OFD Frankfurt, 12.01.1999, S 2100 A - 1 - St II 22

Die steuerliche Begünstigung des Europäischen Währungsinstituts (EWI) und seiner Bediensteten findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 21 Protokoll über die Satzung des Europäischen Währungsinstituts vom Februar 1993. Danach genießt das EWI im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Vorrechte und Befreiungen nach Maßgabe des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften vom 8.4.1965 (BGBl II 1965 S. 1482) im Anhang zum Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.

 

1. Zuzug eines Mitarbeiters des EWI aus einem anderen Mitgliedstaat in die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen seiner Amtstätigkeit

 

1.1 Steuerpflicht

Bezüglich des steuerlichen Wohnsitzes enthält Art. 14 Abs. 1 Satz 1 – als primäres Gemeinschaftsrecht anzuwendendes – EG-Privilegienprotokoll für die Erhebung der Einkommen-, Vermögen-, Erbschaftsteuer sowie für die Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen eine Sonderregelung. Demnach wird der Mitarbeiter des EWI, der sich auch lediglich zur Ausübung seiner Amtstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen hat, so behandelt, als hätte er seinen früheren Wohnsitz im Heimatstaat, sofern es sich um einen früheren Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft handelt, beibehalten. Als Heimatstaat gilt daher der Staat, in dem der Mitarbeiter des EWI zur Zeit seines Dienstantritts beim EWI seinen steuerlichen Wohnsitz hatte.

Art. 14 Abs. 1 Satz 1 EG-Privilegienprotokoll begründet damit eine Ansässigkeitsfiktion, die dazu führt, daß der nunmehr in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Mitarbeiter des EWI weiterhin in seinem früheren Wohnsitzstaat der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt. Als weitere Konsequenz sind die in Frankfurt am Main beschäftigten Mitarbeiter des EWI trotz ihres tatsächlichen Wohnsitzes in der Bundesrepublik Deutschland in der Regel nur beschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 4 EStG.

Der fiktive Wohnsitz mit der Folge der beschränkten Steuerpflicht gilt auch für den Ehepartner sowie für unterhaltsberechtigte Kinder. Üben diese jedoch eine eigene Berufstätigkeit aus, findet die Ansässigkeitsfiktion – mit Ausnahme des Falles, daß sie beim EWI beschäftigt sind – keine Anwendung (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 EG-Privilegienprotokoll). In diesem Fall unterliegen diese Personen mit ihrem Welteinkommen – unter Berücksichtigung etwaiger Doppelbesteuerungsabkommen bei ausländischen Einkünften – der persönlichen unbeschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG.

Nach Art. 13 Abs. 2 EG-Privilegienprotokoll sind die von der Europäischen Gemeinschaft gezahlten Gehälter, Löhne und Bezüge von innerstaatlichen Steuern befreit, vgl. auch BMF-Schreiben vom 23.2.1999, IV B 3 – S 1311 – 30/99, BStBl 1999 I S. 405. Die Besteuerung der Dienstbezüge erfolgt durch die Europäische Gemeinschaft kraft ihrer steuerlichen Hoheit (Art. 13 Abs. 1 EG-Privilegienprotokoll). Andere als die in Art. 13 Abs. 2 Protokoll bezeichneten Einkünfte sind in dem jeweils steuerberechtigten Staat der Besteuerung zu unterwerfen. In der Bundesrepublik Deutschland als Tätigkeitsstaat werden daher nur die übrigen Einkünfte im Sinne des § 49 EStG besteuert, für die ihr nach einem Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Entsendestaat (Mitgliedstaat der Europäischen Union) das Besteuerungsrecht zusteht (z.B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens). Einkünfte des Ehepartners oder der Kinder eines Mitarbeiters des EWI sind nicht von der innerstaatlichen Steuer freigestellt, es sei denn, der Ehepartner bzw. das unterhaltsberechtigte Kind sind ebenfalls bei dem EWI beschäftigt.

Die Antragsveranlagung nach § 1 Abs. 3 EStG mit der Folge der unbeschränkten Steuerpflicht ist möglich, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Hierbei ist zu beachten, daß die nach dem EG-Privilegienprotokoll steuerbefreiten Einkünfte nicht in die Überprüfung der relativen und absoluten Einkunftsgrenzen im Sinne des § 1 Abs. 3 und § 1 a EStG einzubeziehen sind.

Der Nachweis der Voraussetzungen ist jedoch auch in diesem Fall durch Vorlage der ausgefüllten Anlage EU/EWR zu führen, wobei die gemäß Art. 13 Abs. 1 EG-Privilegienprotokoll steuerbefreiten Einkünfte in der Anlage nicht aufgeführt werden müssen.

 

1.2 Veranlagungsform

Für Ehegatten besteht grundsätzlich nicht die Möglichkeit der Zusammenveranlagung, da der beim EWI Beschäftigte und in der Regel auch sein Ehepartner infolge der Wohnsitzfiktion nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 EG-Privilegienprotokoll nicht der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen.

Nur unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG i.V.m. § 1 a EStG sind die steuerlichen Vergünstigungen für Ehegatten zu gewähren.

 

2. Ansässigkeit in der Bundesrepublik Deutschland vor Dienstantritt

 

2.1 Steuerpflicht

Die Wohnsitzfiktion des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 EG-Privilegienprotokoll hat in diesem Fall keine Bedeutung, da der Mitarb...

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