OFD München, 30.10.2001, O 2115 - 147 St 117

Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG

Materiell-rechtliche Hinweise und Hinweise zu den organisatorischen und technischen Abläufen

Bezug: OFD-Verfügung vom 10.9.2001, S 1900 - 8 St 425

Anlage: Vorschlag für eine Prüfungs-Checkliste

Anhang: – Änderungen bei den Zuständigkeiten aufgrund der gesetzlichen Neuregelungen
  – Übersicht nach der Umsatzsteuerzuständigkeitsverordnung (UStZustVO)

Mit dem Gesetz zur Eindämmung der illegalen Betätigung im Baugewerbe wird zur Sicherung von Steueransprüchen bei Bauleistungen ein Steuerabzug (§§ 48 bis 48d EStG) eingeführt. Ab dem 1.1.2002 haben danach alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts und alle Unternehmer im Sinn von § 2 UStG als Auftraggeber von Bauleistungen im Inland (Leistungsempfänger) einen Steuerabzug i.H. von 15 % der Gegenleistung für Rechnung des die Bauleistung erbringenden Unternehmens (Leistender) vorzunehmen. Davon kann abgesehen werden, wenn eine vom zuständigen FA ausgestellte Freistellungsbescheinigung vorliegt oder gewisse Bagatellgrenzen nicht überschritten werden (vgl. Bezugsverfügung vom 10.9.2001, S 1900 – 8 St 425). Im Folgenden werden die materiell-rechtlichen Voraussetzungen sowie die organisatorischen und technischen Abläufe für die Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung beschrieben. Der Anhang enthält Ausführungen zu den Auswirkungen der neuen gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen. Diese bitte ich ebenfalls zu beachten.

 

1. Antrag auf Erteilung der Freistellungsbescheinigung

Auf formlosen Antrag des Leistenden hat das für ihn zuständige FA nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck eine Freistellungsbescheinigung zu erteilen. Dabei darf der Steueranspruch nicht gefährdet erscheinen (§ 48b Abs. 1 EStG). Zur Unterstützung der Prüfung der Voraussetzungen kann bei steuerlich geführten Steuerpflichtigen die als Anlage beigefügte Checkliste verwendet werden. Ich bitte, diese entsprechend dem eigenen Bedarf selbst zu vervielfältigen.

In bestimmten Fällen haftet der Leistungsempfänger für einen im Zusammenhang mit einer Freistellungsbescheinigung nicht oder zu niedrig abgeführten Steuerabzugsbetrag.

Deshalb wird beim Bundesamt für Finanzen (BfF) voraussichtlich zum 1.1.2002 eine webbasierte Abfragemöglichkeit über die von den Finanzämtern ausgestellten Freistellungsbescheinigungen eingerichtet, damit sich der Leistungsempfänger ggf. von der Echtheit der Bescheinigung überzeugen kann (Internetadresse: www.bff-online.de). Die Daten aus der Freistellungsbescheinigung müssen deshalb an das BfF weitergegeben werden.

Ein BMF-Anwendungsschreiben zu den §§ 48 ff. EStG ist in Vorbereitung.

Bis zum Erlass des BMF-Anwendungsschreibens bitte ich bei der Erteilung von Freistellungsbescheinigungen wie folgt zu verfahren:

 

2. Bauleistungen

Das Steuerabzugsverfahren bezieht sich auf Bauleistungen an einem Bauwerk. Unter Bauleistungen sind alle Leistungen zu verstehen, die der Herstellung, Instandsetzung oder -haltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 EStG). Ob die von einem Unternehmen erbrachte Leistung tatsächlich „Bauleistung” ist, ist im Freistellungsverfahren (im Gegensatz zum Haftungsverfahren nach § 48a Abs. 3 EStG) nicht im Detail zu prüfen; bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen ist die beantragte Freistellungsbescheinigung zu erteilen.

 

3. Gültigkeit der Freistellungsbescheinigung

Die Gültigkeit der Freistellungsbescheinigung ist i.d.R. auf die Höchstdauer von drei Jahren ab Ausstellungsdatum zu begrenzen. Daneben kann nach Maßgabe der Tz. 4 und 5 eine zeitlich kürzere Gültigkeit oder eine projekt- bzw. baustellenbezogene Gültigkeit oder eine Kombination aus beidem festgelegt werden.

Es ist stets nur eine Ausfertigung einer bestimmten Freistellungsbescheinigung zu erteilen.

Bei lediglich zeitlich befristeter, nicht nur für eine bestimmte Leistungsbeziehung erteilte Freistellungsbescheinigung wird der Leistende dem Leistungsempfänger regelmäßig nur eine Kopie seines Originals für dessen Unterlagen aushändigen.

Bei projektbezogenen Freistellungsbescheinigungen kann dem Leistenden auch für mehrere Projekte für jedes Projekt jeweils eine Freistellungsbescheinigung ausgestellt werden. In diesen Fällen hat der Leistende dem Leistungsempfänger jeweils das Original der entsprechenden Freistellungsbescheinigung auszuhändigen.

 

4. Freistellungsbescheinigung für ein steuerlich geführtes Unternehmen

Neben den in § 48b Abs. 1 Satz 2 EStG nur beispielhaft genannten Gefährdungsgründen kann der zu sichernde (Einkommen- bzw. Körperschaft-) Steueranspruch z.B. auch dann gefährdet sein, wenn nachhaltige Steuerrückstände bestehen. Gleiches gilt, soweit unzutreffende Angaben in Steueranmeldungen und Steuererklärungen festgestellt oder wenn Steueranmeldungen und Steuererklärungen wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig abgegeben werden.

Dagegen wäre eine Versagung der Freistellungsbescheinigung bei nur vorübergehenden Steuerrückständen, aber ...

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