Antrag auf "schlichte" Änderung: § 172 AO hat in der Besteuerungspraxis u.a. wegen der Änderungsmöglichkeit zugunsten des Steuerpflichtigen aufgrund eines sog. "schlichten Änderungsantrags" nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO Bedeutung. Dieser muss auf eine bestimmte Änderung gerichtet sein und deshalb das verfolgte Änderungsbegehren innerhalb der Einspruchs- oder Klagefrist (§ 172 Abs. 1 S. 2 u. 3 AO) seinem sachlichen Gehalt nach zumindest in groben Zügen zu erkennen geben.

Die Anforderungen an die Konkretisierung des Antrags auf "schlichte" Änderung i.S.d. § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO sind nicht strenger als die Anforderungen an die Konkretisierung des Gegenstands des Klagebegehrens i.S.d. § 65 Abs. 1 FGO (BFH v. 22.5.2019 – XI R 17/18, BStBl. II 2019, 647 = AO-StB 2019, 295).

Ein nach Ergehen der (Teil-)Einspruchsentscheidung und innerhalb der Klagefrist gestellter Antrag auf schlichte Änderung gem. § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, S. 2 und S. 3 Halbs. 1 AO ist auch dann zulässig, wenn mit ihm lediglich die erneute Überprüfung einer Rechtsfrage begehrt wird, über die in der Einspruchsentscheidung bereits entschieden worden ist (BFH v. 27.10.2020 – VIII R 30/17, BStBl. II 2021, 927 = AO-StB 2021, 184 [Kühnen], s. hierzu auch das unter dem Az. VIII R 17/21 anhängige Revisionsverfahren). Zwar hat sich in der FG-Rechtsprechung eine überwiegende Ansicht dahingehend gebildet, dass aufgrund einer teleologischen Reduktion der Vorschrift ein Änderungsantrag nach Ergehen der Einspruchsentscheidung unzulässig ist, wenn mit ihm lediglich die Überprüfung der vom FA der Einspruchsentscheidung zugrunde gelegten Rechtsauffassung begehrt wird und keine neuen Tatsachen vorgetragen werden. Soweit der Senat diese Auffassung in dem Senat, Beschl. v. 5.2.2010 – VIII B 139/08, BFH/NV 2010, 831 vertreten hat, hält er daran jedoch nicht mehr fest.

Das Ermessen der FinBeh. für eine Änderung der Steuerfestsetzung gem. § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO ist auf null reduziert, wenn die Voraussetzungen dieser Korrekturnorm vorliegen, d.h. die Steuerfestsetzung rechtswidrig ist. Die Ablehnung einer erneuten Sach- und Rechtsprüfung nach Erlass der Einspruchsentscheidung ist jedenfalls dann ermessensfehlerhaft, wenn der Steuerpflichtige seinen Änderungsantrag innerhalb der Klagefrist zumindest auch auf Tatsachen oder rechtliche Erwägungen stützt, über die die Behörde im Einspruchsverfahren noch nicht entschieden hat (BFH v. 19.5.2020 – X R 22/19, AO-StB 2020, 383 [Steinhauff], n.v.).

Ein Steuerbescheid ist auch bei einem erst nachträglich erkannten Verstoß gegen das Unionsrecht nicht unter günstigeren Bedingungen als bei einer Verletzung innerstaatlichen Rechts änderbar, da das Korrektursystem der §§ 172 ff. AO die Durchsetzung der sich aus dem Unionsrecht ergebenden Ansprüche ohne Verstoß gegen das Unionsrecht abschließend regelt (BFH v. 27.3.2019 – V R 19/17, BFH/NV 2019, 677).

Beraterhinweis Zur Konkretisierung eines Antrags auf schlichte Änderung eines Schätzungsbescheids nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. S. 3 AO bedarf es lediglich der Benennung der zu ändernden Besteuerungsgrundlagen durch den Steuerpflichtigen. Hierzu reicht es aus, wenn innerhalb der Klagefrist eine Berechnung der Besteuerungsgrundlagen mittels des DATEV-Programms beim FA eingereicht wird. Zur Konkretisierung des Antrags muss nicht die vollständige und unterschriebene Steuererklärung fristgerecht eingereicht werden (FG Nds. v. 16.4.2018 – 4 K 120/17, EFG 2019, 1252).

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