a) Voll- bzw. Optionsverschonung nach Änderung einer bestandskräftigen Steuerfestsetzung gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO

A hatte seinem Sohn GmbH-Geschäftsanteile und Kommanditbeteiligungen geschenkt. Im Schenkungsteuerbescheid wurde die Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG i.H.v. 85 % berücksichtigt. Gegen den Steuerbescheid wurde kein Einspruch eingelegt.

Streitig ist, ob anlässlich einer Änderung des Schenkungsteuerbescheides nach § 175 AO ein Antrag auf Optionsverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. noch wirksam gestellt werden kann.

Das FG entschied: Die Erklärung zur Wahl der Optionsverschonung kann grundsätzlich so lange abgegeben werden, wie der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist.

Die Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts ist auch zulässig, wenn und soweit ein Bescheid lediglich partiell noch nicht formell und materiell bestandskräftig ist. Die Änderung der Antrags- oder Wahlrechtsausübung ist jedoch nur dann möglich, wenn die dadurch zu erzielende Steueränderung den durch die – aufgrund eines auf der Grundlage einer selbständigen Änderungsvorschrift ergangenen Änderungsbescheids bewirkte – partielle Durchbrechung der Bestandskraft eines Bescheides gesetzten Rahmen nicht verlässt. Die steuerlichen Auswirkungen der Gewährung der Optionsverschonung sind dann auf den nicht bestandskräftigen Umfang des Änderungsbescheids beschränkt.

Ein Vorläufigkeitsvermerk im Hinblick auf die durch das BVerfG angeordnete Verpflichtung zur gesetzlichen Neuregelung des ErbStG in vollem Umfang oder hinsichtlich der Einhaltung der Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 und 5 ErbStG eröffnet nicht die Möglichkeit einer nachträglichen Wahlrechtsausübung auf Vollverschonung gem. § 13a Abs. 8 ErbStG.

FG Münster v. 27.10.2021 – 3 K 2817/20 Erb, Rev. eingelegt, Az. des BFH: II R 44/21

Beraterhinweis Das FG München v. 28.4.2021 – 4 K 1710/19, rkr., GmbH-StB 2021, 328 hatte dagegen entschieden, dass

b) Übertragung von GmbH-Anteilen: Teleologische Reduktion des sog. Einstiegstests nach § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG

Der sog. "Einstiegstest" (§ 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG) ist im Wege teleologischer Reduktion dahingehend einschränkend auszulegen, dass er nicht zur Anwendung kommt, wenn die betreffende GmbH ihrem Hauptzweck nach einer Tätigkeit i.S.d. § 13 Abs. 1, des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bzw. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG dient.

Missbrauchsvermeidungstatbestand: Bei dem "Einstiegstest" handelt es sich – so das FG – nach seinem Sinn und Zweck um einen speziellen Missbrauchsvermeidungstatbestand. Es solle solches begünstigungsfähiges Vermögen von der Verschonung ausgenommen sein, das nahezu ausschließlich aus Verwaltungsvermögen bestehe. Beachten Sie: Gehe die GmbH aber ihrem Hauptzweck nach einer Tätigkeit i.S.d. § 13 Abs. 1, des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bzw. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG nach, bestehe keine Missbrauchsgefahr. Dies gelte insbesondere für Handels- und Dienstleistungsunternehmen, die typischerweise einen vergleichsweise hohen Bestand an Forderungen aus Lieferungen und Leistungen aus ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit hätten. Im Gegenteil würden durch eine uneingeschränkte Anwendung des Einstiegstests für solche Unternehmen Anreize gesetzt, entgegen ihrem gewachsenen und üblichen Geschäftsmodell Ausweichgestaltungen oder betriebswirtschaftlich nicht sinnvolle bzw. nachteilige Vorgehensweisen zu wählen, um einen positiven Einstiegstest zu erreichen.

Eine teleologische Reduktion des § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG in der Weise, dass danach unterschieden werde, welchem Hauptzweck die Tätigkeit der betreffenden GmbH diene, sei schließlich auch durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG geboten.

FG Münster v. 24.11.2021 – 3 K 2174/19 Erb, Rev. eingelegt, Az. des BFH: II R 49/21

c) § 7 Abs. 7 S. 2 ErbStG bei "freiwilliger" Einziehung eines GmbH-Anteils

Der Fiktionstatbestand des § 7 Abs. 7 S. 2 ErbStG erfasst nicht nur die "Zwangseinziehung" des Gesellschaftsanteils, sondern auch eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene, mit Zustimmung des ausscheidenden Gesellschafters erfolgte "freiwillige" Einziehung von GmbH-Anteilen gegen eine unter dem tatsächlichen Wert der Anteile liegende Abfindung. Unter den Begriff der Einziehung i.S.d. § 7 Abs. 7 S. 2 ErbStG fallen alle Regelungstatbestände des § 34 GmbHG.

Die Mitgliedschaft endet für einen GmbH-Gesellschafter, wenn sein Anteil gem. § 34 GmbHG eingezogen wird. Die Einziehung wird mit der Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter wirksam, vernichtet den Geschäftsanteil des betroffenen Gesellschafters und lässt sämtliche mit dem Geschäftsanteil verbundenen Mitgliedschaftsrechte sowie auch den Geschäftsanteil untergehen.

Auf subjektive Merkmale, wie z.B. das Bewusstsein der Unentgeltlichkeit, kommt es für die Tatbestandsverwirklichung des § 7 Abs. 7 S. 2 ErbStG nicht an. Die fiktive Bereicherung der verbleibenden Gesellschafter stellt sich nach § 7 Abs. 7 S. 2 ErbStG als Folge des Übergangs des eingezogenen Geschäftsanteils dar.

Thür. FG v. 23.10.2019 – 4 K 72/18, Rev. eingelegt, Az. des B...

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