(1) Durchsuchungen und Beschlagnahmen dürfen grundsätzlich nur durch das Gericht angeordnet werden (§§ 98 Abs. 1, 105 Abs. 1 StPO).

 

(2) Der Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses bzw. auf Anordnung der Beschlagnahme ist vor Erhebung der öffentlichen Anklage bei dem Amtsgericht zu stellen, in dessen Bezirk die beantragende Stelle ihren Sitz hat (§ 162 Abs. 1 Satz 1 StPO; vgl. Nummer 17 Abs. 3 und 4).

 

(3) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung muss tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthalten. Dazu muss der Beschluss den Tatvorwurf so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Die aufzuklärende Straftat ist so genau zu umschreiben, wie es nach den Umständen des Einzelfalls und dem jeweiligen Ergebnis der Ermittlungen möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht abträglich ist (z. B. BVerfG-Beschluss vom 6. März 2002 - 2 BvR 1619/00). Eine Durchsuchung ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erst dann zulässig, wenn weniger einschneidende Mittel, wie z. B. Auskunftsersuchen, nicht zur Verfügung stehen oder Angaben des Tatverdächtigen sich als falsch oder nicht nachprüfbar erweisen (BVerfG-Beschluss vom 3. Juli 2006 - 2 BvR 2030/04). Die Art oder der denkbare Inhalt der Beweismittel, denen die Durchsuchung gilt, sind anzugeben. Soweit eine genaue Bezeichnung des gesuchten Beweismaterials nicht möglich ist, sind die erwarteten Beweismittel annäherungsweise - ggf. in Form beispielhafter Angaben - zu beschreiben (BGH-Urteil vom 3. Dezember 1991 - 1 StR 120/90). In dem Antrag ist außerdem die Stelle anzugeben, deren Beamte mit der Durchsuchung beauftragt werden sollen. Dies ist in der Regel die Steufa.

 

(4) In dem Antrag auf Beschlagnahmeanordnung sind die Gegenstände, die beschlagnahmt werden sollen, so konkret anzugeben, dass Zweifel nicht entstehen. Lässt sich erst aufgrund der Durchsuchung bestimmen, welche Gegenstände zu beschlagnahmen sind, und ist aus diesem Grunde eine Beschlagnahme nicht angeordnet worden, kann ggf. eine Beschlagnahme wegen Gefahr im Verzug in Betracht kommen. Daneben ist es möglich, die Gegenstände zur zeitnahen Durchsicht mit an Amtsstelle zu nehmen. Nach Beendigung der Durchsuchung sind die beweiserheblichen Gegenstände zu beschlagnahmen, sofern sie nicht freiwillig herausgegeben wurden (vgl. BGH-Beschluss vom 5. August 2003 - 2 BJs 11/03).

 

(5) Nur bei Gefahr im Verzug können auch das Finanzamt - BuStra - (§ 399 AO) oder der Steuerfahndungsbeamte (§ 404 AO, § 152 GVG) eine Durchsuchung beim Verdächtigen (§ 102 StPO), bei Dritten (§ 103 StPO) und die Beschlagnahme anordnen (§§ 98 Abs. 1, 105 Abs. 1 StPO). § 399 Abs. 2 AO (vgl. Nummer 21 Satz 2) bleibt unberührt. Keiner Durchsuchungsanordnung bedarf es, wenn die Einsicht gestattet wird (vgl. Nummer 65).

 

(6) Gefahr im Verzug besteht, wenn eine gerichtliche Anordnung nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet würde. Ob dies der Fall ist, entscheidet der zuständige Amtsträger nach seiner Überzeugung. Die Frage, ob eine Durchsuchung wegen Gefahr im Verzug angeordnet werden darf, ist besonders sorgfältig zu prüfen. Eine Durchsuchung stellt einen schwerwiegenden Eingriff dar. Von der Einholung einer gerichtlichen Anordnung darf deshalb nur ausnahmsweise abgesehen werden. Nach dem Beschluss des BVerfG vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 ist der Begriff Gefahr im Verzug eng auszulegen. Die gerichtliche Anordnung einer Durchsuchung ist die Regel, die nichtgerichtliche die Ausnahme. Mit der tatsächlichen Befassung eines Ermittlungs- oder Eilrichters durch Antrag auf Erlass einer Beschlagnahme- bzw. Durchsuchungsanordnung endet stets die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden wegen "Gefahr in Verzug" und kann danach nur in Ausnahmefällen neu begründet werden (vgl. BVerfG-Beschluss vom 16. Juni 2015 - 2 BvR 2718/10).

 

(7) Gefahr im Verzug muss mit Tatsachen begründet werden, die auf den Einzelfall bezogen sind. Reine Spekulationen, hypothetische Erwägungen oder lediglich auf kriminalistische Alltagserfahrungen gestützte, fallunabhängige Vermutungen reichen nicht aus. Eine wirksame gerichtliche Nachprüfung der Annahme von Gefahr in Verzug setzt voraus, dass sowohl das Ergebnis als auch die Grundlage der Entscheidung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Durchführungsmaßnahme in den Ermittlungsakten dargelegt werden (vgl. BVerfG-Beschluss vom 11. Juni 2010 - 2 BvR 1046/08). Insbesondere muss erkennbar sein, aufgrund welcher Tatsachen eine Befassung eines Richters nicht möglich war und ein Beweismittelverlust drohte. Dies erfordert regelmäßig auch die Darlegung der durchgeführten Kontaktversuche mit dem zuständigen Ermittlungs- oder Eilrichter und dessen Vertreter (vgl. BVerfG-Beschluss vom 16. Juni 2015 - 2 BvR 2718/10). Die vorgenannten Maßnahmen sind im Protokoll über die Durchsuchung oder Beschlagnahme festzuhalten.

 

(8) Ist ein Gegenstand ohne gerichtliche Anordnung beschlagnahmt worden, soll innerhalb von d...

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