Tenor

1. Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger 2 679,82 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 20.09.2006 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 22 % der Kläger und zu 78 % der Beklagte.

3. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Das Urteil ist für den Beklagten hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung bezüglich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Beklagte war von April 2002 bis 13.06.2006 bei der P.… angestellt. Seit Mitte 2005 kam es zu Verzögerungen bei der Auszahlung der Löhne. Der Beklagte erhielt den Lohn für Oktober 2005 erst Anfang Dezember 2005. Am 31.03.2006 wurde der Novemberlohn in Höhe von 740,75 Euro gezahlt, am 23.05.2006 der Dezemberlohn in Höhe von 839,71 Euro, und am 16.06.2006 erhielt der Beklagte weitere 1 840,01 Euro.

Am 20.09.2006 wurde aufgrund eines Antrags vom 14.06.2006 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der P.… (Gemeinschuldnerin) eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Kläger focht am 07.02.2007 die o.g. Zahlungen an und forderte die Rückzahlung von 3 420,47 Euro. Dies lehnte der Beklagte ab.

Der Kläger trägt vor:

Die Zahlung erfolgte in den letzten Monaten vor Stellung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Zum Zeitpunkt dieser Leistungen sei die Gemeinschuldnerin längst zahlungsunfähig gewesen – die fälligen Verbindlichkeiten betrugen 4 836 565,40 Euro, die Barliquität betrug 21 655,56 Euro. Der Beklagte habe zum Zeitpunkt der Zahlungen auch die Umstände gekannt, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin schließen lassen. Ihm sei bekannt gewesen, dass die Gemeinschuldnerin mit den Lohnzahlungen mehrere Monate in Verzug und dass es zu Massenentlassungen bzw. Eigenkündigungen der Arbeitnehmer gekommen war.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3 420,47 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 20.09.2006 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte rügt die Zulässigkeit des Rechtsweges und trägt vor:

Er habe keine Kenntnis über die Zahlungsunfähigkeit bzw. über Umstände, die für die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin sprechen, gehabt.

Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe die verspäteten Lohnzahlungen mit dem Aufbau neuer Außenstellen in Hanau und Nürnberg, mit der Konkurrenz der Firma H.… und einem Raubüberfall auf die Filiale Hanau und verzögerten Zahlungen der Versicherung begründet. Noch Anfang Mai 2006 habe der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, vom Beklagten angesprochen auf Probleme bei der Besetzung der Wachen und den Weggang der „Leute”, eine Lösung in Aussicht gestellt. Er sei entreichert, da er die erhaltenen Zahlungen für den Lebensunterhalt seiner Familie verbraucht habe.

In Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 25.06.2007 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Das Amtsgericht Gera ist zuständig.

Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist nicht eröffnet für die Geltendmachung insolvenzrechtlicher Anfechtungsansprüche, diese gehören als bürgerliche Rechtsstreitigkeiten (§ 13 GVG) vor die ordentlichen Gerichte (BGH, NJW-RR 2005, 1 138 f.). Der anfechtungsrechtliche Rückgewährsanspruch findet seine Grundlagen nicht im Arbeitsverhältnis, sondern in der anfechtbaren Rechtshandlung. Diese ist keine mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehende unerlaubte Handlung, es handelt sich nicht um Nachwirkungen aus dem Arbeitsverhältnis oder überhaupt um Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis. Durch die Erfüllung eines Anfechtungstatbestandes wird ein gesetzliches Schuldverhältnis bürgerlich-rechtlicher Art begründet, aufgrund dessen der Empfänger der anfechtbaren Leistung verpflichtet wird, die empfangene Leistung zurückzugeben. Dieser Rückgabeanspruch folgt direkt aus dem Gesetz und nicht aus dem Arbeitsvertrag. Es handelt sich daher nach Rechtsnatur der zu beurteilenden Verhältnisse um einen Rechtsstreit im Sinne von § 13 GVG, der zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört. Das gilt auch dann, wenn die angefochtene Zahlung auf eine arbeitsrechtliche Forderung des Arbeitnehmers geleistet wurde (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, MDR 2005, 1247 f.).

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch gemäß §§ 129 Abs. 1, 130 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 143 Abs. 1 InsO zu.

Gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten 3 Monaten vor dem Antrag...

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