Leitsatz

Veräußert ein i.S.d. § 17 EStG qualifiziert beteiligter Gesellschafter Anteile an der Kapitalgesellschaft, die er zuvor aus seinem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen überführt hat, so tritt der Teilwert oder der gemeine Wert dieser Anteile nur dann an die Stelle der (historischen) Anschaffungskosten, wenn durch die Entnahme die stillen Reserven tatsächlich aufgedeckt und bis zur Höhe des Teilwerts oder gemeinen Werts steuerrechtlich erfasst sind oder noch erfasst werden können.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 4, § 17 Abs. 1 und Abs. 2 EStG, § 255 Abs. 1 HGB

 

Sachverhalt

K war zunächst unmittelbar und mittelbar qualifiziert an der Komplementär-GmbH einer KG beteiligt und entnahm die Beteiligung an der GmbH im Zug der Einbringung aller KG-Anteile in eine KGaA sodann aus seinem Sonderbetriebsvermögen II bei der KG in sein Privatvermögen. Der Entnahmegewinn blieb unversteuert und konnte wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Bestandskraft des Feststellungsbescheids der KG steuerrechtlich nicht erfasst werden. Später veräußerte der Kläger seine unmittelbare Beteiligung an der GmbH.

Sein Begehren, den Veräußerungsgewinn als Differenz zwischen Veräußerungspreis und Entnahmewert zu versteuern, hatte vor dem FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2009, 15 K 2503/07 E, Haufe-Index 2182280, EFG 2009, 1293) Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hob dagegen das FG-Urteil aus den in den Praxis-Hinweisen erörterten Gründen auf und wies die Klage ab. Der Veräußerungsgewinn war – wie dies das FA getan hatte – als Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis (im Streitfall 3 Mio.) und dem Nominalwert der Beteiligung als Anschaffungskosten (14 000) zu erfassen.

 

Hinweis

In dem Fall, der im Leitsatz bereits angesprochen ist, war fraglich, ob die Anschaffungskosten durch den Teilwert der in das Privatvermögen entnommenen Anteile gebildet werden.

1. Der in § 17 Abs. 2 EStG verwendete Begriff der "Anschaffungskosten" ist i.S.d. § 6 EStG und des § 255 Abs. 1 HGB auszulegen. Anteile werden angeschafft, wenn sie entgeltlich erworben werden. Überführt der Steuerpflichtige Anteile aus seinem Betriebsvermögen in sein Privatvermögen, erwirbt er sie mangels Rechtsträgerwechsels nicht und schafft sie deshalb auch nicht i.S.v. § 255 Abs. 1 HGB an.

2. Die Entnahme wird aber als anschaffungsähnlicher Vorgang angesehen mit der Folge, dass an die Stelle der "historischen" Anschaffungskosten der Entnahmewert (Teilwert, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) tritt.

3. Dies gilt aber nur dann, wenn durch die Entnahme die stillen Reserven tatsächlich aufgedeckt und bis zur Höhe des Teilwerts oder gemeinen Werts steuerrechtlich erfasst sind oder noch erfasst werden können. Denn sonst würden Wertsteigerungen bei einer anschließenden Veräußerung entgegen der gesetzlichen Intention nochmals und damit doppelt erfasst. Einer einschränkenden Auslegung des § 17 Abs. 2 EStG bedarf es deshalb nicht, wenn wie im entschiedenen Fall kein Entnahmegewinn erfasst wurde und auch nicht erfasst werden kann.

4.§ 17 EStG zielt nicht nur auf Wertsteigerungen im Privatvermögen. Als Folge der Typisierung durch einen fest bestimmten Zeitrahmen unterwirft § 17 Abs. 1 EStG alle Anteilsveräußerungen der Besteuerung, wenn der Steuerpflichtige innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war. Woher die veräußerten Anteile stammen, ob sie aus dem Betriebsvermögen entnommen, als ursprünglich einbringungsgeboren entstrickt oder nachträglich erworben wurden, ist unerheblich.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.04.2010 – IX R 22/09

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge