Artikel 1 Änderungen des Einkommensteuergesetzes

[...]

66. Nach § 50c wird folgender § 50d eingefügt:

„§ 50d Besonderheiten im Fall von Doppelbesteuerungsabkommen

(1) Können Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Kapitalertrag oder dem Steuerabzug auf Grund des § 50a unterliegen, nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht oder nur nach einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden, so sind die Vorschriften über die Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Steuer durch den Schuldner der Kapitalerträge oder Vergütungen im Sinne des § 50a ungeachtet des Abkommens anzuwenden. Unberührt bleibt der Anspruch des Gläubigers der Kapitalerträge oder Vergütungen auf völlige oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer; der Anspruch ist durch Antrag nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck geltend zu machen. Für die Erstattung der Kapitalertragsteuer gelten § 36 Abs. 2 Nr. 2 Sätze 2 bis 5 sinngemäß und § 45 entsprechend. Der Schuldner kann sich im Haftungsverfahren nicht auf die Rechte des Gläubigers aus dem Abkommen berufen.

(2) Die Berechtigung des Gläubigers der Kapitalerträge oder Vergütungen im Sinne des § 50a, eine Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung nach einem Abkommen in Anspruch zu nehmen, ist durch eine Bestätigung der für ihn zuständigen Steuerbehörde des anderen Vertragsstaats nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck nachzuweisen. Der Bundesminister der Finanzen kann im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder auf Grund eines Verständigungsverfahrens nach einem Abkommen ein erleichtertes Verfahren oder vereinfachte Nachweise zulassen.

(3) Bei Kapitalerträgen im Sinne des § 43 Abs. 1 Nr. 4, 5 und 8, wenn die Kapitalforderungen nicht in Schuldverschreibungen verbrieft sind, nicht ähnlich verkehrsfähig wie Schuldverschreibungen sind und nicht in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen sind, sowie bei Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 4 kann der Schuldner den Steuerabzug nach Maßgabe des Abkommens unterlassen oder nach einem niedrigeren Steuersatz vornehmen, wenn das Bundesamt für Finanzen auf Antrag bescheinigt, daß die Voraussetzungen dafür vorliegen (Freistellungsverfahren). Das gleiche gilt, wenn das Bundesamt für Finanzen den Schuldner auf Antrag hierzu allgemein ermächtigt (Kontrollmeldeverfahren). Die Ermächtigung kann in Fällen geringer steuerlicher Bedeutung erteilt und mit Auflagen verbunden werden. Einer Bestätigung nach Absatz 2 Satz 1 bedarf es im Kontrollmeldeverfahren nicht. Inhalt der Auflage kann die Angabe des Namens, des Wohnortes oder des Ortes des Sitzes oder der Geschäftsleitung des Schuldners und des Gläubigers, der Art des Kapitalertrags oder der Vergütung, des Bruttobetrags und des Zeitpunkts der Zahlungen sowie des einbehaltenen Steuerbetrags sein. Mit dem Antrag auf Teilnahme am Kontrollmeldeverfahren gilt die Zustimmung des Gläubigers und des Schuldners zur Weiterleitung der Angaben des Schuldners an den Wohnsitz- oder Sitzstaat des Gläubigers als erteilt. Die Bescheinigung oder die Ermächtigung nach den Sätzen 1 und 2 ist als Beleg aufzubewahren. Bestehende Anmeldeverpflichtungen bleiben unberührt.”

Begründung – (Auszug)

Zu Artikel 1 (Einkommensteuer)

Zu Nr. 66 (§ 50d)

Nach den meisten von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung dürfen unter bestimmten Voraussetzungen Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Kapitalertrag oder dem Steuerabzug auf Grund des § 50a Abs. 4 EStG unterliegen und die einem in einem ausländischen Vertragsstaat ansässigen Gläubiger zufließen, in der Bundesrepublik Deutschland entweder nicht oder nur nach einem niedrigeren Satz besteuert werden. Auch in diesen Fällen soll die Abzugsteuer zunächst in voller Höhe einbehalten werden. Macht der im anderen Staat ansässige Gläubiger die in einem Abkommen vorgesehene Entlastung geltend, so ist ihm die zu viel einbehaltene Steuer zu erstatten; die Voraussetzungen hierfür sind in einem Antragsverfahren mit amtlich vorgeschriebenem Vordruck darzulegen.

Das Entlastungsverfahren beruht zum Teil auf ausdrücklichen Abkommensbestimmungen. Ist in einem Abkommen das Entlastungsverfahren nicht besonders geregelt, so haben sich hinsichtlich des Entlastungsverfahrens beim Steuerabzug gemäß § 50a Abs. 4 EStG durch die Rechtsprechung Schwierigkeiten ergeben. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 22.10.1986, BStBl 1987 II S. 171) können sich inländische Vergütungsschuldner unmittelbar auf im Abkommen vorbehaltslos vereinbarte Steuerbefreiungen berufen. Die dadurch eingetretene Unsicherheit beim Steuerentlastungsverfahren soll durch die neue Vorschrift beseitigt werden.

Diese Vorschrift macht den § 73h EStDV überflüssig. Letztgenannte Bestimmung wird bei der Anpassung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung an dieses Gesetz gestrichen.

Zu Absatz 1

Danach ist unabhängig vom Bestehen eines Abkommens mit Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung die Kapitalertragsteuer oder Abzugsteuer i.S. des § 50a EStG zunächst in voller Höhe einzubehalt...

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