Nach einer aktuellen Entscheidung des BFH ist der Antrag einer Gemeinde auf Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung eines Zerlegungsbescheids nicht statthaft. Im Streitfall erließ das für eine KG zuständige FA nach einer Außenprüfung aufgrund der Verlegung des Sitzes der KG von der A-Stadt (AStin) in eine andere Stadt geänderte Zerlegungsbescheide, in denen es der AStin nur noch GewSt-Messbeträge von 0 EUR zuteilte. Die AStin erließ dementsprechend geänderte GewSt-Bescheide und erstattete der KG einen Betrag von fast 1,6 Mio EUR nebst mehr als 300.000 EUR Zinsen. Zudem legte die AStin beim FA Einsprüche gegen die Zerlegungsbescheide ein und beantragte AdV. Über die Einsprüche hatte das FA bis zum Erlass der hier dargestellten Entscheidung des BFH nicht entschieden. Nach Ablehnung des Antrags auf AdV durch das FA stellte die AStin beim Finanzgericht (FG) einen Antrag auf AdV. Das FG hielt diesen Antrag für unzulässig und lehnte ihn ebenfalls ab, ließ aber die Beschwerde zu. Die gegen die Entscheidung des FG gerichtete Beschwerde der AStin wies der BFH als unbegründet zurück. Der BFH verneint die Statthaftigkeit des AdV-Antrags der AStin. Die streitgegenständlichen Zerlegungsbescheide (vgl. § 188 AO) sind in Bezug auf sie keine vollziehbaren Verwaltungsakte (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 188 AO Rz. 5; Schmieszek in Gosch, AO/FGO, § 188 AO Rz. 22). Ein Steuer-VA kann vollzogen werden, wenn er dem Steuerpflichtigen eine Leistungspflicht auferlegt oder der Bescheid – wie bei Grundlagenbescheiden – Grundlage für eine Leistungspflicht ist. Vom Steuerpflichtigen muss durch den Steuer-VA etwas gefordert werden, was im Falle der Verweigerung im Wege von Vollziehungsmaßnahmen erzwungen werden könnte oder müsste (BFH v. 28.11.1974 – V B 44/74, BStBl. II 1975, 240). Danach sind auch Grundlagenbescheide vollziehbar, wenn sie zu einer Leistungspflicht führen, die in einem Folgebescheid umgesetzt wird. Ergeht ein (erstmaliger oder geänderter) Zerlegungsbescheid, haben die am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden nach § 1 Abs. 2 Nr. 4, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO entsprechend (geänderte) GewSt-Bescheide zu erlassen (vgl. BFH v. 13.5.1993 – IV R 1/91, BStBl. II 1993, 828). Danach ist der Zerlegungsbescheid wegen seiner Umsetzung im (jeweiligen) GewSt-Bescheid bei einem Streit über die Zerlegung – so wie im Streitfall – grundsätzlich zwar ein vollziehbarer VA (vgl. BFH v. 25.4.1977 – IV S 3/77, BStBl. II 1977, 612; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Kommentar, § 69 FGO Rz. 267). Die AdV des Zerlegungsbescheides würde aber nicht in die für die AStin bestehende Umsetzungspflicht eingreifen. Auch wenn sich die Umsetzung eines Grundlagenbescheides (hier des Zerlegungsbescheides) in einen Folgebescheid (hier in den GewSt-Bescheid) für die Gemeinde im weitesten Sinne als Vollziehung des Grundlagenbescheides darstellte, bliebe sie nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) gleichwohl zur Umsetzung des Zerlegungsbescheides verpflichtet (§ 1 Abs. 2 Nr. 4, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO). Die AdV des Zerlegungsbescheides könnte – wie sich auch aus § 69 Abs. 2 S. 5 FGO ergibt – den Erlass des GewSt-Bescheides nicht verhindern (Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO,§ 188 AO Rz. 12a). Dies gilt unabhängig davon, ob der geänderte GewSt-Bescheid zu einer Steuernachforderung oder einer Steuererstattung führt. Mithin ist die sich aus der Bindungswirkung eines Grundlagenbescheides für Gemeinden (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 4, § 171 Abs. 10, § 182 Abs. 1 AO) ergebende verfahrensrechtliche Umsetzungs- bzw. Anpassungspflicht nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO keine "Vollziehung" i.S.d. § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 1 FGO, die ausgesetzt oder aufgehoben werden könnte.

Der BFH betont weiterhin, dass das AdV-Verfahren nach § 69 FGO nicht dazu dient, das Gewerbesteueraufkommen zwischen den am Zerlegungsverfahren beteiligten Gemeinden aufzuteilen. Die AdV wirkt mit Blick auf ihr Rechtsschutzziel nur zugunsten des Steuerpflichtigen, nicht aber auch zugunsten der den Steuer-VA erlassenden Behörde. Daher hat die AStin keine Möglichkeit, durch Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung einstweiligen Rechtsschutz nach § 69 FGO wegen etwaiger materiell-rechtlicher Fehler der Zerlegungsbescheide zu erlangen. Dies verstößt nach Auffassung des BFH nicht gegen die Rechtsweggarantie gem. Art. 19 Abs. 4 GG, auf die sich Gebietskörperschaften grundsätzlich nicht berufen können (BVerfG v. 19.9.2018 – 2 BvF 1-2/15, BVerfGE 150, 1). Ob die Gemeinden Eingriffe in ihr nach Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG gewährtes Recht zur eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens überhaupt im Rahmen des Finanzrechtswegs (§ 33 FGO) überprüfen lassen können, ließ der BFH im Streitfall offen, da die AStin nicht substantiiert dargelegt hatte, dass ihre Finanzspielräume ohne die vorläufige Rückzahlung der Gewerbesteuererstattungen an die KG nachhaltig eingeengt worden wären.

BFH v. 20.5.2...

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