In Erbbaurechtsfällen handelt es sich um zwei getrennt zu betrachtende wirtschaftliche Einheiten. Die Wertermittlung erfolgt folglich auch für beide wirtschaftlichen Einheiten getrennt, da das Erbbaurecht und das Eigentum am belasteten Grundstück typischerweise auseinanderfallen.

2. Zivilrechtliche Grundlagen

Das Erbbaurecht ist das veräußerliche und vererbliche Recht an einem Grundstück, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben. Die rechtlichen Grundlagen für die Bestellung und Abwicklung eines Erbbaurechtes finden sich im Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG). Festzuhalten ist, dass Erbbaurechte eine besondere Form des Eigentums darstellen und auch als grundstücksgleiches Recht bezeichnet werden. Zivilrechtlich werden Erbbaurechte wie ein Grundstück behandelt. S. dazu auch Bruschke, ErbStB 2021, 191.

Zwei wirtschaftliche Einheiten: Bei Grundstücken, die mit einem Erbbaurecht belastet sind, bilden das Erbbaurecht und das belastete Grundstück je eine selbstständige wirtschaftliche Einheit. Das gilt auch dann, wenn sich beim Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten um ein und dieselbe Person, es sich somit um ein Eigentümererbbraurecht handelt.

Beraterhinweis Erstreckt sich das Erbbaurecht nur auf einen Teil des Grundstücks i.S.d. Zivilrechts, ist dieser Teil als selbstständige wirtschaftliche Einheit zu bewerten. Lasten auf einem Grundstück mehrere Teilerbbaurechte, dann zerfällt die wirtschaftliche Einheit "Erbbaugrundstück" nach der Verkehrsauffassung in mehrere, der Anzahl nach mit diesen Rechten korrespondierende wirtschaftliche Einheiten. (BFH v. 26.8.2020 – II R 43/18, BFH/NV 2021, 221 = ErbStB 2021, 34 [Rothenberger]).

Das belastete Grundstück ist das Grundstück, an dem das Erbbaurecht bestellt ist. Übernimmt der Eigentümer des belasteten Grundstücks das Erbbaurecht oder erwirbt der Erbbauberechtigte das belastete Grundstück (Eigentümererbbaurecht), bleiben Erbbaurecht und belastetes Grundstück als selbstständige wirtschaftliche Einheiten bestehen.

Das Erbbaurecht entsteht zivilrechtlich erst mit der Eintragung in das Grundbuch. Schenkungsteuerrechtlich gilt das Erbbaurecht jedoch bereits dann als entstanden, wenn an dem Grundstück durch notariellen Vertrag ein Erbbaurecht bestellt worden ist und die Vertragsparteien in der Lage sind, die Eintragung im Grundbuch zu bewirken (BFH v. 8.4.1987 – II R 175/82, BFH/NV 1988, 568). Bei einem Erwerb von Todes wegen ist das zivilrechtliche Entstehen des Erbbaurechtes entscheidend (BFH v. 15.10.1997 – II R 68/95, BStBl. II 1997, 820).

Beraterhinweis Das auf dem Erbbaurecht errichtete Gebäude ist Bestandteil des Erbbaurechtes. Errichtet der Erbbauberechtigte ein einheitliches Gebäude auf einem erbbaurechtsbelasteten und einem ihm gehörenden angrenzenden Grundstück, sind der Gebäudeteil auf dem erbbaurechtsbelasteten Grundstück als Erbbaurecht und das eigene Grundstück mit dem dort errichteten Gebäudeteil als bebautes Grundstück getrennt zu bewerten. Entsprechend ist zu verfahren, wenn das angrenzende Grundstück auf Grund eines Pachtvertrags vom Erbbauberechtigten bebaut worden und für diesen Gebäudeteil eine Bewertung als Gebäude auf fremdem Grund und Boden nach § 195 BewG durchzuführen ist.

3. Steuerrechtliche Einstufung

Erbschaftsteuerrechtlich ist zuerst zu prüfen, ob der entspr. Rechtsvorgang überhaupt unter das ErbStG fällt. Dabei sind die beiden Varianten aus den §§ 3 und 7 ErbStG zu prüfen.

Beraterhinweis Sofern die erbschaftsteuerlichen Freibeträge überschritten werden und/oder keine Steuerbefreiung eingreift, ist der Erwerb auch steuerpflichtig. In Betracht kommen dabei z.B. die Steuerbefreiung für "Familienheime" (§ 13 Abs. 1 Nr. 4ac ErbStG) oder die Steuerermäßigung nach § 13d ErbStG). Bei denkmalgeschützten Objekten ist § 13 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ErbStG einschlägig. Gehört das Erbbaurecht oder das Erbbaugrundstück zu einem Betriebsvermögen, ...

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