Leitsatz (redaktionell)
1. |
Die Tätigkeit eines Diplom-Sozialarbeiters in der Jugendgerichtshilfe hebt sich in der Regel nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung i.S. der VergGr. IV a Fallgr. 15 aus der VergGr. IV b Fallgr. 16 heraus (Bestätigung des Senatsurteils vom 14. Dezember 1994 - 4 AZR 950/93 - AP Nr. 10 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter). |
2. |
Die objektiv übertarifliche Eingruppierung eines derart tätigen Diplom-Sozialarbeiters in die VergGr. IV a Fallgr. 7 BAT/VKA (a.F.) hat nicht zur Folge, daß der Angestellte an dem ab 1. Januar 1991 eingeführten Bewährungsaufstieg für Sozialarbeiter von der VergGr. IV a Fallgr. 15 in die VergGr. III Fallgruppe 7 BAT/VKA teilhat. |
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Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab 1. Januar 1991 Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT/VKA zu zahlen.
Der am 18. April 1940 geborene Kläger ist ausgebildeter Sozialarbeiter und seit dem 1. März 1973 bei der beklagten Stadt E beschäftigt. Die Parteien sind tarifgebunden. Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom April 1973 richtet sich das Angestelltenverhältnis nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages vom 23. Februar 1961 (BAT), der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge sowie der an ihre Stelle tretenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung. Nach § 3 des Vertrages "wird" der Kläger "in die Vergütungsgruppe IV b BAT eingruppiert".
Bis zum 31. März 1974 war der Kläger in der Bezirksjugendpflege des Jugendamtes tätig. Seit dem 1. April 1974 ist er als Sachbearbeiter der Jugendgerichtshilfe beim Jugendamt eingesetzt. Der Kläger erhält Vergütung nach der VergGr. IV a BAT.
Das Hauptamt der beklagten Stadt hielt im Jahre 1981 für die Sachbearbeiter in der Jugendgerichtshilfe die Eingruppierung in VergGr. IV a analog Fallgr. 7 des Tarifvertrages für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst vom 19. Juni 1970 für zutreffend. Dazu führte es in einem Schreiben an das Personalamt vom 9. September 1981 aus, die Planstellen in der Jugendgerichtshilfe seien vom Tarifvertrag nicht erfaßt. Es handele sich um eine Spezialtätigkeit, die vergleichbar mit den Tätigkeitsmerkmalen der VergGr. IV a Fallgr. 7 BAT sei.
Die Jugendgerichtshilfe ist eine Aufgabe der Jugendhilfe im Bereich der Jugendstrafrechtspflege. Sie leistet Hilfe für straffällig gewordene Jugendliche, indem sie erzieherisch auf den Betroffenen einwirkt, die Personensorgeberechtigten berät, vorläufige gerichtliche Maßnahmen anregt, den Betroffenen auf die Hauptverhandlung vorbereitet und bei dessen Wiedereingliederung in die Gesellschaft mitwirkt. Ferner unterstützt die Jugendgerichtshilfe die Arbeit der Staatsanwaltschaft und des Gerichtes. Im Strafverfahren werden die persönlichen, familiären und sozialen Gesichtspunkte des Beschuldigten eingeführt, über erforderliche Maßnahmen beraten und die angeordneten Weisungen und Auflagen überwacht.
Die Jugendgerichtshilfe bei der Beklagten ist zentral organisiert. Jeder Mitarbeiter versieht Innen- und Außendienst. Die Aufgabenzuweisung entspricht der Buchstabenaufteilung der einzelnen Gerichtsdezernate.
Der Kläger betreut die ihm zugewiesenen Jugendlichen und Heranwachsenden während des gesamten Verfahrens, also vor, während und nach der Gerichtsverhandlung. Er führt Gespräche mit den Eltern, Erziehungsberechtigten, den gesetzlichen Vertretern seiner Delinquenten und bei bestehenden Spannungen auch mit der Schule und dem Arbeitgeber. Soweit erforderlich, schaltet er Beratungsstellen, wie etwa die Berufsberatung, Beratungsstelle für Suchtkranke, Schuldnerberatung, Erziehungsberatung oder das Jugendpsychiatrische Institut ein. In der Gerichtsverhandlung gibt er eine Beurteilung des Entwicklungsstandes der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten ab. Anschließend wirkt er bei der Überwachung der erteilten gerichtlichen Weisungen und Auflagen mit und führt ggf. Besuche in Jugendarrest- und Justizvollzugsanstalten durch. Der Kläger führt nach der "Arbeitsplatzbeschreibung" vom März 1993 zudem in geringem Umfange u. a. Delinquenzprophylaxe, Öffentlichkeitsarbeit, Praxisanleitung von Sozialarbeitern/-pädagogen und Fortbildung durch.
Mit Schreiben vom 5. Februar 1993 begehrte der Kläger von der beklagten Stadt erfolglos Vergütung nach VergGr. III BAT. Mit der beim Arbeitsgericht am 27. Dezember 1993 eingegangenen Klage verfolgt er weiter das Ziel, ab 1. Januar 1991 nach VergGr. III BAT vergütet zu werden.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er erfülle die Voraussetzungen der VergGr. IV a Fallgr. 15 der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1 a zum BAT/VKA. Er habe sich in dieser Vergütungsgruppe seit mindestens vier Jahren bewährt.
Er müsse mit einem schwierigen Personenkreis arbeiten, der zum größten Teil extreme Verhaltensweisen zeige. Um das Spektrum des Strafgesetzbuches, des Jugendgerichtsgesetzes und der Strafprozeßordnung zu beherrschen und die psycho-soziale Situation des Straftäters zu bewerten, sei in der Breite ein fachliches Wissen und Können erforderlich. Er benötige besonders eingehende Fähigkeiten und Kenntnisse auf pädagogischem Gebiet und ein besonders großes Einfühlungsvermögen in die jeweilige Situation des Jugendlichen. Besondere Fähigkeiten und Kenntnisse im sozialtherapeutischen Bereich seien unerläßlich. Das Erkennen psychischer Krankheitsbilder, Kenntnisse über Behandlungsmöglichkeiten, z. B. bei Suchtmittelabhängigen, Fähigkeiten zur Problemanalyse und Verhandlungsgeschick in unterschiedlichen Verfahrensstationen erforderten ebenfalls in der Breite das geforderte fachliche Wissen. Sichere Handhabung dieses Wissens sei erforderlich, da der Jugendgerichtshelfer unter Einbeziehung bisheriger Kenntnisse und dem Ermittlungsergebnis der Hauptverhandlung pädagogisch sinnvolle und nachvollziehbare Vorschläge zur Resozialisierung machen und später Hilfen vermitteln müsse.
Die "besondere Schwierigkeit" lasse sich am deutlichsten vom Klientel her begründen. Dieses bestehe aus delinquenten Alkoholund Drogenabhängigen, Entwicklungsgeschädigten, Arbeitsunlustigen, brutalen Gewalttätern, Verschuldeten, Schulschwänzern, Streunern, Vernachlässigten, Mißbrauchten und Sektenangehörigen. Die Jugendgerichtshilfe arbeite demnach in einem Spannungsfeld zwischen Justiz- und Jugendhilfe. Die besondere Schwierigkeit ergebe sich auch aus der Breite des geforderten Wissens. Hier sei etwa ein fachliches Wissen bezüglich der unterschiedlichen Methoden der sozialen Arbeit (Einzelfall, Gruppenarbeit, Gemeinwesenarbeit) erforderlich. Psychologische und soziologische Zusammenhänge müßten analysiert und operationalisiert werden, interdisziplinäre Kenntnisse z. B. auf schulischem und medizinischem Gebiet müßten vorhanden sein.
Die "Bedeutung" resultiere in der Jugendgerichtshilfe speziell aus der Größe des Aufgabengebietes, der Tragweite der zu bearbeitenden Materie und ihrer Auswirkung auf die Klienten und Dritte. Der Kläger nehme Aufgaben wahr, die im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip im Interesse des Staates - also der Allgemeinheit - lägen.
Die beklagte Stadt habe noch im Jahre 1981 die Eingruppierung des Klägers überprüft und dabei festgestellt, daß es sich um eine Tätigkeit nach VergGr. IV a BAT handele. Hieran sei die beklagte Stadt auch für den ab 1. Januar 1991 in den BAT eingeführten Bewährungsaufstieg in die VergGr. III gebunden.
Wegen der Richtlinie 91/533/EWG und des Nachweisgesetzes vom 20. Juli 1995 sei es Aufgabe der beklagten Stadt, darzulegen, daß die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit eine bestimmte Wertigkeit nicht erfülle. Im übrigen habe die beklagte Stadt den Kläger viele Jahre lang nach VergGr. IV a BAT vergütet und damit zu erkennen gegeben, daß sie diese Vergütung für zutreffend erachte. Sie sei daher daran gehindert, nunmehr geltend zu machen, er erfülle die Anforderungen dieser Vergütungsgruppe nicht.
Sollte er 1981 übertariflich eingruppiert worden sein, so habe er - auf die vereinbarte Vergütung aufbauend - einen vertraglichen Anspruch, im Wege des Bewährungsaufstiegs Vergütung nach VergGr. III BAT zu erhalten.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 1. Januar 1991 Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT zu zahlen;
2. weiter festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die von ihr nachzuzahlenden Beträge ab Klageerhebung bzw. bei den nach Klageerhebung fälligen Differenzbeträgen ab der Fälligkeit des Gehaltes mit 4 % zu verzinsen.
Die beklagte Stadt hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, an ihre frühere Bewertung der Tätigkeit des Klägers analog der VergGr. IV a Fallgr. 7 (a.F.) BAT nicht gebunden zu sein. Dies sei lediglich eine Rechtsansicht gewesen. Die klägerische Tätigkeit erfülle die Anforderungen der VergGr. IV b Fallgr. 16. Sie sei eine schwierige Tätigkeit im Sinne der Protokollerklärung Nr. 12.
Die Jugendgerichtshilfe werde ausschließlich bei delinquent gewordenen Jugendlichen und Heranwachsenden tätig. Insbesondere die Häufung von Problemlagen, z. B. Drogenabhängigkeit, Arbeitslosigkeit, destabile Persönlichkeitsstruktur, ungeordnete familiäre Situation, mache die Arbeit schwierig. Die Tätigkeit hebe sich aber nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IV b Fallgr. 16 heraus. Es liege schon keine Heraushebung durch die Bedeutung des Aufgabengebietes vor. Die sozialpädagogische Betreuung im Rahmen der Jugendgerichtshilfe sei stets auf den Einzelfall ausgerichtet.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der beklagten Stadt das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die beklagte Stadt beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat gegen die beklagte Stadt keinen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. III BAT/VKA ab 1. Januar 1991. Das hat das Landesarbeitsgericht richtig erkannt.
I. Der Kläger hat keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Teilnahme am Bewährungsaufstieg in die VergGr. III. Eine Abrede liegt insoweit nicht vor. Eine solche ist weder ausdrücklich getroffen noch ergibt sie sich aus den Umständen. Die Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung schließt die Teilnahme an einen Bewährungsaufstieg nicht ohne weiteres ein. Das gilt umso mehr, wenn, wie hier, im Zeitpunkt der höheren Bewertung der Tätigkeit des Klägers durch die Beklagte ein Bewährungsaufstieg aus der von der Beklagten übertariflich eingeräumten Vergütungsgruppe in eine höhere Vergütungsgruppe im Tarifvertrag nicht vorgesehen war.
Die Beklagte hat mit dem Kläger auch nicht eine Beschäftigung mit einer Tätigkeit vereinbart, die originär unter die VergGr. IV a fällt. Der Kläger wäre nur bei unberechtigter Zuweisung einer geringerwertigen Tätigkeit so zu behandeln, als hätte er eine Tätigkeit ausgeübt, die seiner auszuübenden Tätigkeit entspricht. Ein solcher Fall liegt nicht vor. Der Kläger wurde lediglich ab 1. April 1974 als Sozialarbeiter in der Jugendgerichtshilfe beschäftigt unter Eingruppierung in die VergGr. IV b und mit Bewährungsaufstieg in die VergGr. IV a. Am 9. September 1981 wurde die Bewertung auch seiner Planstelle "von bisher VergGr. IV a analog Fallgr. 1 BAT auf VergGr. IV a analog
Fallgr. 7 BAT" geändert. Eine Zuweisung einer anderen, geringerwertigen Tätigkeit fand nicht statt. Der Kläger ist nach wie vor als Sozialarbeiter in der Jugendgerichtshilfe tätig.
II. Der Kläger hat auch keinen tariflichen Anspruch darauf, im Wege des Bewährungsaufstiegs aus der VergGr. IV a Vergütung nach VergGr. III BAT zu erhalten.
Die Tätigkeit des Klägers erfüllt nicht die Anforderungen der VergGr. IV a Fallgr. 15 der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst des Tarifvertrages vom 19. Juni 1970 in der Fassung vom 24. April 1991 mit der Folge, daß der Kläger auch nicht nach vierjähriger Bewährung in die Vergütungsgruppe III Fallgr. 7 dieser Vergütungsgruppen aufgestiegen ist.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der BAT und die ihn ergänzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Außerdem haben die Parteien deren Geltung arbeitsvertraglich vereinbart.
2. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit davon ab, ob mindestens die Hälfte der die gesamte Arbeitszeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihm in Anspruch genommenen VergGr. IV a der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1 a zum BAT/ VKA entspricht, § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT/VKA.
3. Für die Eingruppierung des Klägers kommt es auf die nachfolgenden Tarifbestimmungen der Anlage 1 a zum BAT/VKA (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) an:
Vergütungsgruppe V b
...
10. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
Vergütungsgruppe IV b
...
16. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit schwierigen Tätigkeiten.1
(Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 und 12)
...
Vergütungsgruppe IV a
...
15. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 heraushebt.
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
...
Vergütungsgruppe III
...
7. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 heraushebt,
nach vierjähriger Bewährung in der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 15.
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
Protokollerklärungen:
...
12. Schwierige Tätigkeiten sind z. B. die
a) Beratung von Suchtmittel-Abhängigen,
b) Beratung von HIV-Infizierten oder an Aids erkrankten Personen,
c) begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner,
d) begleitende Fürsorge für Strafgefangene und nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene,
e) Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter mindestens der Vergütungsgruppe V b.
4. Die gesamte Betreuungstätigkeit des Klägers, die nicht die Wahrnehmung von Betreuungen im Sinne des Betreuungsgesetzes (BtG) vom 12. September 1990 (BGBl I S. 2002, mit späteren Änderungen), §§ 1896 ff. BGB n.F. ist, sondern sich auf die dem Kläger im Rahmen der Jugendgerichtshilfe zugewiesenen Jugendlichen und ggf. ihre Familien bezieht, bildet einen einzigen Arbeitsvorgang. Sie macht den zeitlich weit überwiegenden Teil seiner Gesamttätigkeit aus.
a) Das Landesarbeitsgericht ist von dem vom Senat entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs ausgegangen. Diesen hat der Senat verstanden als eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAGE 51, 59; 51, 282; 51, 356 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975, ständige Rechtsprechung des Senats). Dabei bildet die gesamte Tätigkeit des Angestellten tarifrechtlich nur einen einzigen Arbeitsvorgang, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und nur einer einheitlichen rechtlichen Bewertung zugänglich ist (Senatsurteile vom 30. Januar 1985 - 4 AZR 184/83 - AP Nr. 101 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 23. Februar 1983 - 4 AZR 222/80 - BAGE 42, 29 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (Senatsurteil vom 20. Oktober 1993 - 4 AZR 45/93 - AP Nr. 172 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
b) Das Landesarbeitsgericht hat die Betreuungstätigkeit des Klägers als einheitlichen Arbeitsvorgang angesehen. Die dem Kläger als Sozialarbeiter in der Jugendgerichtshilfe übertragene Betreuungstätigkeit sei auf ein einheitliches Arbeitsergebnis, nämlich auf die Jugendgerichtshilfe mit den mit ihr einhergehenden Aufgaben gerichtet. Arbeitsergebnis sei die Betreuung von Jugendlichen im Sinne des JGG und ggf. ihrer Familien vor, während und nach einer Gerichtsverhandlung. Dies sei die zeitlich weit überwiegende Tätigkeit des Klägers.
c) Dies hält der Revision stand. Die Tätigkeit des Klägers ist als ein Arbeitsvorgang anzusehen, soweit er die ihm zugewiesenen Jugendlichen und ggf. deren Familien im Rahmen der Jugendgerichtshilfe betreut. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats zur Eingruppierung eines Sozialarbeiters in der Jugendgerichtshilfe (Urteil vom 14. Dezember 1994 - 4 AZR 950/93 - AP Nr. 10 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter). Alle damit verbundenen Einzeltätigkeiten des Klägers dienen zum ganz überwiegenden Teil der sozialpädagogischen Betreuung der Jugendlichen und Heranwachsenden im zuständigen Gerichtsdezernat. Diese Personengruppe ist ihm zur Betreuung zugewiesen. Die weiteren Tätigkeiten des Klägers wie z. B. Öffentlichkeitsarbeit, Delinquenzprophylaxe, Fortbildung fallen demgegenüber nicht ins Gewicht.
5. Der Kläger erfüllt mit der Betreuungstätigkeit jedoch nicht alle Merkmale, die für die begehrte Vergütung vorausgesetzt sind.
a) Das vom Kläger für sich in Anspruch genommene Tätigkeitsmerkmal der VergGr. III Fallgr. 7 setzt eine vierjährige Bewährung in der VergGr. IV a Fallgr. 15 voraus. VergGr. IV a Fallgr. 15 baut auf der VergGr. IV b Fallgr. 16 auf, die ihrerseits die Erfüllung der Anforderungen der VergGr. V b Fallgr. 10 voraussetzt.
b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß der Kläger die Voraussetzungen der VergGr. V b Fallgr. 10 sowie die der VergGr. IV b Fallgr. 16 erfülle. Seinem Vorbringen könne jedoch nicht entnommen werden, daß sich seine Tätigkeit durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IV b Fallgr. 16 heraushebe. Da er somit die Anforderungen der VergGr. IV a Fallgr. 15 nicht erfülle, könne er folglich nicht an einem Bewährungsaufstieg in die VergGr. III Fallgr. 7 BAT teilnehmen.
aa) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger die Voraussetzungen der VergGr. V b Fallgr. 10 erfüllt. Er ist ausgebildeter Sozialarbeiter und als solcher in einem für seine Berufsgruppe üblichen Aufgabenbereich, hier der Jugendgerichtshilfe, tätig.
bb) Der Kläger erfüllt mit seiner Tätigkeit auch die Voraussetzungen der VergGr. IV b Fallgr. 16.
Das Merkmal der schwierigen Tätigkeit im Sinne der Fallgr. 16 der VergGr. IV b haben die Tarifvertragsparteien in der Protokollerklärung Nr. 12 durch konkrete Beispiele erläutert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist dann, wenn eines dieser Tätigkeitsbeispiele zutrifft, auch das Merkmal des Oberbegriffs erfüllt (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 1996 - 4 AZR 139/95 - AP Nr. 29 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter, m.w.N.). Wird kein Tätigkeitsbeispiel erfüllt, ist auf den allgemeinen Begriff zurückzugreifen, wobei dann aber dessen Bestimmung von den Maßstäben der Beispielstatbestände aus zu erfolgen hat; die Tarifvertragsparteien haben mit den Beispielen Maß und Bedeutung für die Auslegung des allgemeinen Begriffs vorgegeben (Senatsurteil vom 10. Juli 1996 - 4 AZR 139/95 - aaO).
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Tätigkeit in der Jugendgerichtshilfe sei zwar für sich genommen keinem der Tätigkeitsbeispiele in der Protokollerklärung Nr. 12 zuzuordnen. An den Kläger würden aber ähnlich hohe Anforderungen gestellt, wie sie bei den in der genannten Protokollerklärung aufgeführten Personengruppen aufträten. Die Tätigkeit als Jugendgerichtshelfer hebe sich aus der Normaltätigkeit eines Sozialarbeiters dadurch heraus, daß er als Vertreter der Jugendgerichtshilfe zwischen Richter und Jugendlichem stehe und eine beachtliche Rechtsstellung im dortigen Verfahren einnehme, also eine Aufgabe wahrnehme, die schwierige Tätigkeiten im Tarifsinne in rechtserheblichem Umfange aufweise.
Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat hat im Urteil vom 14. Dezember 1994 (- 4 AZR 950/93 - aaO, zu II 4 c der Gründe) im einzelnen ausgeführt, daß die Tätigkeit eines Sozialarbeiters in der Jugendgerichtshilfe die Voraussetzungen der VergGr. IV b Fallgr. 16 erfüllt. Daran hält der Senat fest.
c) Hingegen erfüllt die Tätigkeit des Klägers nicht die Anforderungen der VergGr. IV a Fallgr. 15.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, dem Vorbringen des Klägers könne nicht entnommen werden, daß sich seine Betreuungstätigkeit aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 16 durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung i. S. der Vergütungsgruppe IV a Fallgr. 15 heraushebe.
Die Betreuungstätigkeit des Klägers sei nicht deshalb besonders schwierig und bedeutsam, weil er mit straffälligen Jugendlichen und Heranwachsenden zu tun habe, die aus Problemgruppen wie den Alkohol- und Drogenabhängigen, Entwicklungsgeschädigten, Arbeitsunlustigen, brutalen Gewalttätern, Verschuldeten, Schulschwänzern, Streunern, Vernachlässigten, Mißbrauchten oder Sektenangehörigen stammten. Ein wesentlicher Teil der Personengruppen habe nämlich bereits Eingang in die Protokollerklärung Nr. 12 gefunden und sei somit hinsichtlich ihrer Betreuung als schwierig eingestuft worden. Aus dem Hinweis des Klägers, er arbeite in einem Spannungsfeld zwischen Justiz und Jugendhilfe und werde durch seine Klienten in bedrohliche Situationen gebracht, ergebe sich die besondere Schwierigkeit seiner Tätigkeit nicht. Auch die angeführte Bedeutung der Jugendgerichtshilfe als Prozeßorgan in der Jugendstrafrechtspflege führe zu keiner anderen Bewertung. Dadurch hebe sich die Tätigkeit des Klägers aus der VergGr. V b Fallgr. 10, der eines Diplom-Sozialarbeiters mit "entsprechender Tätigkeit" heraus und erfülle die Anforderungen der VergGr. IV b Fallgr. 16.
bb) Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe überhöhte Anforderungen an die Merkmale der "besonderen Schwierigkeit und Bedeutung" gestellt, hat keinen Erfolg.
Bei den genannten Tatbestandsmerkmalen handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Die revisionsrechtliche Überprüfung ist deshalb darauf beschränkt, ob das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm bei seiner Anwendung Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob es alle entscheidungserheblichen Tatumstände berücksichtigt hat (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom 10. Juli 1996 - 4 AZR 139/95 - AP Nr. 29 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter, m.w.N.).
Das Landesarbeitsgericht ist von den zutreffenden Rechtsbegriffen ausgegangen, hat sich bei deren Anwendung innerhalb des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums gehalten und hat auch keine entscheidungserheblichen Umstände unberücksichtigt gelassen. Es hat die Betreuungstätikgeit des Klägers wegen der schon im Normalfall relativ hohen Anforderungen an einen Sozialarbeiter nicht für die Erfüllung der Heraushebungsmerkmale der "besonderen Schwierigkeit und Bedeutung" ausreichen lassen und sie dabei zu Recht mit den in der Protokollerklärung Nr. 12 aufgeführten Tätigkeiten verglichen.
Die Tätigkeit des Klägers ragt schon nicht wegen ihrer besonderen Schwierigkeit aus dem heraus, was die VergGr. IV b Fallgr. 16 von einem Sozialarbeiter verlangt.
Der Kläger hebt zu Recht hervor, er arbeite in einem Spannungsfeld zwischen Justiz und Jugendhilfe. Seine Aufgaben zwischen sozialer Kontrolle und sozialer Hilfe sind daher schwierige Tätigkeiten im Tarifsinne (Senatsurteil vom 14. Dezember 1994 - 4 AZR 950/93 - aaO). Es sind aber keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß sie sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus den Tätigkeiten herausheben, die in der Protokollerklärung Nr. 12 als schwierige bezeichnet sind. Es fehlt der wertende Vergleich, inwiefern die Tätigkeit als Jugendgerichtshelfer ein Wissen und Können erfordert, das die Anforderungen der VergGr. IV b Fallgruppe 16 in gewichtiger Weise übersteigt. Die Revision entnimmt ein gesteigertes fachliches Wissen aus der Notwendigkeit der Beherrschung einschlägiger Vorschriften im Jugendstrafverfahren. Die Kenntnis sowie die Fähigkeit der Anwendung von Rechtsvorschriften, Richtlinien etc., die im Rahmen seiner Tätigkeit einschlägig sind, ist von jedem Sozialarbeiter zu fordern.
cc) Da die Tätigkeit des Klägers schon die Anforderungen der "besonderen Schwierigkeit" nicht erfüllt, kommt es auf das Vorliegen des zusätzlichen Merkmals der "Bedeutung" der Tätigkeit nicht mehr an. Es ist zweifelhaft, ob dieses Merkmal erfüllt ist. Die vom Kläger herausgestellten erheblichen Auswirkungen seiner Tätigkeit auf seine Klienten und auf die Belange der Allgemeinheit lassen nicht erkennen, inwiefern sie in ihrer sozialen Tragweite über die Tätigkeiten hinausgehen, die unter die VergGr. IV b Fallgr. 16 fallen. Eine herausgehobene, gesteigerte Bedeutung ist nicht belegt.
6. Der Vorwurf der Revision, das Landesarbeitsgericht habe die Konsequenzen aus dem Nachweisgesetz vom 20. Juli 1995 nicht beachtet, geht fehl. Es liegt kein Nachweis vor, auf den der Kläger hinsichtlich seiner Teilnahme am Bewährungsaufstieg mit Erfolg zurückgreifen könnte.
Als "Nachweis" i.S. dieses Gesetzes wie auch der Richtlinie 91/533/EWG (ABl EG Nr. L 288 S. 32 = EAS A 3330) über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen vom 14. Oktober 1991 (Nachweisrichtlinie) kommt vorliegend nur das Schreiben des Hauptamtes der beklagten Stadt an das dortige Personalamt vom 9. September 1981 in Betracht, wonach die Planstellen in der Jugendgerichtshilfe vom BAT (in seiner damaligen Fassung) nicht erfaßt seien und es sich um Spezialtätigkeiten handele, die der VergGr. IV a Fallgr. 7 BAT/VKA (a.F.) vergleichbar seien. Als Nachweis kann dieses Schreiben zudem nur angesehen werden, wenn es dem Kläger bekanntgegeben worden ist. Hiervon ist zu Gunsten des Klägers auszugehen. Indessen besagt dieses Schreiben nichts über einen Bewährungsaufstieg des Klägers. Zum einen war damals ein Bewährungsaufstieg für Sozialarbeiter aus der VergGr. IV a in die VergGr. III BAT/VKA noch nicht vorgesehen. Zum anderen setzt der ab 1. Januar 1991 eingeführte Bewährungsaufstieg voraus, daß die Bewährung in einer Tätigkeit in der VergGr. IV a Fallgr. 15 BAT erfolgt ist. In diese Fallgruppe hat die beklagte Stadt aber die Sozialarbeiter im Jahre 1981 nicht eingruppiert und auch nicht eingruppieren können, weil es diese Fallgruppe damals gerade noch nicht gab. Selbst wenn man meinen wollte, der Kläger könne sich auf jenes Schreiben zumindest als Nachweis seiner Bezahlung nach der VergGr. IV a BAT/VKA stützen, folgt hieraus nicht, daß ihm deshalb auch die Teilnahme am Bewährungsaufstieg zusteht. Denn der Bewährungsaufstieg in die VergGr. III ist für Sozialarbeiter nicht schon gegeben, wenn sie überhaupt nach der VergGr. IV a BAT/VKA bezahlt worden sind, sondern nur, wenn ihre Tätigkeit in die Fallgr. 15 der VergGr. IV a BAT/VKA fällt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
BB 1998, 1904 |
RdA 1998, 319 |
ZTR 1998, 413 |
PersR 1998, 345 |
RiA 1999, 61 |