Entscheidungsstichwort (Thema)

Konkretisierung eines Antrags auf schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Konkretisierung eines Antrags auf schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO ist die Abgabe einer Steuererklärung nicht erforderlich. Es ist ausreichend, wenn der Steuerpflichtige die zu ändernden Besteuerungsgrundlagen benennt.

 

Normenkette

AO § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, S. 3; FGO § 65 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Vorliegen der Voraussetzungen eines Antrages auf schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a der Abgabenordnung (AO).

Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Da sie für das Streitjahr keine Steuererklärung abgegeben hatten, setzte das beklagte Finanzamt die Einkommensteuer mit Bescheid vom 2. September 2016 nach geschätzten Besteuerungsgrundlagen fest.

Auch in dem gegen diesen Bescheid geführten Einspruchsverfahren reichten die Kläger keine Einkommensteuererklärung ein. Das Finanzamt wies den Einspruch daher mit Einspruchsbescheid vom 14. Dezember 2016 als unbegründet zurück.

Am 19. Januar 2017 stellten die steuerlichen Berater der Kläger per Fax den Antrag “den Bescheid über die Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag des Jahres 2014 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2016 gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a AO“ in der Weise zu ändern, dass die Einkommensteuer “gemäß der beigefügten DATEV-Berechnung“ auf 0,00 € festgesetzt wird. Dem Schreiben beigefügt war eine auf den 19. Januar 2017 datierte “Berechnung der Einkommensteuer, des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer“ mit einer Aufstellung der einzelnen Besteuerungsgrundlagen. Aus dieser ergaben sich die Beträge der Einkünfte aus Kapitalvermögen, der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für zwei Objekte, der sonstigen Einkünfte, der einzelnen Sonderausgaben sowie der anzurechnenden Steuern. Wegen der Einzelheiten wird auf die Heftung “2014“ in der Einkommensteuerakte Bezug genommen.

Am 20. Januar 2017 ging die unterschriebene Einkommensteuererklärung der Kläger mit diversen Anlagen und Belegen bei dem beklagten Finanzamt ein.

Mit Schreiben vom 30. Januar 2017 lehnte das Finanzamt die Änderung des Einkommensteuerbescheides 2014 unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. Dezember 2006 – X R 30/05 (BFHE 216, 31; BStBl. II 2007, 503) ab.

Am 2. März 2017 legten die Kläger hiergegen Einspruch ein, der mangels Begründung mit Einspruchsbescheid vom 18. April 2017 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Hiergegen richtet sich die Klage, die die Kläger am 22. Mai 2017 erhoben haben.

Sie sind der Auffassung, die Einreichung der Steuererklärung für die Begründung eines Antrags auf schlichte Änderung eines Schätzungsbescheides nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a AO werde von der Rechtsprechung des BFH nicht verlangt. Vielmehr reiche es aus, dass ein konkreter Antrag gestellt werde, der in groben Umrissen gegenüber dem Finanzamt benenne, was geändert werden solle. Das Finanzamt müsse durch den Antrag in die Lage versetzt werden, mit der eigentlichen Bearbeitung des Änderungsbegehrens zu beginnen.

Diese Voraussetzung werde im Streitfall durch die zusätzliche Einreichung der DATEV-Berechnung erfüllt. Darin würden nicht nur die genaue Höhe der neu festzusetzenden Steuer benannt, sondern auch Angaben zu den einzelnen Besteuerungsgrundlagen gemacht. Diese Daten stammten aus der durch den Steuerberater bereits fertiggestellten Steuererklärung. Deren Vorlage sei nicht vonnöten gewesen, um dem Finanzamt die Bearbeitung des Antrags zu ermöglichen.

Eine Änderungssperre sehe das Gesetz nur in den Fällen einer nach § 364b Abs. 2 AO gesetzten Frist vor, die im Streitfall allerdings nicht einschlägig sei.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 30. Januar 2017 und des Einspruchsbescheides vom 18. April 2017 zu verpflichten, die Einkommensteuer 2014 gemäß dem von ihnen gestellten Antrag nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a AO zu ändern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Voraussetzungen für eine schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a AO seien nicht erfüllt, weil der Antrag innerhalb der Klagefrist nicht hinreichend konkretisiert worden sei. Zwar hätten die Kläger innerhalb dieser Frist einen Antrag gestellt und die Höhe der Einkünfte, Sonderausgaben und weiterer Angaben mitgeteilt. Die entsprechende Steuererklärung sei jedoch erst nach Ablauf der Klagefrist abgegeben worden.

Es genüge nicht, dass der Steuerpflichtige lediglich die betragsmäßige Auswirkung bzw. den Änderungsrahmen beziffere und den Antrag erst nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist hinsichtlich der einzelnen Korrekturpunkte durch Abgabe der Steuererklärung konkretisiere, denn die vom Steuerpflichtigen unterschriebene Steuererklärung sei überhaupt erst Grundlage für eine anderweitige als die im Schätzungswege vorgenomm...

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