Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung in der Jugendgerichtshilfe. Diplom-Sozialarbeiter in der Jugendgerichtshilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Die Tätigkeit eines Diplom-Sozialarbeiters in der Jugendgerichtshilfe hebt sich in der Regel nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung im Sinne der Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 15 aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 heraus.

 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23; BAT Anlage 1a VergGr. Vb, IVb, IVa “Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst” BAT/VKA vom 19. Juni 1970 in der Neufassung vom 24. April 1991”

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 06.10.1993; Aktenzeichen 2 (18) Sa 874/93)

ArbG Wuppertal (Urteil vom 08.04.1993; Aktenzeichen 2 Ca 863/93)

 

Tenor

  • Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. Oktober 1993 – 2 (18) Sa 874/93 – wird zurückgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers nach der Anlage 1a zum BAT/VKA, insbesondere darüber, ob der Kläger nach VergGr. IVa der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst seit dem 1. Januar 1991 zu vergüten ist.

Der am 20. Juli 1959 geborene Kläger ist Diplom-Sozialarbeiter. Er steht als solcher in einem Arbeitsverhältnis zu der beklagten Stadt seit dem 1. Juli 1987. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 9. Juli 1987 nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung. Die beklagte Stadt ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen (KAVNW).

Der Kläger ist Sachbearbeiter in der Abteilung 51/1 des Jugendamtes der beklagten Stadt im Sachgebiet Jugendgerichtshilfe. Neben ihm sind zwei weitere Mitarbeiter im Bereich der Jugendgerichtshilfe tätig. Ihm ist der Abteilungsleiter vorgesetzt, der nach VergGr. IVa/III BAT/VKA vergütet wird. Dem Amt stehen vor ein stellvertretender Amtsleiter (A 13) und ein Amtsleiter.

Nach der “Stellenbeschreibung” vom 9. September 1992 hat der Kläger folgende Tätigkeiten zu verrichten:

“Arbeitsbeschreibung

Verzeichnis der wesentlichen Tätigkeiten (was wird getan)

Anteilsverhältnis in % (Zeitanteil)

1. 

Tätigkeiten vor bzw. anstelle einer Gerichtsverhandlung

 25

– Bearbeitung von Mitteilungen der Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgerichte, Jugendstrafanstalten sowie Mitwirkung im Diversionsverfahren

– Koordination der Aufgaben mit dem ASD und Sozialdiensten freier Verbände

– Beratung von Familien mit straffällig gewordenen Kindern, die noch strafunmündig sind

– Kontaktaufnahme und beratende Gesprächsführung mit straffällig gewordenen Jugendlichen, deren Erziehungsberechtigten und Heranwachsenden in der Dienststelle, bei Hausbesuchen oder in Vollzugsanstalten sowie Erstellung einer Anamnese und psychosozialen Diagnose

– Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Ämtern, Behörden, Einrichtungen, Gerichten und Personen in der Verwaltung sowie innerhalb und außerhalb R…

2.

Tätigkeiten während einer Gerichtsverhandlung

 10

– Teilnahme an Jugendgerichtsverhandlungen beim Amts- und Landgericht einschließlich mündlicher Stellungnahme sowie Beurteilung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und des Entwicklungsstandes

3.

Tätigkeiten nach einer Gerichtsverhandlung

 30

– Zusammenarbeit mit straffällig gewordenen Jugendlichen, Heranwachsenden und deren Familienangehörigen vor, während und nach dem Gerichtsverfahren sowie während und nach freiheitsentziehenden Maßnahmen

– Vorbereitung, Durchführung und Überwachung von Auflagen und Weisungen des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft einschl. Betreuungsweisung und sozialer Gruppenarbeit

– Werbung von sozialen Einrichtungen, die junge Straftäter zu gemeinnütziger Arbeit einsetzen und Zusammenarbeit mit diesen Einsatzstellen

– Vorbereitung von Gutachten zum Ausweisungsverfahren straffällig gewordener ausländischer Jugendlicher und Heranwachsender

– Durchführung von Hilfen zur Erziehung in Einzelfällen

– Öffentlichkeitsarbeit durch Vorträge in Schulen, Elterngruppen u. ä.

4.

Planungstätigkeiten

 5

– Vorbereitung der Bedarfsplanung

– Bedarfserhebung

– Vorbereitung bedarfsgerechter Hilfekonzepte

5.

Administrative Tätigkeiten

 20

– Ausarbeitung und Anfertigung von Schreiben, Vermerken, Berichten, Stellungnahmen, Anträgen und Planungskonzepten

– Aktenführung

– Führung von Telefonaten

– Statistik

6.

Mitwirkung in Arbeitskreisen und Ausschüssen

 5

7.

Anleitung von Praktikanten

 5

Die beklagte Stadt vergütete den Kläger zunächst nach VergGr. Vb BAT/VKA und ab 1. Juli 1991 nach VergGr. IVb BAT/VKA. Zuletzt mit Schreiben vom 10. März 1992 begehrte der Kläger erfolglos Vergütung nach VergGr. IVa BAT/VKA für die Zeit ab 1. Januar 1991. Mit der beim Arbeitsgericht am 15. Februar 1993 eingegangenen Klage verfolgt der Kläger weiter das Ziel, Vergütung entsprechend der VergGr. IVa BAT/VKA zu erhalten.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sowohl nach ihrer Art als auch ihres Umfanges wegen insbesondere im Hinblick auf die komplexen Problemlagen der Jugendlichen hebe sich die von ihm ausgeübte Tätigkeit durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IVb Fallgruppe 16 heraus, so daß er nach VergGr. IVa BAT/VKA eingruppiert sei. Bei der Wahrnehmung von Gerichtsterminen, den dafür gefertigten Berichten, in denen er u. a. eigenständig die strafrechtliche Verantwortung und den Entwicklungsstand des Jugendlichen oder des Heranwachsenden zu beurteilen habe, müsse er nicht nur das berufsspezifische Wissen aus der Sozialarbeit verwenden, sondern seine Erkenntnisse in strafrechtliche Kategorien insofern übertragen, als die strafrechtliche Verantwortung vor dem juristischen Hintergrund gewürdigt werden müsse. Seine Tätigkeit unterscheide sich auch insoweit von der Bearbeitung eines klassischen Sozialfalles als er Jugendliche zu betreuen habe, die aufgrund ihrer jeweiligen persönlichen Lage und Entwicklung mit schwierigen Konstellationen und Entwicklungen behaftet seien. Die effektive Betreuung erfordere den mühsamen und gründlichen Aufbau eines von Vertrauen getragenen Verhältnisses, um den Jugendlichen Unterstützung für die Zukunft und Hilfestellung für die Bewältigung ihrer Probleme zu geben. Von besonderer Schwierigkeit und Bedeutung sei die Tätigkeit nach der Gerichtsverhandlung. Die reine Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren umfasse nur 10 %. Das Gerichtsverfahren sei nur Anlaß für sein Tätigwerden. Pro Jahr habe er durchschnittlich 350 Fälle zu betreuen, von denen mindestens 60 % mehrfache Tätigkeiten im Hinblick auf das zu erreichende Ziel veranlaßten. Der Erfolg der Jugendgerichtshilfe bestehe nicht im formalen Tätigwerden vor Gericht, sondern gerade darin, die jeweiligen Problemlagen auch nach den Gerichtsverfahren sowie während und nach freiheitsentziehenden Maßnahmen und Strafen zu betreuen und die jeweilige soziale Lage des Jugendlichen unter Einbeziehung des familiären Umfeldes aufzuarbeiten und Mißstände soweit wie möglich zu beseitigen. Allein für die gerichtliche und außergerichtliche Betreuung der Jugendlichen und ihres Umfeldes wende er über 65 % seiner Tätigkeit auf. Die besondere Schwierigkeit bestehe zum einen darin, daß jeder Einzelfall mit überaus schwierigen Problemkreisen befrachtet sei. So umfasse die Tätigkeit zu einem hohen Anteil Suchtmittelabhängige, die darüber hinaus wirtschaftliche und persönliche Schwierigkeiten und sonstige Defizite aufwiesen. Zum anderen sei sie durch die Anhäufung von Problemlagen gekennzeichnet, die er analysieren und im Rahmen eines pädagogischen und erzieherischen Konzeptes aufarbeiten müsse, um die geeigneten Schritte einzuleiten. Anders als der “einfache” Sozialarbeiter, der sich Suchtmittelabhängigen widme, sei er zusätzlich mit juristischen und erzieherischen Problemen konfrontiert. Er sei in seiner Aufgabenstellung darauf verpflichtet, aus der Erkenntnis des Grundes von Fehlentwicklungen der Jugendlichen diesen zu beseitigen oder eine entsprechende positivere Situation zu schaffen. Dabei habe er das Umfeld des Jugendlichen miteinzubeziehen, wobei die Aufgabenstellung auch die Ausländerproblematik mitumfasse. Die ganzheitliche Betreuung des Betroffenen erfordere allein aufgrund der Vielfalt der Tätigkeit ein höheres Leistungsprofil als die schwierigen Tätigkeiten der Protokollerklärung Nr. 12 zum BAT/VKA. Sein Tätigkeitsspektrum umfasse die in der Protokollnotiz Nr. 12 aufgezählten Beispiele und gehe weit darüber hinaus, erfülle also kumulativ sämtliche Kriterien der Aufzählung. Alle Beispiele könnten jederzeit in einem einzigen Arbeitsvorgang erfüllt sein, so daß er entsprechend flexibel reagieren müsse. Dies allein stelle eine Steigerung der Schwierigkeit dar, die über das Regelbeispiel hinausgehe. Damit sei das Merkmal der besonderen Schwierigkeit erfüllt. Die Bedeutung seiner Tätigkeit ergebe sich aus der Tatsache, daß er als Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe dafür verantwortlich sei, daß letztlich die Zukunft der Bevölkerung – die Jugend – betreut werde und insofern die Auswirkungen seiner Tätigkeit mehr als nur wichtig für das soziale Gefüge seien.

Der Kläger hat zuletzt den Antrag gestellt

festzustellen, daß der Kläger seit dem 1. Januar 1991 eine Vergütung nach BAT VergGr. IVa der Anlage 1a zum BAT/VKA (Sozial- und Erziehungsdienst) zu beziehen hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Vortrag des Klägers sei unschlüssig. Die Kumulierung der in der Protokollerklärung Nr. 12 aufgeführten Tätigkeiten bedeute noch keine besondere Schwierigkeit. Eine effektive Sozialarbeit beinhalte immer auch das Einbinden des persönlichen Umfeldes der Klienten. Die Beurteilung von entwicklungs-, reife-, konflikt- und notbedingten Situationen sei die ureigenste Aufgabe eines Sozialarbeiters. Die Tätigkeit des Klägers sei nicht deswegen im Sinne des Tarifrechts bedeutend, weil er letztlich die Zukunft der Bevölkerung – die Jugend – betreue. Eine derartige Betreuung könne auch durch einen Sozialarbeiter erfolgen, der Tätigkeiten nach der VergGr. Vb BAT/VKA ausführe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klagantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT/VKA.

I. Die Klage ist als Eingruppierungsfeststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO unbedenklich zulässig, nachdem der Kläger in der Revisionsinstanz seinen Antrag dahin neu gefaßt hat, daß er nicht die Feststellung seiner Eingruppierung in die VergGr. IVa (Fallgruppe 15) BAT, sondern wie im öffentlichen Dienst allgemein üblich, der Sache nach lediglich die Verpflichtung der Beklagten begehrt, an ihn Gehalt nach dieser Vergütungsgruppe zu zahlen (Urteil des Senats vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

II. Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IVa BAT/VKA der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst.

1. Dem Vergütungsanspruch des Klägers steht nicht schon der Umstand entgegen, daß in dem Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der beklagten Stadt vom 9. Juli 1987 die Eingruppierung des Klägers in die VergGr. Vb BAT/VKA vereinbart ist und daß die Beklagte den Kläger mit Wirkung vom 1. Januar 1991 in die VergGr. IVb BAT/VKA “eingereiht” hat. Bei diesen Arbeitsverträgen handelt es sich um formularmäßige Verträge, so daß der Senat sie selbständig auslegen kann (BAGE 24, 198, 202 = AP Nr. 2 zu § 111 BBiG, zu 2a der Gründe; BAG Urteil vom 20. Februar 1991 – 4 AZR 377/90 –, n. v.). Wird – wie hier – in einem Arbeitsvertrag auf die einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen Bezug genommen, ist davon auszugehen, daß sich die Eingruppierung des Arbeitnehmers nach der zutreffenden Vergütungsgruppe richten soll. Dies gilt auch dann, wenn in dem Arbeitsvertrag an anderer Stelle auf eine bestimmte Vergütungsgruppe verwiesen wird. Dieser Verweisung kommt nur die Bedeutung zu, festzulegen, welche Vergütungsgruppe die Parteien einmal als zutreffend angesehen haben (BAG Urteil vom 12. Dezember 1990 – 4 AZR 306/90 – EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 4 = ZTR 1991, 199; BAG Urteil vom 20. Februar 1991 – 4 AZR 377/90 –, n. v.). Auch die spätere rückwirkende Gewährung von Vergütung nach VergGr. IVb BAT/VKA ab 1. Januar 1991 ändert daran nichts. Sie erfolgte mit Schreiben vom 30. Januar 1992, das ein “Nachtrag” zum “Arbeitsvertrag” ist.

2. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Bezugnahme der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und die Anlage 1a hierzu in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung Anwendung. Denn die Parteien haben auf den BAT in der für die beklagte Stadt geltenden Fassung Bezug genommen. Die Beklagte ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen (KAVNW), so daß die für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltende Fassung Vertragsbestandteil geworden ist.

3. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit davon ab, ob mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihm in Anspruch genommenen VergGr. IVa des 6. Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) vom 19. Juni 1970 in der Neufassung des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT vom 24. April 1991, in Kraft ab 1. Januar 1991, entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT).

a) Damit ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Diesen hat der Senat verstanden als eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAGE 51, 59; 51, 282; 51, 356 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975; ständige Rechtsprechung des Senats). Dabei ist es zwar rechtlich möglich, daß die gesamte Tätigkeit des Angestellten nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und einer rechtlichen Bewertung zugänglich ist (vgl. Urteil des Senats vom 30. Januar 1985 – 4 AZR 184/83 – AP Nr. 101 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil des Senats vom 23. Februar 1983 – 4 AZR 222/80 – BAGE 42, 29 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (vgl. Urteil des Senats vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 45/93 – AP Nr. 172 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil des Senats vom 20. März 1991 – 4 AZR 471/90 – AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

b) Das Landesarbeitsgericht hat die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit in der Jugendgerichtshilfe als einen Arbeitsvorgang angesehen. Diese Beurteilung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat hat in Eingruppierungsstreitigkeiten von Sozialarbeitern regelmäßig angenommen, daß die gesamte einem Sozialarbeiter übertragene Tätigkeit als einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen sei, da deren Tätigkeit auf ein einheitliches Arbeitsergebnis, nämlich die Betreuung des ihnen zugewiesenen Personenkreises, gerichtet sei. Demgemäß habe ihre Tätigkeit Funktionscharakter. Die einzelnen von ihnen ausgeübten Tätigkeiten seien tatsächlich nicht trennbar und tariflich einheitlich zu bewerten. Einen einheitlichen großen Arbeitsvorgang hat der Senat beispielsweise bei einem Sozialarbeiter im Sachgebiet “Sozialdienst für Nichtseßhafte und Haftentlassene” der Abteilung “Gefährdetenhilfe” (Urteil vom 4. Mai 1988 – 4 AZR 728/87 – AP Nr. 143 zu §§ 22, 23 BAT 1975), einer Sozialarbeiterin im Sachgebiet “Erziehungsbeistandschaften in der Familientherapie” (Urteil vom 6. Februar 1991 – 4 AZR 343/90 – ZTR 1991, 379), eines für die “Organisation von therapeutischen Wohngemeinschaften und deren Beratung” zuständigen Diplom-Sozialarbeiters (Urteil vom 29. September 1993 – 4 AZR 690/92 – AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter), einer Sozialarbeiterin in der “Behindertenbetreuung” (Urteil vom 9. März 1994 – 4 AZR 288/93 –, n. v.) angenommen.

Das gilt auch für den vorliegenden Fall eines Sozialarbeiters in der Jugendgerichtshilfe. Auch die gesamte einem Sozialarbeiter im Sachgebiet der Jugendgerichtshilfe übertragene Tätigkeit ist auf ein einheitliches Arbeitsergebnis, nämlich die Jugendgerichtshilfe mit den mit ihr einhergehenden Aufgaben gerichtet, bei der das Arbeitsergebnis die Betreuung von Jugendlichen im Sinne des JGG und ggf. ihrer Familien vor, während und nach einer Gerichtsverhandlung ist. Entgegen den Bedenken der beklagten Stadt handelt es sich um einen Arbeitsvorgang. Alle Einzelaufgaben des Klägers dienen einem Arbeitsergebnis und sind deshalb nach tatsächlichen Gesichtspunkten nicht weiter aufteilbar. Diese Tätigkeit kann nicht, wie die beklagte Stadt meint, in einzelne Arbeitsvorgänge, nämlich die Betreuung eines bestimmten Jugendlichen in einem bestimmten Jugendgerichtsverfahren mit bestimmten Defekten und Vorwürfen und bestimmten Maßregeln und Strafen etc. aufgegliedert werden. Daß die Jugendgerichtshilfeakten bezogen auf den einzelnen Jugendlichen geführt werden, ändert daran nichts. Denn es geht nicht um die entscheidungsreife Bearbeitung eines einzelnen Antrages, z. B. auf Gewährung von Leistungen, oder um die Bearbeitung eines Widerspruchs gegen einen Verwaltungsakt, sondern um die Jugendgerichtshilfe überhaupt, die sich aus zahlreichen, zeitlich auseinanderliegenden Einzeltätigkeiten bezogen auf die unterschiedlichsten Vorgänge, Fälle zusammensetzt, was für eine funktional zusammengehörende Tätigkeit spricht. Diese Tätigkeit kann nicht sinnvoll nach der Schwierigkeit der vom Kläger zu bearbeitenden Einzelfälle aufgespalten werden, wie die Beklagte meint. Es ist zwar richtig, daß Tätigkeiten von unterschiedlicher tariflicher Wertung nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden dürfen. Nach der Rechtsprechung des Senats (z. B. Urteil vom 12. November 1986 – 4 AZR 718/85 – AP Nr. 129 zu §§ 22, 23 BAT 1975) ist aber nur die Zusammenfassung tatsächlich trennbarer Tätigkeiten ausgeschlossen. Um solche Tätigkeiten handelt es sich hier indes nicht. Denn es steht nicht von vornherein fest, welchen Schwierigkeitsgrad ein einzelner Fall aufweist. Das stellt sich häufig erst im Zuge der Bearbeitung heraus. Gegen die Auffassung der Beklagten, als Arbeitsvorgang sei der jeweilige Einzelfall der Jugendgerichtshilfe anzusehen, spricht der bei den Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1a zum BAT/VKA zum Ausdruck gekommene Wille der Tarifvertragsparteien. Dort wird die Betreuung bestimmter näher bezeichneter Personengruppen insgesamt genannt, um schwierige Tätigkeiten des Sozialarbeiters zu kennzeichnen (Protokollerklärung Nr. 12 zu VergGr. IVb Fallgruppe 16). Darauf hat der Senat in seinem Urteil vom 29. September 1993 – 4 AZR 690/92 – AP, aaO, bereits hingewiesen. Eine hiervon ausgehende Bewertung der Tätigkeiten des Sozialarbeiters muß notwendigerweise alle für den entsprechenden Personenkreis zu erledigenden Tätigkeiten zu einem Arbeitsvorgang zusammenfassen. Entsprechendes gilt auch für einen Sozialarbeiter in der Jugendgerichtshilfe.

Schon die von der Beklagten praktizierte Zuweisung der gesamten Jugendgerichtshilfe an den Kläger und zwei weitere Sachbearbeiter zeigt, daß die Jugendgerichtshilfe, die ersichtlich nur wegen ihres Umfanges auf drei Mitarbeiter verteilt wurde, praktisch und bei natürlicher Betrachtungsweise nicht sinnvoll nach Schwierigkeit in einzelne Fallbearbeitungen aufgeteilt werden kann, sondern eine Einheit bildet, mag die Jugendgerichtshilfe auch von mehreren Mitarbeitern – etwa nach den Anfangsbuchstaben der Namen der zu betreuenden Jugendlichen oder Heranwachsenden – durchgeführt werden.

Die Frage bedarf jedoch für den vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung, weil der Tatsachenvortrag des Klägers ohnehin nicht die Verpflichtung der beklagten Stadt begründet, dem Kläger Vergütung nach VergGr. IVa BAT/VKA zu gewähren.

4.a) Für die Eingruppierung des Klägers sind die speziellen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1a zum BAT (Vergütungsordnung VKA) maßgebend. Diese haben, soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, folgenden Wortlaut:

“Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 10

Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16

Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

mit schwierigen Tätigkeiten. (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 und 12)”

Die Protokollerklärung Nr. 12 lautet:

“Schwierige Tätigkeiten sind z. B. die

  • Beratung von Suchtmittel-Abhängigen,
  • Beratung von HIV-Infizierten oder an AIDS erkrankten Personen,
  • begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner,
  • begleitende Fürsorge für Strafgefangene und nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene,
  • Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter mindestens der Vergütungsgruppe Vb.

Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 15

Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 heraushebt.”

Die von dem Kläger in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale der VergGr. IVa Fallgruppe 15 bauen auf der VergGr. IVb Fallgruppe 16 auf, die ihrerseits die Erfüllung der Anforderungen der VergGr. Vb Fallgruppe 10 BAT/VKA voraussetzt.

Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Kläger erfülle zwar die Voraussetzungen der VergGr. Vb Fallgruppe 10 und die Voraussetzungen der VergGr. IVb Fallgruppe 16, eine sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IVb Fallgruppe 16 heraushebende Tätigkeit im Sinne der VergGr. IVa Fallgruppe 15 liege jedoch nicht vor, so daß der Kläger nicht mit Erfolg Vergütung nach der VergGr. IVa BAT/VKA verlangen könne.

Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

b) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die VergGr. Vb Fallgruppe 10 erfüllt.

Der Kläger ist Diplom-Sozialarbeiter mit staatlicher Anerkennung.

Seine Tätigkeit entspricht auch dem Berufsbild eines Sozialarbeiters. Der Kläger ist in der Jugendgerichtshilfe tätig. Der normale Aufgabenbereich eines Sozialarbeiters ist nach seinem Berufsbild und nach seiner Ausbildung auf Hilfeleistung in sozialen Problemfällen ausgerichtet. Demgemäß werden üblicherweise für Sozialarbeiter folgende Tätigkeitsfelder und Aufgabenbereiche der Sozialarbeit angenommen: Gesundheitshilfen, Jugendhilfe und Sozialhilfe. Unter den Bereich der Jugendhilfe fällt auch die Tätigkeit der Hilfe für straffällig gewordene Jugendliche und Heranwachsende im Rahmen der Jugendgerichtshilfe, der Bewährungshilfe und der Sozialarbeit in Jugendstrafanstalten. Dabei wird die Jugendgerichtshilfe zum Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) (Familienfürsorge) gerechnet (vgl. Blätter zur Berufskunde Bd. 2 IV AZO Diplom-Sozialpädagoge/Diplom-Sozialpädagogin, Diplom-Sozialarbeiter/Diplom-Sozialarbeiterin, 5. Aufl., S. 2 ff. ≪4, 12≫).

c) Das Landesarbeitsgericht hat weiter ausgeführt, der Kläger erfülle mit dem Arbeitsvorgang Jugendgerichtshilfe die Voraussetzungen der VergGr. IVb Fallgruppe 16. Es hat dieses Ergebnis damit begründet, die vom Kläger wahrgenommenen Tätigkeiten entsprächen ihrer Wertigkeit nach den von den Tarifvertragsparteien in der Protokollerklärung Nr. 12 gewählten Beispielen und seien auch unter die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale zu subsumieren.

Auch das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Zwar vertritt Hofmann (Das Tarifrecht im öffentlichen Dienst, Stand: Mai 1994, S. 1450 Bl. 3) die Auffassung, Tätigkeiten eines Sozialarbeiters im Vorfeld gerichtlicher Handlungen, die Wahrnehmung von Gerichtsterminen und Tätigkeiten nach gerichtlichen Verhandlungen seien nicht als “schwierig” anzusehen, gehörten also zu den Grund- bzw. Normaltätigkeiten eines Sozialarbeiters. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese (BAT, Teil 2 VKA, Sozial- und Erziehungsdienst, Anm. 32) nehmen aber demgegenüber an, schwierige Tätigkeiten im Sinne der Protokollerklärung Nr. 12 dürften auch Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung ausüben, denen zeitlich mindestens zur Hälfte ihrer Arbeitszeit Aufgaben im Zusammenhang mit der Jugend-/Familiengerichtshilfe übertragen seien. Eine Begründung liefern sie nicht. Bei Hofmann ist das Rundschreiben A9/1992 des KAV Bayern vom 20. März 1992 zitiert, aus dem Hofmann die Auffassung des KAV Bayern entnimmt, daß Sozialarbeiter/Sozialpädagogen, die zeitlich mindestens zur Hälfte Aufgaben im Zusammenhang mit der Jugend-/Familiengerichtshilfe auszuüben hätten, insoweit schwierige Aufgaben im Tarifsinne ausübten und deshalb die Voraussetzungen der VergGr. IVb Fallgruppe 16 erfüllten. Demgegenüber vertritt der KAV Niedersachsen nach Hofmann (aaO, S. 1350, S. 12 ff. ≪14≫) in seinem Schreiben Nr. A2/93 vom 4. Januar 1993 die Auffassung, daß die Tätigkeiten in der Jugendgerichtshilfe grundsätzlich von der VergGr. Vb Fallgruppe 10 in Verbindung mit der VergGr. IVb Fallgruppe 17 erfaßt würden. Allerdings kämen je nach Lage des Einzelfalles auch “schwierige Tätigkeiten” im Sinne der VergGr. IVb Fallgruppe 16 in Betracht.

Das Merkmal der schwierigen Tätigkeit im Sinne der Fallgruppe 16 der VergGr. IVb BAT/VKA Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst haben die Tarifvertragsparteien in der Protokollerklärung Nr. 12 durch konkrete Beispiele erläutert (Urteil des Senats vom 29. September 1993 – 4 AZR 690/92 – AP, aaO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist dann, wenn eines dieser Tätigkeitsbeispiele zutrifft, auch das Merkmal des Oberbegriffs erfüllt (Urteile des Senats vom 5. Juli 1978 – 4 AZR 795/76 – AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 29. April 1981 – 4 AZR 1007/78 – AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk sowie Urteil vom 12. Dezember 1990 – 4 AZR 306/90 – EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 4). Wird kein Tätigkeitsbeispiel erfüllt, ist auf den allgemeinen Begriff zurückzugreifen, wobei dann aber dessen Bestimmung von den Maßstäben der Beispielstatbestände aus zu erfolgen hat; die Tarifvertragsparteien haben mit den Beispielen Maß und Richtung für die Auslegung des allgemeinen Begriffs vorgegeben (BAGE 45, 121, 126 = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung; BAGE 51, 59, 87 f. = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Bei den vom Kläger zu betreuenden Jugendlichen handelt es sich zwar nicht um Angehörige der in der Protokollerklärung Nr. 12 ausdrücklich aufgeführten Problemgruppen. An den Kläger werden aber ähnlich hohe Anforderungen gestellt. Wie bei den in der Protokollerklärung Nr. 12 genannten Personengruppen ist auch bei den im Rahmen der Jugendgerichtshilfe zu betreuenden Jugendlichen typischerweise von besonders vielgestaltigen oder umfangreichen sozialen Problemen auszugehen. Die Tätigkeit des Klägers hebt sich aus der Normal- oder Grundtätigkeit eines Sozialarbeiters dadurch heraus, daß der Kläger als Vertreter der Jugendgerichtshilfe zwischen Richter und Jugendlichen steht und deshalb seine Aufgabe oft problematisch ist und als widerspruchsvoll erscheinen kann. Der Widerspruch im Auftrag der sozialpädagogisch/sozialen Arbeit zwischen Hilfe und sozialer Kontrolle ist bei Positionen im Rechtssystem wie der des Jugendgerichtshelfers besonders akzentuiert (vgl. Blätter für Berufskunde, aaO, S. 12). Ohne gute Jugendgerichtshilfe könnten die Jugendgerichte ihre Aufgaben nicht erfüllen. Durch Aufklärung und Vortrag der erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte schafft die Jugendgerichtshilfe die Voraussetzungen für die gezielte Anwendung des JGG als Täterstrafrecht. Weiter bereitet die Jugendgerichtshilfe durch Unterstüzung und Betreuung, Beratung und Leitung des Jugendlichen, aber auch durch seine Überwachung und durch Zusammenarbeit mit der Bewährungshilfe den Boden für den Erfolg der vom Jugendgericht getroffenen Maßnahmen. Die Jugendgerichtshilfe hilft gleichzeitig dem Gericht und dem Täter. Die Jugendgerichtshilfe ist aber weder Gehilfe der Polizei oder des Jugendstaatsanwaltes noch Verteidiger oder Vertreter des Jugendlichen oder dessen Erziehungsberechtigten. Gleichwohl ist ein Spannungsfeld nicht zu übersehen. Die Wahrnehmung der so umschriebenen wichtigen und neutralen Aufgabe durch die besondere Institution der Jugendgerichtshilfe, die als Prozeßhilfeorgan eigener Art verstanden wird und eine beachtliche Rechtsstellung im Verfahren gegen Jugendliche oder Heranwachsende hat, erscheint sonach als Aufgabe, die schwierige Tätigkeiten im Tarifsinne in rechtserheblichem Umfange aufweist. Deshalb erfüllt der Kläger die Voraussetzungen der VergGr. IVb Fallgruppe 16. Das leugnet die beklagte Stadt auch nicht.

d) Dem Kläger steht aber die von ihm geforderte Vergütung nach der VergGr. IVa BAT/VKA deswegen nicht zu, weil seinem Vorbringen nicht entnommen werden kann, daß sich seine Tätigkeit aus der VergGr. IVb Fallgruppe 16 durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung im Sinne der VergGr. IVa Fallgruppe 15 heraushebt.

Die weitere Heraushebung durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit (VergGr. IVa Fallgruppe 15) verlangt, was die Schwierigkeit angeht, eine beträchtliche, gewichtige Heraushebung bei den fachlichen Anforderungen gegenüber der VergGr. IVb Fallgruppe 16. Bei der gesteigerten Bedeutung der Tätigkeit genügt eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung. Sie muß sich auf die Auswirkungen der Tätigkeit beziehen und kann sich aus der Bedeutung oder der Größe des Aufgabenkreises sowie der Tragweite für den innerdienstlichen Bereich und die Allgemeinheit ergeben (vgl. Urteil des Senats vom 29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 – BAGE 51, 59, 90 f. = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil des Senats vom 29. September 1993 – 4 AZR 690/92 – AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter).

Die Anwendung dieser Merkmale durch das Landesarbeitsgericht ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die besondere Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit ergebe sich nicht daraus, daß ein Teil der von dem Kläger betreuten Jugendlichen Angehörige der jeweiligen in den Tätigkeitsbeispielen der Protokollerklärung Nr. 12 angeführten Gruppen seien. Die Tarifvertragsparteien hätten solche Tätigkeiten als schwierig angesehen, die sich auf Menschen bezögen, die nicht nur allgemeine Sozialisationsdefizite hätten, sondern die darüber hinaus besondere Probleme zu bewältigen hätten wie Suchtmittel-Abhängige und HIV-Infizierte oder an AIDS-Erkrankte sowie andererseits solche, bei denen sich bereits Konflikte im Rahmen der bestehenden Gesellschaftsordnung durch Heimerziehung oder Strafhaft manifestiert hätten. Unter den von dem Kläger zu betreuenden Jugendlichen befänden sich sowohl Suchtmittel-Abhängige als auch HIV-Infizierte als auch an AIDS-Erkrankte. Der Kläger habe außerdem Jugendliche während des Vollzugs und nach dessen Ende zu betreuen. Es sei aber nicht feststellbar, daß sich die Tätigkeit des Klägers ihrer Art nach erheblich von den in den Tätigkeitsbeispielen niedergelegten unterscheide. So erfordere etwa gerade die Betreuung Suchtmittel-Abhängiger, solle sie zu einem Erfolg führen, die Einbeziehung des Umfeldes des Abhängigen und die Durchführung von Gesprächen und sonstiger Versuche, Ursachen für Fehlentwicklungen nicht nur in der Person des Betreuten, sondern unter Umständen gerade in seinem engsten Familienkreis aufzuzeigen und um Abhilfe bemüht zu sein. Desgleichen stelle die Betreuung von AIDS-Erkrankten und HIV-Infizierten eine nicht weniger schwierige Tätigkeit dar. Auch hier gehe der Sozialarbeiter eine helfende Beziehung mit dem Patienten ein, setze sich mit ihm auseinander, erkenne seine aktuelle Konfliktlage und böte ihm Lösungsmöglichkeiten an und vermittele diese. Dabei sei wie bei einem großen Teil der Tätigkeit des Klägers auch hier die Anamneseerstellung ebenso erforderlich wie die Gespräche mit Angehörigen, dem Arzt u. a. Die Tatsache, daß der Kläger möglicherweise mit allen oder mehreren der in den Tätigkeitsbeispielen aufgezeigten Problemgruppen arbeiten müsse, verändere die ausgeübte Tätigkeit ihrer Wertigkeit nach nicht so erheblich, daß das die Eingruppierung in die nächst höhere Tarifgruppe rechtfertige. Die “Kumulierung” der in den Tätigkeitsbeispielen enthaltenen Tätigkeiten ergebe nicht die von den Tarifvertragsparteien geforderte gewichtige Heraushebung über die in der VergGr. IVb Fallgruppe 16 bereits gestellten Anforderungen hinaus. Dagegen stehe die Vergleichbarkeit der in den Tätigkeitsbeispielen angeführten und der vom Kläger wahrgenommenen Tätigkeiten.

Die Revision rügt demgegenüber, die Tätigkeit des Klägers gehe eben über diese Beispiele hinaus sowohl vom Umfang als auch von der Dauer und dem Aufgabenfeld her.

Beim Tarifbegriff der “besonderen Schwierigkeit” handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Bei der Anwendung eines solchen Rechtsbegriffs durch das Berufungsgericht kann das Revisionsgericht nur überprüfen, ob der Begriff als solcher verkannt worden ist oder ob bei der Subsumtion Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände nicht berücksichtigt worden sind (Urteil des Senats vom 29. September 1993 – 4 AZR 690/92 – AP, aaO, m.w.N.).

Diesem Prüfungsansatz halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts stand.

Das Landesarbeitsgericht hat den Vortrag des Klägers wegen der schon im Normalfall relativ hohen Anforderungen an einen Sozialarbeiter nicht für die Erfüllung des Heraushebungsmerkmals der “besonderen Schwierigkeit” ausreichen lassen. Das wird durch seinen Vergleich der Tätigkeit des Klägers mit denen der Protokollerklärung Nr. 12 deutlich. Anwendungsfehler sind dabei nicht zu erkennen.

Der Auffassung des Klägers, das Vorliegen des qualifizierenden Merkmals der besonderen Schwierigkeit ergebe sich aus der “Kumulierung” der in den Tätigkeitsbeispielen enthaltenen Tätigkeit, kann nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, daß der Kläger nicht vorgetragen hat, wieviele der von ihm zu betreuenden Jugendlichen oder Heranwachsenden zugleich zu den Problemgruppen gehören, die in den Tätigkeitsbeispielen der Protokollerklärung Nr. 12 genannt sind, mit der Folge, daß nicht davon ausgegangen werden kann, daß die Tätigkeit des Klägers mit Angehörigen dieser Problemgruppen einen rechtserheblichen Umfang hat, fehlt es an der Darstellung des Klägers, was es denn ausmacht, daß seine Tätigkeit mit Angehörigen der in der Protokollerklärung Nr. 12 genannten Problemgruppen im Rahmen der Jugendgerichtshilfe als besonders schwierig sein soll.

Hinsichtlich des übrigen Vortrages des Klägers fehlt es an der erforderlichen, über Begrifflichkeiten hinausgehenden Konkretisierung.

Es ist nicht zu beanstanden, daß das Landesarbeitsgericht bei den vom Kläger betreuten Jugendlichen und Heranwachsenden keine über die typische Belastung durch Angehörige der in der Protokollerklärung Nr. 12 genannten Problemgruppen hinausgehende gesehen hat. Daß gerade die Überzeugungsbildung des Betroffenen weitaus schwieriger einzuschätzen sei als die Beratung eines HIV-Infizierten, bleibt Behauptung. Soweit der Jugendliche in einer Heranreifungs- und Wachstumsphase weitaus schwieriger zu handhaben sei als jeder erwachsene HIV-Infizierte, so ist das nicht durch Tatsachen belegt. Das gilt auch für den Hinweis der Revision, die Fürsorge hinsichtlich eines erwachsenen Strafgefangenen sei weitaus unproblematischer als die Betreuung eines jugendlichen Strafgefangenen, der nicht zuletzt aufgrund der gewachsenen Konfliktlage der Verfehlung und des Virulentwerdens von Erziehungsdefiziten vom Kläger auf die “richtige Bahn” gebracht werden solle. Es sind auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür erkennbar, warum die besondere, für den Gesunden schwer nachempfindbare psychische Situation suchtmittelabhängiger oder AIDS-infizierter oder -erkrankter Personen deutlich geringere Probleme für einen Sozialarbeiter aufwerfen sollte als die Lage Jugendlicher oder Erwachsener, die im Rahmen der Jugendgerichtshilfe betreut werden. Daß die Betreuung von Angehörigen der in Nr. 12 der Protokollerklärung genannten Problemgruppen sich in der bloßen Verweisung auf irgendwelche Institutionen und in entsprechenden Hinweisen und in der Einleitung von Fürsorgemaßnahmen erschöpfe, wie der Kläger meint vortragen zu müssen, bleibt zum einen Behauptung, und zum anderen vermag eine Abwertung der Tätigkeit von Sozialarbeitern in anderen Arbeitsbereichen das Vorliegen des Heraushebungsmerkmals nicht zu begründen. Vielmehr mußte geschildert werden, was – im Gegensatz zu schwierigen Tätigkeiten i. S. der VergGr. IV Fallgruppe 16 – das Heraushebungsmerkmal der besonderen Schwierigkeit ausfüllen soll. Der Tatsachenvortrag muß einen wertenden Vergleich mit den unter die VergGr. IVb Fallgruppe 16 fallenden nicht herausgehobenen Tätigkeiten enthalten, also Tatsachen, die dafür stehen sollen, daß gegenüber den unter die VergGr. IVb Fallgruppe 16 fallenden Tätigkeiten der Kläger Aufgaben wahrnimmt, die sich durch besondere Schwierigkeit hervorheben (vgl. Urteil des Senats vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 47/93 – AP Nr. 173 zu §§ 22, 23 BAT 1975, zum tariflichen Heraushebungsmerkmal der besonderen Leistungen). Es ist also notwendig darzulegen, warum eine bestimmte Tätigkeit besonders schwierig ist oder wenigstens als besonders schwierig betrachtet werden kann. An einem derartigen Vortrag, der Grundlage für einen wertenden Vergleich mit der Tätigkeit der unter die VergGr. IVb Fallgruppe 16 fallenden Sozialarbeiter sein könnte, fehlt es hier.

Der Kläger verkennt, daß der Diplom-Sozialarbeiter “mit entsprechender Tätigkeit” in VergGr. Vb Fallgruppe 10 eingruppiert ist und die Tätigkeit in der Jugendgerichtshilfe nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts das Tätigkeitsmerkmal “mit schwierigen Tätigkeiten” der Fallgruppe 16 der VergGr. IVb erfüllt. Was demgegenüber die besondere Schwierigkeit ausmachen soll, ist mit dem Satz des Klägers, dadurch, daß er sämtliche Bereiche der Jugendgerichtshilfe interdisziplinär abdecken müsse, bedürfe er eines erhöhten Grades an Kompetenz und Fachwissen, nicht belegt. Es ist vom Kläger nicht dargetan, was der Kläger an Fachwissen aufweisen muß, das beträchtlich über das hinaus geht, was beispielsweise ein Sozialarbeiter in der Betreuung von Suchtmittel-Abhängigen oder HIV-Infizierten oder an AIDS-Erkrankten haben muß. Das gilt auch für den Hinweis der Revision auf die persönlichen Beratungsgespräche, mit denen er unmittelbar Einfluß auf eine persönliche Lebenssphäre des jugendlichen Menschen nehme, um diesen in seinem Lebensumfeld zu stabilisieren und zu integrieren, und auf seine Aufgaben wie Lebensplanung, Fortführung der Ausbildung und ggf. Therapie oder sozialtherapeutische Begleitung. Deutlich gesteigerte Anforderungen an die fachlichen Fähigkeiten gegenüber der Betreuung von Angehörigen der in der Protokollerklärung Nr. 12 genannten Problemgruppen ergeben sich daraus nicht. Auch insoweit hätte der Kläger anhand von Tatsachen vortragen müssen, was es ausmacht, daß an ihn Anforderungen gestellt werden, die über die hinaus gehen, die bei der Betreuung der in der Protokollerklärung Nr. 12 genannten Problemgruppen anfallen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, warum die Aufgabe des Klägers, die von ihrem eigenen sozialen Umfeld vernachlässigten Jugendlichen durch geeignete Maßnahmen derart zu unterstützen, daß sie in der Gesellschaft bestehen können und nicht durch etwaige Erziehungsdefizite der Eltern auf der “schiefen Bahn” bleiben, die Betreuungstätigkeit des Klägers als besonders schwierig erscheinen lassen soll. Das gilt auch für seinen Vortrag, er werde in seiner erzieherischen, psychologischen und sozialarbeiterischen Fähigkeit gefordert, um eben gerade die Fehler zumindest anzugehen, die die Straffälligkeit ausgelöst hätten. Sein Hinweis auf die Verpflichtung, Entscheidungen zu treffen, die nur mit einem großen Aufwand an Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit dem Jugendlichen vermittelt werden könnten, läßt nicht erkennen, warum gerade das seine Tätigkeit zu einer besonders schwierigen machen soll. Der Kläger verweist darauf, daß seine Tätigkeit Selbständigkeit erfordere. Damit mag das Tätigkeitsmerkmal “selbständige Leistungen” angesprochen sein, das im unterschiedlich zeitlichen Maß ab VergGr. VIb Fallgruppe 1a BAT/VKA gefordert wird. Auch mag sich im Einzelfall die besondere Schwierigkeit einer Tätigkeit durchaus damit begründen lassen, daß sie sich aus der Qualität der zu erbringenden selbständigen Leistungen ergibt, weil an das Überlegungsvermögen eines Angestellten große Anforderungen gestellt werden. Insoweit fehlt es aber an hinreichendem Tatsachenvortrag, die diesen Schluß zulassen. Der Hinweis des Klägers deutet vielmehr eher darauf hin, daß er das Tätigkeitsmerkmal “selbständige Leistungen” mit dem Begriff “selbständig arbeiten” i. S. von allein arbeiten verwechselt, d. h., ohne direkte Aufsicht oder Leitung durch Weisungen tätig zu sein (vgl. BAG Urteil vom 9. November 1957 – 4 AZR 592/55 – AP Nr. 29 zu § 3 TOA; BAG Urteil vom 21. März 1984 – 4 AZR 76/82 – AP Nr. 89 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vgl. auch BAG Urteil vom 28. April 1982 – 4 AZR 707/79 – AP Nr. 62 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Das belegt der Vortrag des Klägers, er sei nicht einmal unmittelbar weisungsgebunden.

5. Da die Tätigkeit des Klägers schon nicht wegen ihrer Schwierigkeit aus dem herausragt, was die VergGr. IVb Fallgruppe 16 von einem Sozialarbeiter verlangt, kann dahinstehen, ob seine Tätigkeit gegenüber der von einem in diese Vergütungsgruppe eingruppierten Sozialarbeiter verlangten in ihrer Bedeutung herausgehoben ist. Auch die Erfüllung dieses für die begehrte Eingruppierung zusätzlich erforderlichen Tätigkeitsmerkmals ist sehr zweifelhaft. Das Ziel, auf die Jugendlichen derart einzuwirken, daß sie vom “kriminellen Pfad” in ein “normales” Leben resozialisiert werden, ist in seiner sozialen Tragweite gut vergleichbar mit der sozialen Bedeutung der Betreuung von Suchtmittel-Abhängigen, HIV-Infizierten und an AIDS-Erkrankten oder Strafgefangenen oder ehemaligen Strafgefangenen. Ein wertender Gesichtspunkt, warum die Tätigkeit des Klägers in diesem Vergleich von herausgehobener Bedeutung sein soll, ist nicht erkennbar. Daß resozialisierte Jugendliche künftig nicht mehr der Allgemeinheit zur Last fallen, gilt auch für erfolgreich betreute Suchtmittel-Abhängige und Strafgefangene.

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Bott, Friedrich, Hecker, Schwarz

 

Fundstellen

Haufe-Index 857042

NZA 1995, 861

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