Leitsatz

* 1. Gemäß Art. 15 Abs. 3 DBA Zypern steht das Besteuerungsrecht für die unselbstständige Arbeit, die von einem Besatzungsmitglied an Bord eines Seeschiffes im internationalen Verkehr ausgeübt wird, dem Staat zu, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. Schifffahrtsunternehmen in diesem Sinn kann nur ein Unternehmen sein, das selbst internationalen Seeverkehr betreibt. Zugleich muss dieses Unternehmen wirtschaftlicher Arbeitgeber des Besatzungsmitglieds i.S.d. Abkommensrechts sein.

2. An dieser Doppelfunktion des Unternehmens fehlt es bei einem zypriotischen Unternehmen, das ein nach Zypern ausgeflaggtes deutsches Seeschiff von dem deutschen Reeder im Weg der sog. Bareboatcharter chartert und anschließend an den deutschen Reeder unter Einschaltung eines zypriotischen Arbeitnehmerverleihers als sog. Crewing-Ausrüster rückverchartert. Das Besteuerungsrecht für die Heuer eines im Inland wohnenden Seemanns, der auf einem solchen Schiff tätig ist, gebührt deshalb Deutschland.

3. Art. 15 Abs. 3 DBA Zypern enthält für Tätigkeiten an Bord von Seeschiffen im internationalen Verkehr eine Sonderregelung, die die allgemeine Zuordnung des Besteuerungsrechts in Art. 15 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 DBA Zypern ausschließt. Es kommt deswegen für das inländische Besteuerungsrecht nicht auf die einzelnen Zeiten an, in denen sich der Seemann tatsächlich auf hoher See befunden hat.

* Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 EStG , Art. 15 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 DBA-Zypern

 

Sachverhalt

Die Kläger sind im Inland wohnende Eheleute, die zusammen zur ESt veranlagt werden. Der Kläger ist nichtselbstständig tätiger Seemann. Er war im Streitjahr 1989 vom 3.1. bis zum 7.9. auf einem unter zypriotischer Flagge fahrenden Schiff tätig. Eigentümerin des Schiffs ist die inländische Partenreederei MT-B, die sich zur Erledigung ihrer Geschäfte eines ebenfalls inländischen Korrespondentreeders bedient.

Im Streitjahr hatte die MT-B das Schiff an die in Zypern ansässige B-Ltd. für zwei Jahre in Bareboat verchartert. Die B-Ltd. hatte das Schiff ihrerseits für zwei Jahre in Zeitcharter an die MT-B weiterverchartert. Die Kosten für das Schiff wurden wie folgt getragen: Der Bareboatcharterer trug sämtliche Betriebs- und Wartungskosten einschließlich der Steuern, die Eigentümerin und Zeitcharterin trug die Kosten, die mit der Durchführung der Reise zu tun hatten (Hafen-, Lade-, Lösch-, Treibstoffkosten).

Die B-Ltd. hatte mit der ebenfalls zypriotischen I-Ltd. einen sog. Crewing-Kontrakt geschlossen, wonach die I-Ltd. als Arbeitnehmerverleiherin die Besatzung für das Schiff stellte. Von der I-Ltd. erhielt der Kläger im Streitjahr seine Heuer. Das FA unterwarf diese der deutschen Besteuerung.

 

Entscheidung

Der BFH hält das für Rechtens. Nach dem Welteinkommensprinzip sei die Heuer in Deutschland zu besteuern. Art. 15 Abs. 3 DBA Zypern stehe dem auch dann nicht entgegen, wenn der inländische Reeder tatsächlich nicht als Arbeitgeber fungiere. Denn es fehle an der hierfür erforderlichen Übereinstimmung von (vercharterndem) Seeschifffahrtsunternehmen (der B-Ltd.) und dem Arbeitgeber (der I-Ltd.). Dass der Kläger seinen sozialversicherungsrechtlichen Schutz verliere, sei bedauerlich, aber hinzunehmen; Steuer- und Sozialversicherungsrecht seien zweierlei.

 

Hinweis

1. Dieser Fall betrifft vorzugsweise Berater aus den norddeutschen Küstenländern. Denn vor allem – aber nicht nur – hier werden Seeleute beheimatet sein, die auf Seeschiffen Dienst tun, welche zur Kostenersparnis in Niedrigsteuerstaaten ausgeflaggt, anschließend aber wieder im Weg der sog. Kettencharter an den (ursprünglichen) inländischen Reeder zurückverchartert werden.

Dadurch ergeben sich oftmals beträchtliche sozialversicherungsrechtliche Nachteile des Seemanns, fehlt es doch an dem hierfür erforderlichen inländischen Arbeitsverhältnis. Diese Nachteile lassen sich zuweilen, wenn auch nur unvollkommen durch Steuervorteile ausgleichen, die daraus resultieren, dass der betreffende Seemann u.U. nicht der deutschen Steuerpflicht unterfällt, sondern jener des Ausflaggungsstaates. Vielleicht, so mag er hoffen, lassen sich sogar sog. weiße Einkünfte – also brutto = netto – erreichen.

Grund für diese Hoffnung ist Art. 15 Abs. 3 OECD-Musterabkommen (OECD-MA), wonach jenem Staat das Besteuerungsrecht auch auf den Arbeitslohn zusteht, in dem das Seeschifffahrtsunternehmen seinen Sitz hat. Denn in diesem Staat mindert sich der zu besteuernde Unternehmensgewinn um die Heuer, vice versa soll er deswegen auch den ESt-Zugriff haben. Mit dem Musterabkommen übereinstimmende Regelungen finden sich in nahezu allen seitens der Bundesrepublik abgeschlossenen DBA.

2. Dieser "Kreislauf" zwischen Sozialversicherungs- und Steuerrecht funktioniert allerdings, wie sich aus dem Besprechungsurteil ergibt, nur dann, wenn das ausländische Seeschifffahrtsunternehmen zugleich auch tatsächlich der Arbeitgeber des Seemanns ist. Fallen Arbeitgeber und Schifffahrtsunternehmen jedoch auseinander...

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