[Ohne Titel]

RA Dr. Martin Hoffmann / StBin Iris Schmitt[*]

Aufgrund der Corona-Pandemie hat die Bundesregierung mit der Corona-Arbeitsschutzverordnung die Arbeitgeber verpflichtet, Homeoffice überall dort anzubieten, wo es möglich ist, sofern keine zwingenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Parallel dazu sind Grenzen zu anderen Mitgliedstaaten geschlossen worden. Als Folge dessen waren und sind Arbeitnehmer zeitlich betrachtet nicht nur kurzfristig, sondern auf Dauer an ihrem Wohnsitz im Homeoffice tätig. Nicht nur in Grenzregionen liegen der Sitz eines Unternehmens (des Arbeitgebers) und der Wohnsitz eines Arbeitnehmers oft in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten. Das Risiko der Begründung von Betriebsstätten erhöhte sich enorm. Während die Prüfung ertragsteuerlicher Betriebsstätten hervorgehoben im Diskurs stand und noch immer steht, sind bislang die Folgen für die Umsatzsteuer weitestgehend unbeleuchtet geblieben.

Die Begründung von Betriebsstätten gewinnt dabei insbesondere aufgrund der Möglichkeit zu grenzüberschreitender Dienstleistungserbringung auch umsatzsteuerrechtlich an Bedeutung. Der Begriff der festen Niederlassung – nach MwStSystRL – und der Betriebsstätte – nach UStG – ist stark von Einzelfalldogmatik geprägt. Der Beitrag nimmt insbesondere die neuste Rechtsprechung des EuGH (Rs. C-931/19) zum Anlass, das Risiko zur Begründung einer umsatzsteuerrechtlichen Betriebsstätte durch Mitarbeiter im Homeoffice zu prüfen und arbeitet heraus, bei welche Fallgestaltungen Fallstricke lauern.

[*] StBin Iris Schmitt ist Senior Associate, berät und prüft Unternehmen, Privatpersonen und Non-Profit-Organisationen mit einem Schwerpunkt im Umsatzsteuerrecht und RA Dr. Martin Hoffmann ist Associate und berät im Steuerrecht an der Schnittstelle zum Gesellschaftsrecht mit einem Schwerpunkt im Umsatzsteuerrecht bei LPA-GGV in Frankfurt/M.)

1. Voraussetzungen der festen Niederlassung (MwStSystRL)

Für[1] die Steuerbarkeit einer Leistung kommt es auf den Leistungsort an. Dabei gilt als Ort einer Dienstleistung der Ort, an dem der Steuerpflichtige den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat. Wird diese Dienstleistung jedoch an eine feste Niederlassung des Steuerpflichtigen, die an einem anderen Ort als dem des Sitzes seiner wirtschaftlichen Tätigkeit gelegen ist, erbracht, so gilt als Ort dieser Dienstleistung der Sitz der festen Niederlassung.[2] Die in der MwStVO verankerte Definitionen der festen Niederlassung stellt die Steuerpflichtigen in der praktischen Anwendung weiterhin vor große Herausforderungen.

Begriff der festen Niederlassung: In Art. 11 Abs. 1 MwStVO wird als feste Niederlassung jede Niederlassung mit Ausnahme des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit bezeichnet, die einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweist, die es ihr von der personellen und technischen Ausstattung her erlaubt, Dienstleistungen, die für den eigenen Bedarf dieser Niederlassung erbracht werden, zu empfangen und dort zu verwenden. Anschließend gilt gem. Art. 11 Abs. 2 MwStVO als sog. aktive feste Niederlassung jede Niederlassung mit Ausnahme des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit, die einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweist, die es von der personellen und technischen Ausstattung her erlaubt, Dienstleistungen zu erbringen.

Auszulegen, wann die Voraussetzungen,

  • hinreichender Grad an Beständigkeit sowie
  • durch ausreichend personelle und technische Ausstattung gekennzeichnete Struktur, die es ermöglichen Dienstleistungen zu empfangen bzw. zu erbringen,

vorliegen, stellt die Steuerpflichtigen regelmäßig vor Schwierigkeiten. Der EuGH, welcher aufgrund der Harmonisierung der Umsatzsteuer in Europa oberstes zuständiges Gericht ist, prägte die Definition in mehreren Einzelfallentscheidungen, jedoch bleiben weiterhin Zweifelsfragen bestehen. Eine Dogmatik zur Bestimmung, ob eine feste Niederlassung vorliegt, besteht nicht.

[1] In diesem Beitrag wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

2. Voraussetzungen der umsatzsteuerrechtlichen Betriebsstätte (UStG)

Keine vergleichbare Regelung im UStG: Eine eigenständige Regelung, die mit dem Art. 11 MwStVO vergleichbar ist, kennt das nationale Umsatzsteuerrecht nicht. Der Ort einer sonstigen Leistung bestimmt sich im deutschen Steuerrecht nach § 3a UStG. Der Grundsatz und gleichzeitig Auffangtatbestand ist in § 3a Abs. 1 S. 1 UStG normiert: Eine sonstige Leistung wird von dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt, wird sie vorbehaltlich der Abs. 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 S. 1 UStG). Existiert eine Betriebsstätte, ist jeweils stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend, wenn die Leistung von dieser Betriebsstätte des Unternehmers (§ 3a Abs. 1 S. 2 UStG) bzw. an die Betriebsstätt...

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