Eine GmbH betrieb in den Jahren 2004 bis 2007 eine Klinik. Sie übertrug sodann im August 2007 ihr gesamtes Vermögen auf Grund eines Ausgliederungs- und Übernahmevertrags an die A-GmbH & Co. KG und erhielt im Gegenzug einen Kommanditanteil an der KG. Beide Gesellschaften gehören zur X-Gruppe. Am 14.12.2009 ordnete das FA unter Verwendung der Steuernummer der GmbH eine Außenprüfung bei der "A-GmbH & Co. KG als RNF der ...GmbH" an. Diese Prüfungsanordnung wurde der damaligen steuerlichen Vertreterin aller Gesellschaften und Einzelpersonen der X-Gruppe bekannt gegeben. Sie sollte sich u.a. auf KSt und USt 2003 bis 2006 erstrecken. Nach einem Einspruch nahm das FA die Prüfungsanordnung zurück und erließ unter dem 16.8.2010 eine erneute Prüfungsanordnung, und zwar unter derselben Adressatenbezeichnung und Verwendung der Steuernummer der GmbH, nunmehr die Jahre 2004 bis 2007 betreffend. Im Rahmen der Außenprüfung wurden der steuerlichen Vertreterin u.a. Fragen übermittelt, die als zur Betriebsprüfung bei der GmbH gehörend gekennzeichnet waren. Auch die Antworten der Mitarbeiter der steuerlichen Vertreterin mit Bezug zur Steuernummer der GmbH und zur Auftragsbuchnummer der betreffenden Außenprüfung erfolgten mit Hinweis auf die GmbH. In der Schlussbesprechung vom 2.7.2013 wurde hinsichtlich aller Prüfungsfeststellungen Einvernehmen erzielt. Die Prüfungsfeststellungen wertete das FA mit Änderungsbescheiden vom 18.3.2014 aus. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies das FG München die Klage ab.

Auf die Rev. der GmbH hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Der Ablauf der Festsetzungsfrist sei nicht dadurch gehemmt gewesen, dass das FA zuvor mit einer Außenprüfung begonnen habe (§ 171 Abs. 4 AO). Denn eine auf Grund einer unwirksamen Prüfungsanordnung durchgeführte Außenprüfung könne keine Ablaufhemmung herbeiführen (vgl. hierzu BFH v. 13.10.2005. – IV R 55/04, BStBl. II 2006, 404; Paetsch in Gosch, AO/FGO, § 171 AO Rz. 61 [Oktober 2020]; Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 171 AO Rz. 83 [April 2018]). Die Prüfungsanordnungen vom 4.12.2009 und vom 16.8.2010 seien gegenüber der GmbH als Inhaltsadressatin nicht wirksam geworden, weil sie das FA nicht dieser gegenüber als Inhaltsadressatin, sondern gegenüber der KG erlassen habe. Mit der KG habe das FA aber die falsche Inhaltsadressatin herangezogen. Die KG sei auch nicht die Rechtsnachfolgerin der GmbH, sondern diese sei aus jener nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG ausgegliedert worden. Dadurch sei keine Gesamtrechtsnachfolge eingetreten und die GmbH sei auch nicht etwa untergegangen (BFH v. 7.8.2002 – I R 99/00, BStBl. II 2003, 835 = HFR 2003, 156; gl.A. Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 45 AO Rz. 13 [April 2014]; str.; a.A. Galla / Müller in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021, § 123 UmwG Rz. 2; OLG Köln v. 28.3.2014 – 19 U 143/13, BeckRS 2014, 10602: Gesamtrechtsnachfolge; BAG v. 21.11.2012 – 4 AZR 85/11, NZA 2013, 512 = DB 2013, 999: partielle Gesamtrechtsnachfolge). Somit wären die Prüfungsanordnungen an die GmbH zu richten gewesen (vgl. auch AEAO zu § 45, Nr. 2; AEAO zu § 197, Nr. 9.3).

Dieser Fehler könne vorliegend auch nicht etwa deshalb geheilt werden, weil sich der Empfänger als Adressat betrachtet habe, denn die objektive Richtigkeit eines Bescheides sei nicht vom Verhalten der Beteiligten abhängig. Auch eine Auslegung scheide aus, denn das FA habe nach Lage der Dinge eine Bekanntgabe an die KG vornehmen wollen, weil es diese irrig als Rechtsnachfolgerin betrachtet habe. Ferner stehe der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegen (vgl. hierzu Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Rz. 21.13). Denn dieser Grundsatz dürfe nicht bewirken, dass zu Lasten des Steuerpflichtigen ein nach § 47 AO erloschener Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis wieder auflebe. Treu und Glauben könnten allenfalls der Geltendmachung eines Rechts oder einer Forderung entgegengehalten werden.

BFH v. 11.11.2020 – XI R 11/18

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